Ein harter Schlag für den Standort Neukölln

Stündlich erschienen gestern Presseartikel, Radio- und Fernsehberichte mit der Meldung des Tages: „Philip Morris schließt Werk in Neukölln“. Das Unternehmen, das seit 1972 Zigaretten für die Marken Marlboro, Chesterfield und L&M herstellt, will die Produktion zum 1. Januar 2020 einstellen. Etwa 950 der rund 1050 Mitarbeiter sollen von der Werksschließung betroffen sein; rund 75 Jobs sollen in Neukölln bestehen bleiben.

„Die Veränderung des Konsumentenverhaltens erfordert eine deutliche Reduzierung der Produktionskapazitäten“, erklärte Mark Johnson-Hill, Vize-Präsident EU Manufacturing bei Philip Morris International. Freddy Adjan, stellvertretender Vorsitzender der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), hielt dem entgegen: „Das Werk Berlin von Philip Morris arbeitet hochprofitabel, schreibt seit Jahren schwarze Zahlen.“ Die Gewerkschaft werde um die Arbeitsplätze im Berliner Werk kämpfen und die Beschäftigten bei ihren berechtigten Forderungen nach einem Interessenausgleich und Sozialplan unterstützen, kündigte Adjan an.

„Die Schließung des Werkes ist ein harter Schlag für den Standort Neukölln“, kommentierte Bezirksbürgermeister Martin Hikel und fügte hinzu: Ich habe bereits die Agentur für Arbeit gebeten, sich sofort um die Beschäftigtenstruktur zu kümmern. Es wird in den kommenden Monaten darum gehen, für 950 Menschen neue Jobs zu finden. Die Auszubildenden müssen in anderen Betrieben ihre Ausbildung fortsetzen können.“ Für Neukölln entstehe gleichzeitig die Chance, die nicht mehr benötigten Flächen zu entwickeln und so neue Arbeitsplätze zu schaffen. „Dazu werden wir mit den Eigentümern Gespräche aufnehmen“, kündigte Hikel an.

Der Tabakkonzern investierte in sein Berliner Werk seit 1972 umgerechnet etwa eine Milliarde Euro, erklärte 2012 der damalige Geschäftsführer der Philip Morris GmbH Werner Barth in einem Interview mit dem Tagesspiegel. Ausdrücklich bekannte er sich beim 40-jährigen Jubiläum zum Werk in Neukölln, auf dessen Dach sich die überdimensionale Figur eines Marlboro-Mannes dreht. „Es gibt keinen Grund, dieses Werk infrage zu stellen“, sagte Barth damals und kündigte langfristige Investitionen an. Nach guter amerikanischer Firmentradition unterstützte Philip Morris in Deutschland aus wohltätigen Gründen zahlreiche Projekte für Integration und Bildung sowie gegen häusliche Gewalt und machte auch deshalb in der Vergangenheit sich in Neukölln einen guten Namen.

=Christian Kölling=