Reifen platt, Licht kaputt, Kette defekt? Auch in Neukölln hilft jetzt ein mobiler Fahrrad-Reparaturservice weiter

Täglich werden in Berlin schon heute durchschnittlich 1,5 Millionen Wege mit dem Fahrrad zurückgelegt. Bis 2025 will der Senat mit seiner Radverkehrsstrategie mindestens 600.000 Wege zusätzlich vom Auto aufs Rad verlagern. Damit der Radverkehrsanteil auf 18 bis 20 Prozent aller Wege erhöht und das Potenzial aktiviert werden kann, ist eine gute Rad-Infrastruktur wichtig.

Gestern Mittag traf ich am U-/S-Bahnhof Hermann-straße Samuel Huber. Er ist seit dem Sommer in Neukölln mit seinem mobilen Fahrradreparatur-Service radsam unterwegs, um Geld zu verdienen und gleichzeitig den Radverkehr im Bezirk zu fördern – auch im Winter. „Fahrräder haben schon immer zu meinem Leben gehört – ob auf meinem ersten roten Fahrrad auf dem Schulweg, bei Alpentouren und Cross Country-Rennen auf dem Mountainbike oder auf Radreisen: Ich bin einfach gerne mit dem Fahrrad unterwegs!“, sagt der junge Mann, der ursprünglich aus dem Alemannischen kommt, in der Schweiz als Ingenieur arbeitete und seit einem Jahr in Berlin lebt.

„Ich beschränke mich auf Wartungs- und Reinigungs-arbeiten und einfache Reparaturen. Das hat vor allem mit der Rechtslage in Deutschland zu tun, da ich keine formale Ausbildung im Zweiradbereich habe“, erklärt mir Huber. Vorbild seines mobilen Reparaturservices ist die Radambulanz von Norbert Winkelmann, der im Frühjahr 2003 als Erster auf die Idee kam, die inzwischen in Berlin etabliert ist. Im Nordwesten sowie im Südosten Berlins sind Sven Seeger und Peter Krech mit ihren mobilen Diensten unterwegs.

„Meine Kunden sind zum einen Berufspendler, die mit dem Rad zur Arbeit fahren und mich während ihrer Arbeitszeit rufen, weil sie z. B. einen platten Reifen haben oder ihr Licht plötzlich nicht mehr funktioniert“, berichtete Huber aus der Praxis. „Zum anderen suche ich Kunden mit Kindern oft zu Hause auf, um den Fuhrpark der ganzen Familie mit drei, vier Rädern zu warten.“ Auch Besitzer von Lastenrädern lassen sich gerne helfen. „Zudem gibt es Firmen, die allen Mitarbeitern, die mit dem Rad zur Arbeit kommen, von sich aus eine Inspektion anbieten“, fügte er an. Der Endpreis für die Reparatur- und Wartungsarbeit setzt sich zusammen aus Anfahrt, Servicekosten und gegebenenfalls zusätzlichem Materialentgelt. Im Umkreis von fünf Kilometern des Basisstandortes U-/S-Bahnhof Hermannstraße kostet die Anfahrt 10 Euro. Für das Wechseln von Dynamo, Rücklicht oder Scheinwerfer werden beispielsweise 5 bis 10 Euro laut Preisliste aufgerufen.

„Leider gibt es in Neukölln noch keinen Standort für das kostenlose Lastenrad-Verleihsystem Flotte“, bedauert der radbegeisterte Schrauber. In mehr als 50 deutschen Städten stehen – oft mit Unterstützung vom örtlichen ADFC – Lastenräder an Kiezeinrichtungen, Biomärkten und Fahrradläden zum Nulltarif für die Ausleihe bereit. Leihstationen in der Nachbarschaft Neuköllns liegen u. a. in der Heidelberger Straße in Treptow sowie in der Muskauer Straße in Kreuzberg. „Für die Hermannstraße wünsche ich mir einen so breiten und gut sichtbaren Radstreifen wie in der Werbellinstraße“, sagt Samuel Huber am Ende des Gespräches.

=Christian Kölling=

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