Werfen Sie gelegentlich einen neugierigen Blick in die Fenster der Galerie im Saalbau, um sich spontan für oder gegen einen Ausstellungsbesuch zu entschei-den? In den nächsten knapp zwei Monaten gibt es in der Galerie am U-Bahnhof Karl-Marx-Straße die Gelegenheit, die Ausstellung „Das Maß der Dinge“ mit Exponaten von Ingo Gerken (M.) und Florian Neufeldt (r.) zu besichtigen – von der Straßen aus betrachtet sieht es allerdings eher aus, als ob die Räume gerade umbaut werden. Lassen Sie sich aber davon nicht abschrecken, denn dieser Eindruck ist beabsichtigt: „Ingo Gerken und Florian Neufeldt greifen in die Substanz von Räumen ein und eröffnen so vor Ort neue Hand-lungsspielräume“, erklärte Kuratorin Dorothee Bienert (l.) in ihrer Einführung bei der Vernissage: „Beide experimentieren mit räumlichen Formen des Dialogs. Auf diese Weise verhandeln die
Künstler das Maß der Dinge gleichsam neu.“
Im vorderen Raum sind Metallskulpturen ausgestellt. Während Neufeldt in dem Objekt „Less door, more House (without house)“ die Einzelteile eines Stuhlgestells zu massiven Faltungen komprimierte, zog Gerken in der Arbeit „Luft nach oben“ eine Aluminiumleiter gleichsam auseinander. „Ich finde es gut, wenn Kunst zu Überraschungen führt“, sagte Kulturstadtrat Jan-Christopher Rämer (r.), der mit Kulturamtsleiterin Dr. Katharina Bieler (l.) zur Vernissage gekommen war. Nachdrücklich wies Rämer auf die Aluminiumleiter hin, in der – auf den zweiten Blick betrachtet – eine Buchstabenabfolge zu erkennen ist. Auch die Präzision der komprimierten Faltungen von Neufeldt beeindruckte
Rämer. „Ich habe früher selbst sehr viel handwerklich gearbeitet“, erläuterte er.
Im mittleren Raum nahmen Neufeldt und Gerken sogar zwei Paneele von der Wand und montierten sie so auf einem dritten, dass eine Abstufung entsteht. Weitere Paneele wurden zu einer Tischplatte umfunktioniert, auf der das Exponat „Bibliosculpture XVII (unplugged)“ ausgestellt ist. In ihm wächst aus der Fotografie eines Bildbandes, die eine anderthalb Meter hohe Skulptur zeigt, das fotografierte Objekt gleichsam aus dem Standardwerk heraus. Oder umgekehrt: ein alltägliches Elektrokabel greift in die reproduzierte Skulptur ein und erzeugt womöglich einen Kurzschluss.
Im hinteren Raum sind auf fünf Tischvitrinen, die ebenfalls aus den Paneelen an der Wand heraus-geschnitten wurden, verschiedene Buchskulpturen von Ingo Gerken ausgestellt. Hier hat Gerken Dinge aus seinem Alltag wie eine Küchenuhr oder ein Fahrradwerkzeug mit Abbildungen von Werken berühmter Künstler kombiniert, um verschiedene Gegenstände der Hoch- und Alltags-kultur miteinander zu konfrontieren. Die temporären Buchskulpturen wurden mit Büchern aus Bibliotheks-beständen gestaltet, die an den Signaturen auf den Buchrücken zu erkennen sind und am Ende der Leihfrist zurück gegeben werden müssen.
Potenzielle Besucher der Galerie im Saalbau sollten sich auch diesmal nicht von einem oberflächlichen ersten Eindruck abschrecken lassen. Trotzdem: Einige Erläuterungen mehr wären zum Verständnis der Ausstellung im Alltagsbetrieb sicherlich hilfreich.
Die Ausstellung „Das Maß der Dinge“ wird noch bis zum 4. Juni in der Galerie im Saalbau (Karl-Marx-Straße 141) gezeigt; Öffnungszeiten: Di. – So. 10 -20 Uhr.
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