Zu schade, um nur gelegentlich beachtet zu werden: Wanderausstellung über Adolf Reichwein eröffnet

Vielleicht wäre Adolf Reichwein einmal ein erfolgreicher Bildungsminister geworden, doch die Nazi ließen den Widerstandskämpfer im Frühjahr 1944 im Berliner Gefängnis Plötzensee hinrichten. Heute ist der Name Reichwein in der Öffentlichkeit zwar geläufig, denn über 30 Schulen und viele Straßen sind nach ihm benannt, um die Erinnerung an einen mutigen Menschen wachzuhalten. Nur wenige Leute wissen allerdings, wer Adolf Reichwein eigentlich war. Die Neuköllner Adolf-Reichwein-Schule in der Sonnenallee, schräg gegenüber vom Hertzbergplatz, stellte deshalb am vergangenen Dienstag ihre gerade fertig gewordene Wander-ausstellung zum Leben und Wirken ihres Namens-gebers vor. Zugleich wurde bei der Feierstunde im 1. Stockwerk der Schule, in der 35 Lehrerinnen und Lehrer rund 160 Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf ab der 3 bis zur 10 Klasse unterrichten, die Cafeteria „Eltern-Kinder-Welt“ als Ort der Begeg-nung für alle eingeweiht. „Ich freue mich, dass ich diese Ausstellung zusammen mit den Schülerinnen und Schülern, die sie mit entwickelt und auch baulich ausgeführt haben, eröffnen darf“, begrüßte Schul- und Bildungsstadtrat Jan-Christopher Rämer die Anwesen-den. Zu ihnen gehörte Sabine Reichwein, die 1941 geborene Tochter des Reformpädagogen, ebenso wie Prof. Dr. Peter Steinbach, Wissenschaftlicher Leiter der Gedenkstätte Deutscher Widerstand, Henning Weh-meyer vom Vorstand des Adolf-Reichwein-Vereins und Jens-Jürgen Saurin, Vorgänger des heutigen Schulleiters Andreas Schüssler. „Ich möchte den Pädagoginnen und Pädagogen sowie der Schulleitung und ganz besonders den beteiligten Schülerinnen und Schülern zu diesen Arbeitsresultaten herzlich gratulieren“, fügte Rämer an. Allen, die mehr über die Arbeit Reichweins wissen wollen, empfahl er, sich beispielsweise die fünfbändige Werkausgabe mit seinen pädagogischen Schrif-ten anzusehen.

„Wer sich einmal mit Adolf Reichwein beschäftigt hat, ist von seinem Leben fasziniert“, erklärte Lehrer Reiner Uhlig, der neben seiner Kollegin Sabine Waskönig sowie dem Künstler und Medienarbeiter Matthias Schellenberger seit 2012 zu den Machern der Wanderausstellung gehörte, die bei der Ausstellungskonzeption eng mit Sabine Reichwein, die früher selbst Lehrerin war, zusammenarbeiteten. „Reichwein war ein Abenteurer, Pädagoge und Widerstandskämpfer“ sagte Uhlig. Er sei ein leidenschaftlicher Pilot gewesen und habe die USA 1926 auf eigene Faust mit einem umgebauten Ford Modell T bereist. „Reichwein trat erst 1930 in die SPD ein. 1933 versetzten ihn die Nazis aus politischen Gründen als Dorfschullehrer nach Tiefensee, obwohl er vorher Professor an der Pädagogischen Hochschule in Halle war“, erzählte Uhlig vor der Ausstellungseröffnung: „Er war ein undog-matischer Sozialist, der als Mitglied des Kreisauer Kreises die Verbindung zu den kommunistischen Widerstands-kämpfern hielt.“

Ohne die Arbeit des Künstlers Matthias Schellenberger (r.), der die Medienwerkstatt der Schule leitet, wäre die Wanderausstellung aber sicherlich nicht zustande gekommen. Finanziert wird seine Stelle durch den von Sandra Maischberger gegründeten Vincentino e. V., der sich besonders der Förderung benachteiligter Jugendlicher widmet. „Ich hätte Reichwein gerne kennengelernt. Gerade in Zeiten wie jetzt, in denen viele politische Spinner durch die Gegend laufen. Er ist ein Seelenverwandter für mich“, erklärte der Medienarbeiter mit dem Künstlernamen MASCH und erhielt von den Gästen der Feierstunde spontanen Beifall für diese unmissverständlichen Worte.

„Ich bin stolz, Patin dieser Schule zu sein“, sagte Sabine Reichwein (l.). Sie berichtete von Treffen, die in Tiefensee und auf der Insel Hiddensee zur Vorbereitung der Wanderausstellung stattfanden. „Mein Vater hat schon frühzeitig erkannt, wie wichtig Film und Foto für den Medieneinsatz im Unterricht sind.“ Eine kommentierte Neuausgabe seiner Tiefenseer Schulschriften, trägt den Titel „Schaffendes Schulvolk – Film in der Schule“.

Einig waren sich an diesem Nachmittag alle in der neuen Cafeteria versammelten Reichwein-Experten darin, dass die Wanderausstellung zu schade sei, um unbeachtet in einem Raum zu stehen und nur gelegentlich hervorgeholt zu werden. „Die Ausstellung passt in meinen VW-Bus“, ermunterte Matthias Schellenberger alle potenziellen Ausleiher. Bezirksstadtrat Jan-Christopher Rämer nahm das Angebot gerne an. „Die Wanderausstellung zum Leben und Wirken von Adolf Reichwein passt wunderbar neben die Dauerausstellung über den Widerstand in Neukölln, die im Rathaus vor dem BVV-Saal steht“, sagte er am Ende der Feierstunde.

=Christian Kölling=

Eine Antwort

  1. Ich war mit dabei aber das ist schade das adolf geschtorben ist es tut mir sehr leit. Aber es war schön die ausstelung die wir dort gemacht haben in der Adolf-Reichwein-Schule. Es hatt mir sehr spaß gemacht.

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