Solidarität mit Claudia und Christian von Gélieu zeigten am Sonnabendmittag mehrere hundert Menschen vor der Alten Dorfschule in Rudow bei der Kundgebung „Neukölln bleibt bunt – wider den rechten Terror“. Das Ehepaar von Gélieu gehört zum Leitungsteam der Galerie Olga Benario und ist beim Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten VVN Mitglied.
In der Nacht zum 9. Februar brannte das Auto der politisch aktiven Eheleute direkt an ihrem Haus in Rudow völlig aus. Ein Übergriff des Feuers auf das Haus und damit die Gefährdung von Menschenleben wurden bei der Brandstiftung offenkundig in Kauf genommen. Zuvor gab es in Neukölln bereits Brandanschläge auf die Autos von Mirjam Blumenthal, Heinz J. Ostermann, Detlef Fendt, Peter Scharmberg und Christel Jachan. Die Polizei geht von einer politisch motivierten Anschlagsserie aus und vermutet die Täter in der rechtsextremistischen Szene. Begründete Sorge vor einer rechtsextremen Anschlagsserie in Neukölln besteht seit Mitte Dezember: Im August 2016 hatte die Neonazi-Gruppe Freie Kräfte Berlin-Neukölln eine Karte mit „Feinden“ im Internet veröffentlicht. Ende Januar gab es in der Hufeisensiedlung schon eine Solidaritätskundgebung für die Bezirksverordnete Mirjam Blumenthal, den IG-Metall-Aktiven Detlef Fendt und den Rudower Buchhändler Heinz J. Ostermann.
„Wir müssen mit weiteren Anschlägen rechnen. Wir kennen die Liste. Ich stehe auch drauf“, erklärte Bezirksbürgermeisterin Dr. Franziska Giffey, die zur Kundgebung gekommen war, zu der gut ein Dutzend Organisationen, Partei- und Gewerkschaftsgliederun-gen sowie zivilgesellschaftliche Gruppen aufgerufen hatten. „Unser Kampf gilt einer toleranten und weltoffenen Stadt“, schloss die SPD-Politikerin ihre Rede.
Irmgard Wurdack (Die Linke) und Bernd Szczepanski (Grüne) warnten vor der Verharmlosung oder Unterschätzung der AfD. Die Alternative für Deutschland sei eine Gefahr für die Demokratie, weil in der Partei rechtskonservative und rechts-extreme politische Kräfte zusammenarbeiteten. Wurdack und Szczepanski forderten deshalb die Bekämpfung der AfD mit allen demokratischen und rechtsstaatlichen Mitteln, was eine strikt gewaltfreie Auseinandersetzung voraussetze. Gewalt gegen AfD-Politiker sei aber ebenso wenig akzeptabel wie gegen jeden anderen Politiker.
“Faschismus ist keine Meinung. Faschismus ist ein Verbrechen”, sagte Klaus Abel, Erster Bevoll-mächtigter der IG Metall Berlin, vor den Anwesenden. Die Abgeordnete Anja Kofbinger (Grüne) erklärte am Rande der Veranstaltung einigen Parteifreunden, weshalb sie im Abgeordnetenhaus mit wenigen Parlamentariern der AfD zwar trotz unterschiedlicher Meinung rede, dem AfD-Abgeordneten Andreas Wild aber nicht einmal mehr die Hand gebe. Über Wild, der in Neukölln als Direktkandidat für die Wahlen zum Bundestag kandidiert, war Ende Januar unter der Überschrift “Von Neukölln aus an die Macht” ein kritischer Bericht in der Online-Ausgabe der Wochenzeitung „Die Zeit“ erschienen. Auch eine Dokumentation der drei rbb-Autoren Agnes Taegener, Torsten Mandalka und Olaf Sundermeyer setzte sich kritisch mit Wild auseinander.
Im Anschluss an die Kundgebung besuchten einige Demonstrationsteilnehmer die Buchhandlung Lepo-rello in Rudow, die im Dezember Ziel eines Anschlags wurde. Die SPD Neukölln hatte kürzlich über Facebook dazu aufgerufen, das Geschäft von Heinz J. Ostermann zu unterstützen: Bezirksstadtrat Jochen Biedermann kam dem nach und twitterte anschließend ein Foto seines Einkaufes. Am ersten März-Wochenende werden in der Buchhandlung auch in diesem Jahr wieder Veran-staltungen von „Rudow liest“ stattfinden.
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