Berlin / Damaskus – früher / heute: Besondere Momente im Museum Neukölln

ausstellung-lost-images-berlin-damaskus_museum-neukoellnAuf einem Flohmarkt in Damaskus fand der syrische Konzeptkünstler und Filmemacher Ammar Al-Beik vor vielen Jahren eine wahrhafte Schatzkiste, die randvoll mit Fotos gefüllt war, deren Herkunft und Geschichte er nicht kannte. Die Bilder zeigen verführerische Frauen, stolze Männer und drollige Kinder, die oft in Ateliers fotografiert wurden.

Der geheimnisvolle Reiz der Aufnahmen ließ Ammar Al-Beik nicht mehr los: Er verwendete die Bilder 2008 erstmals für die Serie „Lost Images“ in seiner Heimatstadt Damaskus. 2013 erweiterte er die Serie und setzte sie, nachdem er 2014 nach Berlin geflohen war, 2016 mit vier Arbeiten fort. Am vergangenen Freitag wurde seine Ausstellung „Lost Images Berlin / Damaskus“ im Museum Neukölln eröffnet. „Es ist einem Zufall zu verdanken, dass ich auf Ammar aufmerksam wurde“, berichtete Museumsleiter Dr. al-beik_goesswald_museum-neukoellnUdo Gößwald (r.) den Gästen der Vernissage, die zahlreich erschienen waren, obwohl fast zur gleichen Zeit im Saalbau Neukölln der Neuköllner Kunstpreis 2017 verliehen wurde.

„Meine Neugierde“, fügte er an, „ließ mich nach syrischen Künstlern schauen und ich entdeckte die Fotoarbeiten von Ammar Al-Beik (l.). Wenige Wochen später lernten wir uns kennen und stellten fest, dass uns neben spontaner Sympathie, die Faszination für Bilder verbindet, die eine Geschichte erzählen und das Menschliche in einem besonderen Moment festhalten.“

Gößwald beauftragte den Künstler, zusätzlich zu seinem bisherigen Werk eine neue Arbeit zu erstellen, die sich auf die Menschen des Bezirks Neukölln bezieht und damit in das Ausstellungskonzept des Museums passt. Der Syrer durchforstete daraufhin die fotografische Sammlung des Museums Neukölln und stieß auf das Bild einer heymann_museum-neukoellnjungen Frau, die in den 1940er Jahren auffällig elegant gekleidet auf der Hermannstraße spazierte. Bei der Frau handelte es sich um die Halbjüdin Hilde Heymann, die kurz nach der Aufnahme in die USA geflohen war. Ammar Al-Beik fügte dem historischen Bild von Hilde Heymann eine aktuelle Fotografie hinzu, karssli_museum-neukoellndie er in gleicher Pose auf der Karl-Marx-Straße neben dem Amtsgericht aufnahm. Es zeigt die syrische Filmemacherin Reem Karssli, die vor kurzem mit ihrem Bruder aus Syrien nach Berlin floh. Außerdem stellte er für das Museum Neukölln Familienfotos von Hilde Heymann und Reem Karssli gegenüber.

„Ich denke, dass Ammar Al-Beiks Bilder den Blick in die Tiefe der menschlichen Existenz richten. Sie bleiben nicht an der Oberfläche und sind keine bloße Spiegelung des Ichs“, sagte Gößwald zur Eröffnung.

Die Ausstellung „Lost Images: Berlin / Damaskus“ ist noch bis zum 16. April im Museum Neukölln (Alt-Britz 81) zu sehen; Öffnungszeiten: täglich von 10 bis 18 Uhr. Zur Ausstellung ist ein Magazin erschienen, das auch online abrufbar ist.
Am 18. Februar lädt das Museum Neukölln um 19 Uhr zu einer syrisch-deutschen Plauderei mit musikalischer Begleitung ein. Moderiert von Dr. Udo Gößwald sprechen Ammar Al-Beik, Dr. Lena Maculan und Lamis Sires über das Leben und die Kunst.

=Christian Kölling=

 

Eine Antwort

  1. Lieber Herr Kölling, „Halbjüdinnen“ gibt es nur in der Sprache des Nationalsozialismus! Der Begriff ist antisemitisch und sollte nicht in seriösen Artikeln gebraucht werden!

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