Zum vierten Mal fand gestern die alljährliche Fachtagung „Saore Roma“ (Alle Roma) des Amaro Foro e. V. in der Neuköllner Werkstatt der Kulturen statt. Das Schwerpunktthema kreiste diesmal um die Frage „Wohnen – eine Selbstverständichkeit?“ Immer wieder berichten Klienten bei der Sozialberatung des Amaro Foro e. V. Fälle von Diskriminierungen auf dem Wohnungsmarkt und im Wohnumfeld. Auch um akute Fälle von Obdach-losigkeit müssen sich Sozialberaterinnen und -berater verschiedener Beratungseinrichtungen kümmern. Gemeinsam mit Vertretern der Bezirks- und Landesverwaltungen sowie der Polizei, mit kommunalen Wohnungsbaugesellschaften, zivilgesellschaftlichen Ini-tiativen und Rechtsanwälten wurden Handlungsmöglichkeiten erkundet und
Strategien gegen Diskriminierung und Obdachlosigkeit erörtert.
Bezirksbürgermeisterin Dr. Franziska Giffey (l.), die das Grußwort zur Eröffnung sprach, berichtete von ihrer Teilnahme bei Gesprächen zur Erstellung des rot-rot-grünen Koalitionsvertrages: „Ich habe mich in den Verhandlungen dafür eingesetzt, dass Eigentümern, die nicht Wohnungen, sondern einzelne Schlafplätze vermieten, stärker auf die Finger geschaut werden kann.“ Wenn in einem Haus, das für 60 Mieter ausgelegt sei, 200 Menschen lebten, seien Probleme unausweichlich, „ganz unabhängig davon, welche Ethnizität die Bewohner haben“, sagte Giffey.
In der anschließenden Diskussion hob Helene Böhm (r.) von der Gesobau am Beispiel eines Modellprojektes im Märkischen Viertel die besondere Bedeutung hervor, die kommunale Wohnungsbaugesellschaften bei der Wohn-raumversorgung für Roma und andere am Wohnungs-markt diskriminierte Personen haben: „73 Prozent der Miethäuser befinden sich in privaten Händen. Genossen-schaften sind eher ‚closed shops‘. Ich muss hier eine Lanze für die kommunalen Wohnungsbaugesellschaften brechen, die nur über 16 Prozent der Wohnungen in Berlin verfügen.“
Rechtsanwalt Benjamin Düsberg (l.), dessen Schwerpunkt die Unterbringung von Wohnungslosen ist, wies daraufhin, dass es so etwas wie freiwillige Obdachlosigkeit nur in äußerst wenigen Ausnahme-fällen gebe. Tatsächlich stelle Wohnungslosigkeit eine massive Gefährdung für die Betroffenen dar und zwar in gesundheitlicher Hinsicht, in Bezug auf soziale Teilhabe und Bildung.
Im Anschluss an die Podiumsdiskussion, an der auch Constance Fey, Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen, Alexander Klose, Jurist mit Schwerpunkt Allgemeines Gleichbehandlungssgesetz sowie die in der Wohnungs-losenhilfe tätige Sozialarbeiterin Petra Schwaiger vom Projekt Frostschutz-engel teilnahmen, wurde eine Workshop-Phase mit drei Arbeitsgruppen zu den Themen Antiziganismus, Medienberichte über Roma sowie Wohnungslosigkeit insbesondere von Familien aus juristischer und sozialarbeiterischer Perspek-tive angeboten.
Im kommenden Jahr soll die 5. Fachtagung Saore Roma stattfinden, versprachen die Initiatoren am Ende der Veranstaltung.
=Christian Kölling=
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