Es gibt Wohnhäuser in Neukölln, wie das rund 1.400 Quadratmeter große Objekt in der Weisestraße 47, die seit Jahren leerstehen, worauf nicht erst ein Aushang am Rathaus Ende Februar aufmerksam machte. Für den Erhalt preisgünstigen Wohnraums, erließ das Land Berlin 2014 die Zweckentfremdungsverbots-verordnung. Sie soll Wohnraum vor Zweckent-fremdung durch Leerstand, Abriss und der Umwandlung in Gewerbe oder Ferienwohnung schützen. Um die Umsetzung der Verordnung zu unterstützen, aktivierte die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung im April auf ihrer Internetseite ein Hinweisformular, mit dem die Zweckentfremdung von Wohnraum gemeldet werden kann. Bis Anfang September gingen berlinweit bereits 3.370 Verdachtsmeldungen von Bürgern ein, wie der kürzlich veröffentlichten Antwort auf eine Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Katrin Lompscher (Die Linke) zu entnehmen ist.
„Das Bezirksamt Neukölln konnte für den Zeitraum 21.04.2016 bis 07.09.2016 insgesamt 241 Online-Meldungen verzeichnen. In 170 Fällen war dort ein begründeter Verdacht auf Zweckentfremdung von Wohnraum gegeben, dem nachgegangen wurde. Bei 71 Verfahren habe es sich offensichtlich um unbegründete Meldungen gehandelt“, heißt es zur Praxis im Bezirk Neukölln. Ferienwohnungen mussten nach Inkrafttreten des Gesetzes von den Eigentümern selbst gemeldet werden und nach Auslaufen der zweijährigen Übergangsfrist dem Zweck des dauerhaften Wohnens wieder zugeführt werden. In Neukölln werden jetzt insgesamt 137 ehemalige Ferienwohnungen wieder dauerhaft als Wohnungen genutzt, teilte die Verwaltung mit.
Marlis Fuhrmann, Neuköllner Bezirksverordnete der Linken, kritisierte gegenüber dem FACETTEN-Magazin, dass der Bezirk nicht mit der nötigen Schärfe gegen Ferienwohnungen und spekulativen Leerstand vorgehe. „Längst nicht alle Ferienwoh-nungen sind erfasst. Es gibt es eine hohe Dunkelziffer sowie die legale Möglichkeit auf monateweise Vermietung umzusteigen“, sagte Fuhrmann. „Leerstand-Legalisierung wird mit Formularen zum Download leicht gemacht. Die Verwaltung geht vom gutwilligen Hausbesitzer aus und nicht vom spekulierenden Investor“, warf sie dem Bezirksamt vor.
Noch im Januar 2016 hatte die Linke sich vergeblich für den Erhalt preiswerten Wohnraums in der Heidelberger Straße eingesetzt. Vor wenigen Tagen wurde nun mit dem Abriss der Häuserzeile begonnen.
Fuhrmann fordert ein detailliertes Register, in dem für Neukölln alle Zweckentfremdungen wie Ferienwoh-nungen, Leerstände und Gewerbe in Wohnungen systematisch erfasst werden. Derzeit ist nicht damit zu rechnen, dass das Land Berlin diese Aufgabe übernehmen wird. Der Abgeordneten Lompscher teilte die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung in der Antwort auf Frage 5 vielmehr mit: „Die Bezirke setzen das Zweckentfremdungsverbot in eigener Verantwortung um. Aus Sicht des Senates besteht derzeit keine praktische Notwendigkeit, die dezentral in den Bezirken vorgehaltenen Daten und Informationen zum Zweckentfremdungsverbot in einem Melderegister zu zentralisieren.“ Die neue Bezirksverordnetenversammlung wird also ein wichtiges Wort dabei mitzusprechen haben, wie in Neukölln in den nächsten fünf Jahren mit Wohnungsleerstand umgegangen wird.
=Christian Kölling=
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