Zehn junge Künstlerinnen aus Warschau, die nicht nur in der Kunstszene der Weichsel-Metropole längst etabliert sind, sondern zudem bereits an zahlreichen internationalen Ausstellungen und Wettbewerben teilgenommen und wiederholt Auszeichnungen erhalten haben, stellen seit vorgestern gemein-sam ihre Werke im Neuköllner Leuchtturm unter dem Titel „Warschau ist feminin“ aus.
Kuratorin Dorota Kabiesz, die als Ehrengast den früheren Bundespräsidenten Horst Köhler zur Vernissage begrüßen konnte, sagte bei der Eröffnung: „Schon seit einigen Jahren beobachte ich, dass zunehmend mehr und mehr der besten Plätze unter den zeitgenössischen polnischen Künstlern von Frauen besetzt werden.“ Die ausgestellten Arbeiten der zehn verschiedenen Künstlerinnen zeigten zusammen genommen die unverwechselbare Vielfalt an Stilen und Stimmungen, die heute das einzigartige Charakteristikum der Warschauer Kunstszene ausmache. „Warschau ist eine moderne und in ihrer Schönheit sich immer stärker entfaltende Stadt, die viele junge Leute aus ganz Polen aber auch aus ganz Europa anzieht“, erklärte Dorota Kabiesz (l., neben Horst Köhler): „Alle ausstellenden Frauen verbinden ihr künstlerisches
Schaffen mit Warschau, das ihnen zu einer wichtigen Inspirationsquelle geworden ist.“
Generalkonsul Marcin Jakubowski (l.) wies auf die besondere Bedeutung dieses Jahres für die deutsch-polnischen Beziehungen. „Am 19. Juni 2016 feierten wir den 25. Jahrestag des deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrages. Im August jährte sich zum 25. Mal die Unterzeichnung des Vertrages der Städtepartnerschaft zwischen Warschau und Berlin„, sagte der Redner aus der Konsularabteilung der Polnischen Botschaft. Die Ausstellung „Warschau ist feminin“ finde genau zum richtigen Zeitpunkt statt und sei ein anschaulicher Beweis, wie lebendig der Kulturaustausch zwischen beiden Hauptstädten ist.
Horst Köhler ließ sich nach den Begrüßungsreden von Generalkonsul Jakubowski und Kuratorin Kabiesz durch die Ausstellung führen und sprach mit mehreren Malerinnen, die eigens zur Eröffnung nach Neukölln in den Leuchtturm gekommen waren.
Urbane Landschaften im Stil der neuen Sachlichkeit sind von Magdalena Laskowska zu sehen, die sich der idyllischen Landschaft rundum den Ort Powsin widmet, der nicht weit vom modernen Warschauer Stadtteil Ursynow liegt, der einst als eine monströse Schlafstadt bekannt war und nun ein schöner und moderner Stadtbezirk werden will. Agnieszka Sandomierz skizziert dagegen in ihrem Atelier im Warschauer Stadtteil Praga die unmittelbare Umwelt und malt alltägliche Szenen aus dem Leben. Auf die Darstel-lung repräsentativer Bauwerke in den Villenvierteln Warschaus, die den Zerstörungen des II. Weltkrieges
trotzen konnten, hat sich Maria Kiesner in ihren Gemälden kon-zentriert. Agnieszka Zak-Bielowa thematisiert mit ihren Arbeiten „Campo di Fiori“ und „Carousel“ indirekt den Aufstand im Warschauer Ghetto 1943, indem sie das Karussel zum Motiv erhebt, auf dem die Warschauer sich
amüsierten, während nur 100 Meter entfernt das jüdische Viertel kämpfte und schließlich fast restlos den Flammen zum Opfer fiel. Die Graphikerin und Illustratorin Bozka Rydlewska (l.) hat sich dagegen zeitlos der ornamentalen Welt der
Pflanzen gewidmet.
Das Plakat der Ausstellung „Warschau ist feminin“ ziert eine im Profil gezeichnete Meerjungfrau, die über ihrem Kopf einen Pinsel trägt und mit der anderen Hand eine Palette vor den Leib hält. Dieses Motiv spielt auf das Warschauer Stadtwappen an, das eine Figur – halb Frau, halb Fisch – zeigt, die mit Schwert und Schild bewaffnet ist. Das historische Wappen ist Symbol einer unerschütterlichen, ungebrochenen Stadt, die vielfach zerstört, doch immer wieder wie ein Phönix aus der Asche aufersteht. Das Signet der Ausstellung verspricht nicht zu viel: Wer sich für polnische Kunst oder das kulturelle Leben in Warschau interessiert, sollte die allesamt sehenswerten Werke nicht verpassen, die derzeit in Neukölln zu sehen sind.
„Warschau ist feminin“ wird noch bis zum 22. Oktober im Neuköllner Leuchtturm (Emser Str. 117) gezeigt; Öffnungszeiten: Mi., Do. + Sa. 16 – 19 Uhr. Weitere Stationen der Ausstellung werden München, Köln und Hilpoltstein bei Nürnberg sein. Ein ausführlicher Katalog ist für 3 Euro erhältlich.
=Christian Kölling=
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