Frauen und Technik: Neuköllner Mädchen-Trio gewinnt den Berliner Regionalwettbewerb der World Robot Olympiad

jury_wro2016 sfz berlin_osz lise meitner berlin-neukoellnDas Schülerforschungszentrum Berlin an der Neu-köllner Lise-Meitner-Schule ist eine seiner Art nach einzigartige Einrichtung in der Stadt: Schülerinnen und Schüler können in ihrer Freizeit eigene For-schungsvorhaben durchzuführen sowie je nach Alter Seminare, Workshops und Vorlesungen besuchen. Rund 30 Jugend forscht-Projekte pro Jahr werden hier u. a. betreut. Mädchen und Jungen aus ganz Berlin und Teilen Brandenburgs finden im SFZ einen perfekten Ort, um ihren Forscherdrang auszuleben.

Großzügige Sponsoren des Schülerforschungszen-trums Berlin finanzieren die Verbrauchsmittel, und die Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung stellt eine volle Lehrerstelle zur Verfügung, die auf podkaminski_wro2016 sfz berlin_osz lise meitner berlin-neukoellnmehrere Wissenschaftler, die zusätzlich als Lehrer qualifiziert sind, aufgeteilt ist.

Markus Fleige vom Technik begeistert e.V., der in ganz Deutschland offizieller Organisator der World Robot Olympiad (WRO) ist, erfuhr vom Neuköllner Forschungszentrum für den wissenschaftlichen Nachwuchs und schlug Dr. Dimitri Podkaminski (l.), Lehrer in der Lise-Meitner-Schule und Leiter des SFZ Berlin, eine Teilnahme am Internationalen Roboterwettbewerb 2016 vor. Die WRO wurde das erste Mal im Jahr 2000 zwischen Korea, China, Japan und Singapore ausgetragen. Deutschland nimmt am Wettbewerb, an den mittlerweile über 50 Länder beteiligt sind, seit 2009 teil. Berlin ist dank der Initiative von Fleige und Podkaminski in diesem Jahr erstmals bei einem der Regionalwettbewerbe mit dabei, die an insgesamt 27 Standorten bundesweit stattfinden. Am vergangenen Son-nabend konnten sich die beiden besten Teams aus Berlin in der Lise-Meitner-Schule für das Deutschland-Finale am 18. und 19. Juni in Ludwigshafen qualifizieren. Die Sieger des Deutschland-Finales dürfen im November in Indien beim dreitägigen video baender_wro2016 sfz berlin_osz lise meitner berlin-neukoellnWRO-Weltfinale in Neu-Delhi antreten.

„Gegenwärtig fallen weltweit etwa 1,9 Milliarden Tonnen Müll pro Jahr an. Deshalb lautet das Motto unseres Wettbewerbes diesmal: Roboter reduzie-ren, verwalten und recyceln Müll“, erklärte Markus Fleige für den Organisator der WRO in Deutschland. Jens Jankowsky, Vater und Betreuer des Teams Robo-Boys aus Friedrichshagen, verdeutlichte die Aufgabenstellung am Beispiel der Entsorgung alter Video-Kassetten: „Die Jungs haben eine Anlage gebaut, die alte VHS-Kassetten aufschraubt, damit der Film vom Plastikabfall getrennt werden kann. Bisher landen Kassetten und Film beim Recycling-Unternehmen ungetrennt einfach im Plastikmüll.“ Als die sechsköpfige Jury der WRO-Regionalausscheidung am Tisch der Grundschüler eintraf, beeindruckte zwar der aufwändige Aufbau des Modells, aber das zentrale Transportband, das die Video-Kassetten von einem Teil der Anlage zum anderen Teil transportieren sollte, war nicht richtig programmiert. Im Reglement ist mindstorms_wro2016 sfz berlin_osz lise meitner berlin-neukoellnfestgelegt: „Das Robotermodell muss durch ein oder mehrere NXT oder EV3 gesteuert werden.“

Alle anderen Materialien sind nicht vorgeschrieben und müssen nicht unbedingt aus Lego-Mind-storms-Bausätzen stammen. Schülerinnen und Schüler der Paul-Löbe-Schule, die einen Roboter auf Rädern mit einem integrierten Transportband gebaut hatten, waren bei der Programmierung ihres Modells erfolgreicher. „Zuerst flogen die Staniolkügelchen im hohen Bogen über den Korb, in dem sie eigentlich eingesammelt und geschreddert werden sollen, weil fahrzeug-transportband_wro2016 sfz berlin_osz lise meitner berlin-neukoellndas Transportband zu schnell eingestellt war. Die Schüler mussten erst lernen, wie sie die Geschwindigkeit des Transportbands richtig programmieren, damit die Kugel einfach in das Körbchen fällt“, berichtete eine Lehrerin der Reinickendorfer Schule, die mit drei Teams beim Wettbewerb vertreten war. Rita Ossmann, Physik- und Mathematik-Lehrerin in der Treptower Sophie-Brahl-Schule, kam mit vier Teams in den Nachbarbezirk zum Regionalwettbewerb der WRO. Wöchentlich zwei Stunden tüftelten ihre Schüler seit Februar in einer AG der Ganztagsschule an verschiedenen Robotermodellen für den Wettbewerb. „Wenn wir nicht einen Teil unserer Freizeit geopfert und zusätzlich private Laptops und Smartphones eingesetzt hätten, wären wir nicht soweit gekommen“, sagte die logo_wro2015_h60Lehrerin.

Den zweiten Platz und somit eine Fahrt zum Deutschland-Finale der WRO in Ludwigs-hafen gewann am Sonnabend eine gemischte Gruppe aus Schülern des Heinz-Berggrün-Gymnasiums und des Französischen Gymnasiums. „Unser Roboter nimmt am Strand Plastikteilchen und Ölklümpchen auf. In einem Sieb wird der feine Sand anschließend von den gröberen Teilchen getrennt“, erklärte die Schülerin Anna stellvertretend für ihr erfolgreiches Team. Platz 1 errangen zwei Schülerinnen der Lise-Meitner-Schule siegerehrung_wro2016 sfz berlin_osz lise meitner berlin-neukoellnaus Neukölln, denen bei der Siegerehrung ihre Freude deutlich anzusehen war. „Zu unserem Team gehört noch ein drittes Mädchen, das heute nicht kommen konnte“, teilten Kristina und Celina, die regelmäßig beim Schüler-forschungszentrum sind, zunächst mit, bevor sie ihre Idee vorstellten: „Unser Roboter fährt systematisch auf Schleifen eine weiße Fläche ab und macht mit einem Fotosensor andauernd einen Farbabgleich. Wenn der Fotosensor eine grüne Glasscherbe auf der weißen Fläche unterscheidet, senkt sich ein Gitter und fängt die Scherbe ein. Dann fährt der Roboter mit der Glasscherbe zu einem Zielpunkt, um sie dort abzulegen. Anschließend kehrt er zu seinem letzten Standort zurückzukehren“, stellten die siegreichen Nachwuchs-wissenschaftlerinnen ihre ausgefeilte Programmierung vollständig vor.

Dass es keine Schande für Wissenschaftler ist, wenn die Technik einmal vollständig versagt, sondern ein Ansporn, um weiter nach den Ursachen der Fehler zu forschen, machte Cem Avsar bei einem Science Slam kurz vor der Siegerehrung auf unterhaltsame Weise klar. Im Jahr 2013 scheiterten bei einem Wettbewerb zur Ermittlung des besten Marsrovers ausnahmslos alle Robotermodelle und schieden vorzeitig aus. Reaktion der Veranstalter? Kurzerhand wurden alle Teilnehmer zu Siegern ernannt.

=Christian Kölling=

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