„Noch ein Stadtführer über Berlin“, könnte man auf-stöhnen. Mirko Moritz Kraetschs „Berlin abseits der Pfade“ hebt sich aber von der Vielzahl der Berlin-Stadtführer durch seine originelle Vermittlung von Inhalten positiv ab.
In einem hat es der Autor, der Bohemistik und Kulturwissenschaft in Prag und Berlin studierte, mit seiner Originalität allerdings übertrieben: Die Inhalts-angabe listet 11 Streifzüge innerhalb des S-Bahn-Rings durch die Stadt auf. Doch Bezirksnamen wie Schöneberg, Neukölln oder Wilmersdorf sucht man darin vergebens. Das führt dazu, dass man im Buch selber erstmal auf Entdeckungsreise gehen muss, um einen bestimmten Streifzug durch die Stadt zu finden. Für einen Berlin-Besucher, der die Stadt nicht näher kennt, ist somit das Buch zwar nicht von vornherein ungeeignet, kann aber doch Schwie-rigkeiten beim Einstieg bereiten. Dies soll dann aber auch der einzige Kritikpunkt an Kraetschs 287 Seiten-Werk sein, das den Preis von 14,90 Euro allemal wert ist.
Denn „Berlin abseits der Pfade“ ist ansonsten sehr empfehlenswert. Der Text kommt nicht belehrend daher, sondern eher im Plauderton wird einem Wissen bei den einzelnen Streifzügen durch die Stadt vermittelt. Und auch der Umfang der Infor-mationen zu einzelnen Orten, Gebäuden etc. ist sehr gut abgewogen.
Sehr schön ist auch, dass der Autor Gespräche mit Menschen, die in den Kiezen seiner Streifzüge leben, wiedergibt. So bekommt man auch ein Gefühl für die Stimmung im jeweiligen Gebiet und erfährt, was es aus Sicht der Bewohner an liebenswerten oder auch (ver-)störenden Aspekten gibt. Diese Schilderungen verleihen dem Buch noch mehr den Charakter einer Einladung zum Schlendern durch die Stadt, für das Mirko Moritz Kraetsch außerdem Hinweise auf gute Cafés und Restaurants parat hält.
Ich kann mir gut vorstellen, dass Wahl-Berliner – gleich wie lange sie schon in Berlin wohnen – mit diesem Buch die Stadt neu entdecken oder anders sehen werden. Und auch der Ur-Berliner, der meistens reflexhaft „Kenn ick alles!“ ausruft, wenn es um sein Berlin geht, dürfte viel bis dato für ihn Unbekanntes in dem Buch finden.
Für jeden der 11 Streifzüge in „Berlin abseits der Pfade“ sollte man sich einen ganzen Tag lang Zeit nehmen. Natürlich, so merkt Kraetsch an, könne jeder Streifzug auch in mehrere Etappen unterteilt werden: Der Streifzug durch Nord-Neukölln, beginnend bei der ehemaligen Bergschloß Brauerei und heutigen Werkstatt der Kulturen, bis zum Rathaus Neukölln findet sich in Streifzug 8 mit der Kurzbeschreibung „Hochzeitskleider, Hinterhof und Heimathafen“.
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