Natürlich, die meisten Schokoladen-Weihnachts-männer, Marzipanbrote und -kartoffeln, Stollen, Spekulatius, Dominosteine und Zimtsterne wer-den in der Adventszeit verkauft. Schmecken tun sie aber auch danach noch, und wer Nachschub braucht, bekommt den zum reduzierten Preis.
Der Handel mit einem anderen Artikel, der für viele zum Fest gehört wie Weihnachtslieder, Geschenke und Würstchen mit Kartoffelsalat, ist da kompromissloser: „Was nachher, wenn wir schließen, nicht verkauft ist, wird geschreddert und in Zoos verfüttert“, sagt der Händler vom Tannen-Paradies am Columbiadamm. Seit Ende November brachte er auf einem umzäunten Platz vor dem Eingang zum Columbiabad Blau- und Rotfichten, Nobilis, Kiefern, Kork- und Nordmanntannen an die Kunden. Zwischen 400 und 500 Bäume seien es gewesen, überschlägt er. Zwei Tage vor Heiligabend wurde der Bestand zum letzten Mal mit frisch geschlagenen Exemplaren aufgefüllt; am frühen Nachmittag des Heiligabends wurden die letzten Tannen verkauft. Traditionelle Last-Minute-Shopper gebe es nicht nur bei Geschenken,
sondern auch bei Weihnachtsbäumen: „Der Grund dafür ist oft, dass sie dann günstiger sind.“
Aber es gibt auch andere. Er besorge den Baum immer auf den letzten Drücker, weil es dann entspannter sei und man nicht Schlangestehen müsse, erzählt ein Kunde. Diesmal hat er sehr konkrete Vorstellungen, wie die Tanne auszusehen hat. Vor allem klein, damit sie hoch gestellt werden kann und so vor dem Zugriff eines Einjährigen sicher ist. Trotz des schon sehr reduzierten Angebots, ist schnell ein passender Baum gefunden – und eingenetzt.
Nordmanntannen, weiß der Händler, hätten sich in den letzten Jahren als beliebtester Weihnachts-baum durchgesetzt, weil sie in jeder Hin-sicht Vorzüge hätten: eine zylindrische Form und sattgrüne, relativ weiche Nadeln, die lange der Erdan-ziehungskraft Kontra geben.
Zu denen, die mit dem Kauf eines Baums fast bis zum Ende der diesjährigen Handelssaison gewartet haben, gehören auch die drei Bewohnerinnen einer WG. Sie haben erst am Vorabend beschlossen, beim ersten gemeinsamen Weihnachtsfest nicht auf dieses Accessoire verzichten zu wollen. Aber selbst bei einer langfristigeren Planung hätten die Frauen die Tanne kaum früher gekauft: „Unsere Wohnung hat keinen Balkon, um sie zwischen-lagern zu können.“ Auf dem Weg zum Tannen-Paradies haben sie sich schon mal im Ein-Euro-Shop mit Lichterketten und Baumschmuck ein-gedeckt. Welche Sorte damit behängt wird, ist
ihnen egal. Wichti-ger ist die Größe. Zu ausladend darf der Baum für die WG-Küche aus Platzgründen nicht sein, richtig hoch aber durchaus – weil es sonst in einer Altbauwohnung ja doof aussähe. Außerdem müsse der Preis passen. Mehr als 25 Euro wollen sie nicht ausgeben. „Für einen normalen Zimmerbaum wurden durchschnittlich 39 bis 49 Euro investiert“, berichtet der Händler. Die meisten Restexemplare, die er zum Saisonfinale bei gleißender Sonne noch anbieten kann, liegen preislich weit darunter. Denn das Geschäft mit den Protagonisten des temporären Tannenwaldes vor dem Columbiabad ist so zeitlich befristet wie der Handel mit Adventskalendern.
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