Gegen die Stimmen der CDU-Fraktion beschloss die Neuköllner Bezirksverordnetenversammlung gestern in ihrer Sitzung, dass das Quartier zwischen Kottbusser Damm, Maybachufer, Weichselstraße und Sonnenallee zum Milieuschutz-Gebiet wird. Somit werden Umwand-lungen von Miet- in Eigentumswohnungen dort ebenso genehmigungspflichtig wie der Rückbau oder die Nut-zungsänderung von Gebäuden oder Gebäudeteilen.
Von jetzt auf gleich geht das alles aber selbstverständ-lich nicht. Erst nach der Prüfung durch die Senats-verwaltung für Stadtentwicklung und die darauf folgende Veröffentlichung im Gesetz- und Verordnungsblatt von Berlin trete der Milieuschutz in Kraft, skizziert das Neuköllner Stadtplanungsamt das Prozedere, teilt aber zugleich mit, dass der BVV-Beschluss unter dem Vorbehalt ste-he, „dass zunächst die erforderlichen Personalressourcen zur Verfügung gestellt werden müssen“. Er „hoffe, noch dieses Jahr“ komme es zur Umsetzung des Beschlusses, gibt sich der Grünen-Abgeordnete Jochen Bieder-mann optimistisch, der sich schon lange für den Milieuschutz in Neukölln einsetzt. Vier Jahre und 3.500 Unterschriften, die das Mietenbündnis Neukölln einsammeln konnte, habe es gebraucht, um die Fraktion der SPD als Mit-Antragsteller zu gewinnen.
Doch es ist nicht nur der Milieuschutz für den Reuterkiez, der gestern mehrheitlich beschlossen wurde. Außerdem wurde das Bezirksamt von den Bezirksverordneten dazu beauftragt, „weitere Voruntersuchungen in Nord-Neukölln durchzuführen“, wie die SPD in einer Presse-Information mitteilt: „In jedem Quartal soll nun jeweils ein weiteres Gebiet auf die Voraussetzungen für Millieuschutz untersucht werden.“ Im Schillerkiez laufen diese Voruntersuchungen bereits; im Dezember ist geplant, die Ergebnisse der BVV vorzulegen: Im dem Stadtentwicklungs-Ausschuss vor zwei Wochen vorgestellten Zwi-schenstand lasse sich bereits die Tendenz erkennen, „dass im Gebiet die Voraussetzun-gen für die Festlegung einer Milieuschutzver-ordnung vorliegen.“
Die SPD-Fraktion begrüße die BVV-Beschluss-fassung ausdrücklich, auch wenn klar sei, dass der Millieuschutz nicht das All-heilmittel gegen Mieterhöhungen und Verdrängung ist, heißt es in der Pressemit-teilung weiter. „Es ist allerdings eine wichtige Maßnahme, zumindest Auswüchse einzudämmen“, erklärt Nicola Böcker-Giannini, eine SPD-Bezirksverordnete aus dem Reuterkiez. „Wir wollen verhindern, dass die positive Entwicklung des Neu-köllner Nordens zu Lasten der angestammten Bevölkerung geht.“ Skeptisch zeigt sich indes die Piraten-Abgeordnete Anne Helm: „Die Voruntersuchung für den Milieuschutz im Reuterkiez ist selbst für mich überraschend eindeutig ausgefallen. Es ist eigent-lich schon zu spät.“
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