Um die Arbeit des Abgeordnetenhauses in der Stadt besser sichtbar zu machen und mehr Bürgernähe herzustellen, unterhalten seit einer Parlamentsreform die Landes-parlamentarier aller Parteien allein oder in Bürogemeinschaften sogenannte Bürger-büros. Im Gemeinschaftsbüro der Grünen-Abgeordneten Anja Kofbinger (r.) und Dr. Susanna Kahlefeld (M.), das im April 2014 im Richardkiez eingerichtet wurde, gab es am vergangenen Freitag ein Sommerfest. Mit ihm verbunden war die Eröffnung einer kleinen Ausstellung des Illustrators Bo Soremsky (l.), der in seinen Bildern Alltags-szenen
aus Neukölln festgehalten hat.
„Wir koordinieren hier die Wahlkreisarbeit, ver-anstalten Kiezgespräche und bieten unsere Sprechstunden als Abgeordnete an“, fasste Dr. Susanna Kahlefeld in einem Satz die Aufgaben des Büros zusammen, das als Anlaufstelle mit drei Mitarbeiterinnen besetzt ist. Fragen nach Mieterberatung und Probleme mit dem Job-center seien die drängendsten Anliegen, wenn sich Bürgerinnen und Bürger aus den Wahlkreisen 1 und 2 direkt an das Büro in der Nähe des U- und S-Bahnhofs Neukölln wenden. „Wir hören uns die Sorgen der Menschen an und nehmen Kontakt mit den zuständigen Stellen auf“, beschrieb eine Mitarbeiterin einen typi-schen Erstkontakt und gab ein anschauliches Beispiel: „Als das Gelände eines Nachbarschaftsgarten gleich nebenan in der Kanner Straße einmal ganz über-raschend von einem Tag auf den anderen abgesperrt war, haben wir Informationen aus der Bezirksverordnetenversammlung besorgt.“
Gelegentlich führt eine Anfrage beim Grünen-Bürger*innen-Büro auch zur Einleitung einer parlamentarischen Initiative. Die Abgeordnete Susanna Kahlefeld erkundigt sich z. B. gerade danach, warum es bei den Rundfunkgebühren keine gestaffelten Tarife mehr für Radio und Fernsehen gibt und ob nicht zumindest Geringverdienenden eine Gebührenermäßigung eingeräumt werden könnte. Ihre Kollegin Anja Kofbinger wird – seit sie eine Schriftliche Anfrage zu Verspätungen auf der Metrobuslinie M41 gestellt hat – mit dem Thema Verlängerung der Straßenbahn nach Neukölln konfrontiert und erhält derzeit viele Klagen über Kneipen-, Nachbarschafts- und Verkehrslärm in den Kiezen. Als Mitglied im Petitionsausschuss kann Kofbinger ihr Büro sehr gut nutzen, um Eingaben, Anregungen und Beschwerden vor Ort mit den Betroffenen persönlich zu be-sprechen.
„Es ist uns wichtig, dass wir gendermäßig korrekt dastehen“, antwortete eine Mitarbeiterin, die an der Humboldt Universität (HU) Gender Studies studiert hat, auf die Frage nach der Bedeutung des Sternchens im Schriftzug auf dem Schild über dem Eingang; „Der Gender-Stern steht für alle, die sich nicht eindeutig als Mann oder Frau einordnen lassen wollen.“ Die Gender Studies (Ge-schlechterstudien) der HU umfassen Lehrveranstaltungen aus verschiedensten Fakultäten und vermitteln Grundlegendes zur Analyse von Geschlechterverhältnissen, Diskriminierungen sowie zu Privilegierungen in sozialer, kultureller, historischer und politischer Hinsicht.
Bunt und vielfältig wie die Themen der Politikerinnen waren auch die zum Sommerfest erschienenen Gäste: Vilwanathan Krishnamurthy (l.) vom Hindu-tempel an der Hasenheide gehörte ebenso dazu wie NIC Neukölln Info Center-Chefin Tanja Dickert, der Grünen-Abgeordnete Turgut Altug (r.) sowie die ebenfalls aus Friedrichshain-Kreuz-berg kommende Bezirksverordnete Berna Gezik (M.).
Vor Eröffnung der Ausstellung zogen die Abgeord-neten Kofbinger und Kahlefeld eine durchweg positive Bilanz ihrer bisherigen Arbeit: Einsatz für einen asphaltierten Radstreifen auf der Herrfurth-straße, Initiativen für Milieuschutz und bezahlbare Mieten sowie Besuche und Gespräche mit Lehrern in allen Schulen des Bezirkes. Erinnert wurde an den sehr gut besuchten Späti-Dialog, auf den Gespräche mit IHK und Verwaltung folgten, deren Ergebnisse noch offen seien. Dr. Susanna Kahlefeld erwähnte ihre Abgeordnetenhausarbeit gegen sogenannte Problemhäuser, die dazu beigetragen habe, dass Schrottimmobilien in Neukölln jetzt zur Chefsache im Rathaus erklärt wurden. Mutmachende Entwicklungen gebe es in der solidarischen Ökonomie insbesondere im Bereich Schneiderei und Design, etwa bei Ritas Häkel-club, wo türkische Frauen hochwertige Acces-soires anfertigen.
„Was halten Sie von der Entwicklung in Neu-kölln?“, fragte Bo Soremsky und hielt die Ant-worten in zwölf Portraitbildern fest, von denen nun vier Zeichnungen im Grünen Bürger*innen-Büro zu sehen sind. „Ich habe in Neukölln schon gezeichnet und den Bezirk erlebt, als es noch nicht so viele Kneipen gab“, erläuterte er das Motiv seiner Serie. An der gegenüber liegenden Wand hängen Aquarell- und Tusch-Zeichnungen, kolorierte Skizzen aus Neukölln. Orte, die für den Illustrator, der bereits für eine ARTE-Reportage gearbeitet hat, irgendwie typisch für Neukölln sind.
Das Grüne Bürger*innen-Büro in der Wipperstraße 25 ist montags, diens-tags und donnerstags von 10 bis 16 Uhr geöffnet. Wer nicht spontan und unvorbereitet das Büro besuchen möchte, kann vorher telefonisch (030 – 68 08 33 99) oder per Mail an die Abgeordneten sein Anliegen schildern und einen Termin vereinbaren.
Informationen über die Wahlkreisbüros und Sprechstunden der Neuköllner SPD-Abgeordneten Kirsten Flesch, Joschka Langenbrinck und Erol Özka-raca sowie die CDU-Parlamentarier Michael Freiberg, Dr. Hans-Christian Hausmann und Dr. Robbin Juhnke können über die Homepage des Berliner Abgeordnetenhauses in Erfahrung gebracht werden.
=Christian Kölling=
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