Kieloben in Neuköllns Kanälen

tote fische_neuköllner schiffahrtskanalSo ähnlich wie auf einem Fischmarkt roch es gestern in Neukölln zwischen Elsensteg und Wildenbruchbrücke und der Blick in den Neuköllner Schiffahrtskanal bot ein erschre-ckendes Bild.

Ein Leser hatte das FACETTEN-Magazin am Sonntagnachmittag auf „hunderte toter Fi- sche“, die am Weigandufer im Wasser treiben, aufmerksam gemacht. Überlebende Fische versuchten an der Oberfläche etwas Sauerstoff abzubekommen, schrieb er weiter in seiner Mail und teilte mit, dass er zugleich das Neuköllner Umweltamt enten_tote fische_neuköllner schiffahrtskanalinformiert habe.

Ob die Fischkadaver, die gestern im Kanal dümpelten, noch die waren, die der Leser sah, oder ob die am Vortag verendeten Tiere bereits entfernt waren, war nicht in Erfahrung zu bringen. Immerhin drehte die Sturmmöwe der Berliner Wasserschutzpolizei zwi- schen Treptower Brücke und Elsensteg mittags ihre Pirouetten – wahrscheinlich, um für  eine bessere Belüftung  zu sorgen und so den Sauerstoffgehalt  des Wassers  im

sturmmöwe wasserschutzpolizei berlin_neuköllner schiffahrtskanal

Schiffahrtskanal zu erhöhen. Denn die Fähigkeit des Wassers, Sauerstoff zu binden, nimmt im Frühsommer mit steigenden Wassertemperaturen ab. Zudem sinkt der Sauerstoffgehalt durch Zersetzungsprozesse: Organische Abfälle bleiben infolge der brot-warnschild elsensteg_neuköllner schiffahrtskanalTrockenheit gehäuft auf dem Straßenland zurück, und wohlmeinende Mitmenschen füttern aus falsch verstandener Tierliebe die Wasservögel säckeweise mit Brot. Gelangen jedoch Abfälle und andere unvertilgte Reste – wie auch tote Fische – auf den Grund des Kanals, ist die Zersetzung dieser Stoffe enorm sauerstoff-schwan_neuköllner schiffahrtskanalzehrend, ferner droht bei Verwe-sungsvorgängen die Gefahr von Botulismus, woran z. B. Schwäne sterben können.

Ein heikles, weil kostenintensives Thema, bei der Verhinderung des Fischsterbens ist vor allem aber die landwehrkanal_neukölln-kreuzbergSanierung der Berliner Mischwasserkanalisation. An den Landwehrkanal sind viele Regenüberläufe aus der Mischwasserkanalisation angeschlossen. Bei starken Regenfällen läuft ungeklärtes Wasser aus den Haushalten in den Kanal, was vor allem zu stärkeren Wasserbelastungen mit Phosphaten und Fäkalien führt. Die Strategie dagegen: Durch den Bau oder die Ertüchtigung von Stauraum soll das Mischwasser bei Regenfällen aufgefangen und anschließend zum Klärwerk befördert werden. An landwehrkanal_hobrechtbrücke neukoellnder Hobrechtbrücke in Neukölln wurde unter der landwehrkanal_hobrechtbrücke neuköllnFriedelstraße erst kürzlich so ein Stau- raum angelegt.

Um in akuten Not- situationen den Sau- erstoffgehalt des Wassers erhöhen und so das „sauerstoffmangelbedingte Fischsterben“ verhindern zu können, wurde 1995 das 1,7 Millionen Euro teure Belüftungsschiff „MS Rudolf Kloos“ in Dienst gestellt. Es komme aber bei Starkregenereig- nissen, in deren Gefolge auch in Stadtspree und allen anderen Berliner Kanälen enten_tote fische_neuköllner schiffahrtskanalakuter Sauerstoffmangel entstehe, mit der Belüftung einfach nicht hinterher, wie der Landwehrkanal-Blog kritisiert.

Die Pressestelle der Senatsverwaltung für Stadt-entwicklung und Umweltschutz wollte gestern tote fische_neukoellner schiffahrtskanalauf Anfrage nicht von einem Fisch-sterben im Landwehr- und Neuköllner Schiffahrtskanal sprechen. „Der Bestand der Fischarten ist nicht gefährdet“. Und die Fischpopulationen seien stabil, obwohl es auch in den letzten Jahren immer wieder zum Verenden von Fischen kam, erklärte die Presse-sprecherin. Ebenso wenig außergewöhnlich sei, dass Fische in Schwärmen dicht unter der Wasseroberfläche nach Luft japsen und eine Notatmung praktizieren, um den Sauerstoffmangel im Wasser auszugleichen. Sehr eindringlich betonte sie allerdings, wie wichtig die tote fische_landwehrkanalsofortige Beseitigung aller toten Fische durch eine Spezialfirma sei, denn „die Rudolf Kloos kann ihre Arbeit erst danach aufnehmen“.

Eine nachhaltige Strategie gegen das alljährliche Fischesterben, das auf traurige Weise zeigt, wieviele Fische es überhaupt noch in den Kanälen gibt, müsste zum Ziel haben, den ökologischen Zustand aller unserer Gewässer zu verbessern. Die Umweltverbände BUND und die Grüne Liga fordern deshalb eine konsequente Umsetzung der Wasser- rahmenrichtlinie ein. Für Neukölln, wo an der Loh- mühlenbrücke Landwehrkanal und Neuköllner Schiffahrtskanal zusammentreffen, wäre es ein schönes Fernziel, wenn dort wieder eine Badestelle eingerichtet werden könnte, wie es sie schon einmal gegen Ende des 19. Jahrhunderts am Kreuzberger Ufer gab.

=Christian Kölling=

5 Antworten

  1. Blöderweise wurden und werden die millionenteuren Überlaufbecken (an anderer Stelle des Kanals wird weitergebaut) auf dem technischen Stand des späten 19. Jahrhunderts gebaut, also bei Starkregen keine Trennung von Kanalwasser und Regenwasser mehr vorgesehen, wobei diese Trennung sonst überall gemacht wird. Hier war die Antwort vom Amt: „Wir können ja nicht alles gleichzeitig erneuern!“ Nee, sicher nicht, aber eine Hybridlösung schon in den 10er Jahren zu bauen, um in den 20er Jahren, wenn man einmal mit der Ernerung ‚rum‘ ist, die Wasserarten zu trennen und dafür zu sorgen, dass im Kanal wieder gebadet werden kann, das wäre vielleicht eine Lösung gewesen. Antwort in der Bürgersprechstunde: „Ist zu teuer, das müssen unsere Kinder bauen.“ Na klar, auf jeden Fall, aber sicher, die werden auch im Geld schwimmen. (Jetzt fallen mir nur noch wüste Worte ein, die ich nicht tippen kann.)

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  2. Bei Starkregen fliessen Exkremente aus der Kanalisation in den Landwehrkanal. Die Folge: Fischsterben.

    Landwehrkanal – AnwohnerInnen hatten u.a. bereits in 2013 (!) ein Positionspapier an den damaligen Umweltsenator Michael Müller (SPD) sowie an die Abgeordneten aller Fraktionen im Berliner Abgeordnetenhaus geschickt, in dem die bis heute laufenden Baumaßnahmen der Berliner Wasserbetriebe als nicht ausreichend kritisiert wurden und ein Modellprojekt gefordert wurde.

    ZITAT Positionspapier vom 27.05.2013:
    „Die Gewässerqualität wird durch die Baumaßnahme nicht ausreichend verbessert im Sinne der EU-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) wie aus dem Abwasserbeseitigungsplan Berlin 2001 hervorgeht. (Siehe dort Absatz 2 des Vorwortes „[…] Die besondere gewässerökologische Situation im gefälle- und abflussschwachen Spree-Havel-Raum erfordert jedoch darüber hinaus ein Handlungskonzept, wie mittel- langfristig die Gewässergüteklasse II in allen Gewässern erreicht werden kann.“)

    (…) Die AnwohnerInnen fordern die Finanzierung eines Modellprojektes (…)

    Begründung:
    (…) Der gesamte Berliner Sachverstand auf den Gebieten des Umweltingenieurwesens (..) soll im Sinne der Zielerreichung (Gewässergüte II u.a. im Landwehrkanal) versammelt werden. (…)“

    Geantwortet hatte der damalige Umweltsenator und heutige Regierende Bürgermeister nicht. U.a. auch die Abgeordneten / Fraktionsvorsitzenden der Partei B 90 / DIE GRÜNEN im Abgeordnetenhaus antworteten nicht.
    Am Landwehrkanal leben 400.000 Menschen.

    Anuschka Guttzeit, Mitbegründerin BI „Bäume am Landwehrkanal“, Netzwerkerin bundesweites, unabhängiges
    Initiativen – Netzwerk http://buergerfuerbaeume.sharepoint.com/Pages/5vor12.aspx

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  3. Liebe Annuschka Guttzeit, wenn Sie mir Ihren Brief nochmals weiterleiten mögen, werde ich sehr gerne antworten. Entweder hat mich der Brief damals nicht erreicht, oder er ist in der turbulenten Anfangszeiten meiner MdA-Zeit untergegangen. Dafür möchte ich mich entschuldigen. Meine Emailadresse ist silke.gebel /äddd/ gruene-fraktion-berlin /punkt/ de
    Herzliche Grüße

    Silke Gebel

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  4. Und generell: Damit genau so etwas nicht mehr passiert, haben wir ein Grundlagenpapier Gewässerpolitik geschrieben. Berlins Gewässer müssen auf der Priorität des Senats weiter nach oben rücken. Wir haben das Jahr 2015, da sollte eigentlich der ökologische gute Zustand der Spree erreicht sein. Wir brauchen mehr dezentrales Regenwassermanagement, wie beispielsweise Gründächer. http://silke-gebel.de/wp-content/uploads/2015/06/Grünes-Grundlagenpapier-Gewässer-2015-Damit-Baden-keine-Vision-bleibt-FINAL.pdf

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  5. […] berichten jedenfalls, so schlimm sei es noch nie gewesen, und natürlich ist auch der Neuköllner Schifffahrtskanal […]

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