Wie riecht Kunst? Darauf gibt Gaby Taplick momentan mit ihrer Ausstellung „In den Raum geflüstert“ in der Galerie im Saalbau eine sehr eigene Antwort: Von sonntags bis freitags nach Holz und sonnabends
nach Küche. Letzteres ist auf Taplicks Instal- lation „Sonntagland“ zu- rückzuführen, die den Beinamen „kleinste Ei- erkuchenfabrik der Welt“ trägt.
„Lecker, lecker, lecker!“ hat jemand am Freitag- abend nach dem Be- such der Vernissage, bei der das Sonntagland seine Bewährungsprobe zu bestehen hatte, ins Gästebuch geschrieben. Ein Lob für die Künstlerin, die das Werk kreierte, zugleich aber auch eine Portion Eigenlob. Denn für die Rezeptur ist jeder selber verantwortlich; das Sonntagland übernimmt anschließend das Verrühren der Zutaten und das Ausbacken des Teigs.
Eier, Milch, Salz und Demeter-Mehl stehen bereit, daneben auf einem Fließband eine Steingutschüssel. Sind zwei Eier besser oder reicht eines? Dazu ein Schuss Milch und eine Prise Salz? Oben drauf noch das Mehl, und dann – instruiert die Gebrauchs- anweisung an der Wand – die Klingel betätigen, um die Eierkuchenfabrik vom Pausen- in den Produktionsmodus zu bringen. Prompt setzt sich das Fließband in
Bewegung und zieht die Schüssel mit den Zutaten durch einen Schacht ins Zentrum der Fabrik. Minuten des gespannten Wartens und Lauschens beginnen, bis endlich das Signal ertönt, das den fertigen Eierkuchen ankündigt.
„Wie die Ideen zu meinen Installationen entstehen, weiß ich immer nicht. Sie entwickeln sich in meinem Kopf“, sagt Gaby Taplick. „Und auch das Bauen der Objekte mache ich ohne festen Plan, sondern mit viel Probieren“, verrät die 40-Jährige, die in Hannover Kunst studierte und Meister- schülerin bei Prof. Bernard Garbert war. Zu einer Konstanten sei jedoch in den letzten Jahren die Arbeit mit recycelten Materialien geworden. Bau- stoffe früherer Installationen, Mobiliar von Haushaltsauflösungen, Abfallprodukte von Messe- baufirmen, Fundstücke vom Straßenrand – es gibt kaum etwas, was die seit rund fünf Jahren in Berlin lebende und bis vor kurzem in Neukölln arbeitende Künstlerin nicht früher oder später verwenden kann: „Die Pappe für
die Kuppel der Eierkuchenfabrik ist von Ikea. Das ist echt Wahnsinn, was da alles weggeschmissen wird.“
Gaby Taplick baut aus diesen Elementen, die sie vor der Müllhalde rettet, eigene Welten und Ebenen, die zum Erkunden und Erinnern an die Kindheit anregen. Zugleich bricht sie mit „In den Raum geflüstert“ Konventionen auf: Gemälde, filigrane Skulpturen oder künstlerisch ge- staltete Fotografien sucht man in dieser letzten von drei Ausstellungen von Neuköllner Künstlern, die von einer Jury für die kommunale Galerie ausgewählt wurden, ebenso vergeblich wie Zimtzucker, Schokocreme oder Apfelmus zum Versüßen der Eier- kuchen. Neue Herausforderungen bedeutet das erweiterte Spektrum aber auch für die Galeriebetreuer: Sie müssen bei Bedarf als Beiköche einspringen.
Die Ausstellung „In den Raum geflüstert“ wird noch bis zum 11. Januar in der Galerie im Saalbau (Karl-Marx-Str. 141, Öffnungszeiten: Di. – So. 10 – 20 Uhr) gezeigt.
Jeden Sonnabend von 15 – 18 Uhr sind die Besucher eingeladen, sich von der kleinsten Eierkuchenfabrik der Welt verwöhnen zu lassen.
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