Die entscheidenden Meter: Absage des 58. Rollberg-Rennens

absage 58. rollberg-rennen_nrvg luisenstadtSintflutartige Regenfälle, Orkanböen oder sengende Hitze – all das stand beim Veranstalter des Rollberg-Radrennens wahrlich nicht auf dem Wunschzettel für den kommenden Sonntag. Und doch wäre es den Organisatoren der NRVg Lui- senstadt sicherlich lieber gewesen als die Veranstaltung  fünf Tage vor dem geplan- ten Termin absagen, viel Arbeit schreddern und Sportler, Sponsoren und Fans ent- täuschen zu müssen.

Wie kam es dazu? „Wir wollten in diesem Jahr die 58. Auflage des Neuköllner Rollbergrennens durchführen. Aus diesem Grund wählten wir die Traditionsstrecke der ersten 50 Austragungen“, erklärt Frank Röglin, der 2. Vorsitzende des 1910 gegründeten Vereins. Wegen umfangreicher Baumaßnahmen auf dem Gelände der ehemaligen Kindl-Brauerei musste in den letzten Jahren auf eine andere Strecke ausgewichen werden. Da die nun abge- routenplan_58. rollbergrennen neukölln_nrvg luisenstadtschlossen sind, stünde einer Reaktivierung der Traditionsstrecke nichts im Wege, dachte man bei der NRVg Luisenstadt und machte sich an die Planung.

Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG), Poli- zei und Streckenleitung genehmigten die neue-alte Route (l.) anstandslos, bereite- ten sich ihrerseits auf sie vor. Welche Straßenabschnitte während des Rennens gesperrt werden müssen, wo im Vorfeld Parkverbotsschilder aufzustellen sind, alles war bereits in trockenen Tüchern. Nicht mal die Tatsache, dass in der Rollbergstraße ein winziges Teilstück der Strecke auf dem Kindl-Areal über Privatgelände geht, durch einen Zaun für den öffentlichen Fahrzeugverkehr gesperrt und lediglich für Fußgänger passierbar ist, schien Probleme darzustellen, so Frank Röglin. „Die Tatsache war uns natürlich bekannt, weshalb wir frühzeitig Gespräche Foto1 Zaun Rollbergrennenmit der zuständigen Hausverwaltung führten, die auch Zustimmung signalisierte.“

Sogar wie mit der Situation umzugehen ist, war perfekt durchgeplant. „Der Zaun ist lediglich mit einigen Schrauben be- festigt, und wir sagten der Verwaltung zu, nach dem Rennen den ursprünglichen Zustand wieder herzustellen. Zusätzlich hätten wir auf unsere Kosten 0,5 Meter mit Kalt-Asphalt versehen, um das Stück unbefestigten Bodens für Radsportler befahrbar zu machen. Auch diese Arbeiten hätten wir nach dem Rennen wieder in den ursprünglichen Zustand versetzt.“ Doch dann ereilte die NRVg Luisenstadt wenige Tage vor dem Radsport-Ereignis das größte anzunehmende Debakel: Von einem Moment auf den anderen waren alle verbalen Signale für grünes Licht hinfällig, denn „durch die schweizerischen Eigen- tümer wurde uns schriftlich die Zustimmung verweigert.“ Selbst Vermittlungs- privatgelände kindl-areal neukölln_58. rollbergrennenversuche der Polizei seien fruchtlos geblieben. „Dass uns nun 6 Meter Pri- vatgelände mit acht Parkplätzen zum Verhängnis werden und die sportlichen Aktivitäten im Herzen von Neukölln ver- hindern, trifft uns sehr schwer“, fasst Frank Röglin seine Enttäuschung in Worte.  Selbstverständlich, sagt er, habe es auch einen Plan B gegeben, über die Morus-/Werbellinstraße als Zuführung zur Mainzer Straße auszuweichen, doch dieser sei wegen der Bauarbeiten auf der Karl-Marx-Straße, die die Werbellin- zur Entlastungsstraße machen, nicht genehmigt worden. So war die kurzfristige Absage des Rennens unvermeidbar: „Aber im 56. rollbergrennen, neuköllnnächsten Jahr werden wir einen neuen Versuch starten.“

Dessen Erfolgschancen schätzt Valeska Schneider, die kuratorische Referentin des KINDL-Zentrums für zeitgenössische Kunst, als sehr hoch ein. Triftige bauliche Gründe, erläutert sie auf Anfrage, hätten zu dem Veto geführt, das gewiss nicht leichtfertig gesetzt wurde. In drei Wochen, am 13. Sep- tember, soll Neuköllns neue Kulturhochburg eröffnet werden, und mit entsprechen- 1_kindl-zentrum neuköllndem Hochdruck werde zurzeit auf dem Gelände gearbeitet – auch in unmittelbarer Nähe der entscheidenden Meter, wo gerade ein Biergarten entsteht.

„Wir bedauern wirklich sehr, dass wir den Veranstaltern des Traditionsradrennens deshalb keine Zusage erteilen konnten“, so Schneider. Es sei schlichtweg der falsche Zeitpunkt und definitiv keine Absage des deutsch-schweizerischen KINDL-Besitzerehepaars Varnholt/Gri- sard an die Vereinbarkeit von Kunst und Sport gewesen, betont sie. „Wenn keine baulichen Gründe dagegen gesprochen hätten, hätte der Genehmigung nichts im Wege gestanden.“

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