„Die Besucher-Info, die jetzt hängt, ist schon die dritte seit der Ausstellungseröffnung“, sagt der Gästebetreuer der Galerie im Saalbau und zeigt
auf das Papier vis-à-vis des Eingangs. Daneben hängt ein Werk von Peter Hock, das schon durch sein ver- gleichsweise kleines Format und den Titel auffällt. Bis über 7 Quadratmeter mes- sen die Reißkohle-Bilder, denen der Neuköllner Künstler so klingend-geheimnisvolle Namen wie Polymorphia, Vortex, Implantat und Ossanatenlandschaft gegeben hat. Das neben dem Besucherhinweis heißt Schmierzeichnung und hat bereits die Zutat für etliche Finger- und Daumen- oder sogar Nasenspitzen-Abdrücke geliefert. Bei allen anderen Bildern ist dagegen Abstand zu wahren und die allgegenwärtige Auffor- derung „Bitte die
Arbeiten nicht berühren!“ zu respektieren.
Darauf zu achten, sei vor allem während des 48 Stunden Neukölln-Wochenendes, als sich um die 1.700 Besucher durch die Galerie schoben, kaum machbar gewesen, gibt der Gästebetreuer zu bedenken. Bei den 10 bis 15 Leuten, die durchschnittlich an normalen Tagen kommen, halte sich die Herausforderung indes in Grenzen. Noch leichter wäre es, wenn die im Mindestabstand zu den Wänden auf das Parkett genagelten Leisten etwas erhabener und weniger dezent wären: „Die bemerken nur die wenigsten.“
Das ist sicherlich in erster Linie den 26 Exponaten ge- schuldet, die die „Nacht-Räume“-Ausstellung zeigt. Sie ziehen in ihren Bann, spor- nen das Zusammenspiel zwischen Augen und Gehirn an und schaffen es doch immer wieder, die Wahrnehmung auszutricksen. Weil jedes einzelne der Bilder von
Peter Hock zunächst bei frontaler, flüchtiger Draufsicht wie ein Schwarz-Weiß-Foto aussieht. Dass es Gemälde sind, offenbaren erst das längere Hinsehen und der Perspektivwechsel. Dann entfalten sie ihre Dreidimensionalität, die durch die Kompo- sition von kompakten, wie schwarzer oder weißer Samt wirkenden Flächen und pudri- gen oder zart verwischten Schichten in den Zwischentönen. „Diese Effekte gäbe es nicht, wenn der Künstler die Kohle-Bilder fixieren und so unempfindlicher machen würde“, hat sich der Gästebetreuer von Peter
Hock er- klären las- sen. Für den diffizilen Transport der in mehreren Tagen oder Wochen entstandenen Werke habe der 52-Jährige Neuköllner ein ausgeklügeltes Sys- tem entwickelt: „Nur mit dem schafft er es, die Bilder unversehrt vom Atelier in die Galerien zu bringen, in denen er ausstellt.“ Wesentlich unkal- kulierbarer ist hingegen das Risiko, das von den Betrachtern ausgeht.
Die Ausstellung „Nacht-Raume“ ist noch bis zum 24. August (Finissage mit Künstlergespräch um 17 Uhr) in der Galerie im Saalbau zu sehen; Öff- nungszeiten: Di. – So. 10 – 20 Uhr.
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