Die Welt an einem Ort, symbolisch mit einer umfangreichen Sammlung von Orts- schildern dargestellt, das ist der Fernweh- park in der nicht einmal 45.000 Einwohner zählenden kreisfreien Stadt Hof in Ober- franken. Ist dort aber mehr zu finden, was sehenswert und außerge
wöhnlich ist?
Cineasten fal- len die Hofer Filmtage ein, die nach der Berlinale das zweitwichtigste Film-Festival in Deutschland sind. Politisch bewanderte Menschen werden an den ehemaligen Bundesinnen- minister Hans-Peter Friedrich (l.) denken, der in Hof lebt. Und sonst? Am vergangenen Wochenende fuhr eine Gruppe des Städtepartner-schaftsvereins Freunde Neuköllns zusammen mit dem Berliner Leierkastenmann Horst Bölsdorf (2. v. l.) in den Ort im ehe- maligen Zonenrandgebiet zwischen Thürin- gen, Sachsen und der Tschechischen Re- publik. Sie nahm – wie schon in Vorjahren – wieder am Hofer Schlappentag teil, zu dem der musikalische Weckruf ebenso traditionell gehört wie Festumzug, Schei- benschießen und Schlappenbier.
Der Brauch geht zurück auf das Jahr 1432, als auf Drängen des Markgrafen von Brandenburg eine Schützengilde gegründet wurde, deren Mitglieder einmal jährlich zu einer Schießübung verpflichtet wurden. So sollten die Bewohner Hofs fortan in der Lage sein, sich selbst zu verteidigen. Was zwei Jahre zuvor passiert war, sollte nicht wieder passieren: Im Januar 1430, während der Hussitenkriege, wurde die Stadt von Anhängern des Reformators Jan Hus ohne nennenswerten Widerstand gestürmt und schwer verwüstet. Um ihre ungeliebte Pflicht zu tun, eilten am Montag nach Trinitatis, dem letzten Stichtag des Jahres, viele in Arbeitskleidung zum Schützenhaus. An den Füßen trugen sie ihre flachen Arbeitsschuhe aus Holz, die so- genannten Schlappen.
Nachfolgerin der einst gegründeten Schüt- zengilde ist heute die Privilegierte Schei- ben-Schützen-Gesellschaft. Sie organisier- te auch in diesem Jahr das traditionsreiche Schlappenschießen, bei dem Persönlich- keiten des öffentlichen Lebens, des Hand- werks und der Schützen zusammenkommen. Promi- nentes Mitglied der Schützen-Gesellschaft ist Dr. Ha- rald Fichtner (M.), der Hofer Oberbürgermeister.
Im Anschluss an das Schei-benschießen im Schützen- haus startete am Rathaus vor der St. Michaelis Kirche eine lebendig inszenierte Stadtführung, die an der Hospi- talkirche vor den Toren der mittelalterlichen Stadt endete: In historischen Kostümen spielten der rohe und aufschneiderische Hussit Herbert (r.),
die fromme Hofer Bürgerin Elisabeth sowie ein Dut- zend anderer Darsteller den Überfall der Hussiten nach.
Der Bekanntgabe der Sieger des diesjährigen Schlap-penschießens auf der Bühne vor dem Rathaus folgte schließlich der Festumzug der Handwerker, Schützen- vereine und Spielmannszüge. Ziel: das Bierzelt am Schützenhaus. Hofs französische Partnerstadt Ville- neuve-la-Garenne bei Paris hatte eine offizielle Delega- tion (l.) geschickt; aus der Partner- stadt Cheb in Tsche- chien war das Jugendblasorchester mit den Majoretten gekommen. Das Bierzelt stand schon mittags Kopf, als die Gruppe ihr Musikprogramm mit Stimmungsliedern zum Mitsingen und Schun- keln mit dem Schlager „Rosamunde“ beendete.
Und die Neuköllner? „Ich bin ziemlich fest davon überzeugt, dass wir 2015 wieder beim Schlappentag in Hof sein werden“, erklärte Dieter Herrmann für den Freunde Neuköllns e. V. unmittelbar nach dem Fest. Auch mit Leierkastenmann Horst Bölsdorf dürfte wieder zu rechnen sein.
=Christian Kölling=
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