Nur ein Jahr hatte es gedauert, bis aus einer Idee Realität wurde. Auf Initiative des interreligiösen Vereins Treffpunkt Religion und Gesellschaft (TRG) war auf dem Tempelhofer Feld die Instal- lation „Zusammenkommen, ausein- andersetzen, gemeinsam weiterge-
hen“ verwirklicht und Ende November letzten Jahres der Öffentlichkeit anver- traut worden. Vorgestern hatte der Ver- ein erneut eingeladen, um ganz offiziell diese Installation in Gebrauch zu neh- men. Es wurde eine gelungene Veran- staltung.
Selbst das Wetter spielte mit, denn entgegen der Regenprognose herrschte schöns- tes Tempelhofer Feld-Wetter mit Sonne und viel Wind, und Cornelia Dette mit der Gruppe „Musik der Religionen“ gelang es sofort, nahezu alle Anwesenden zum Kanonsingen zu animieren. „Shalom Jedidjah, shalom“ oder „Shalom Habibi!“ klang es deshalb aus mehr als 60 Kehlen.
Elisabeth Kruse (r.), 1. Vorsitzende des TRG, dank- te in ihrer Begrüßungsrede dem Architekten Ger- hard Schlotter und der Firma Vorschub für Entwurf und Ausführung. Sie bezeichnete diesen Ort als ein Geschenk an diese Stadt und die Menschen, die hier aus- und eingingen: „Das, was die Oase für die Wüste ist, das ist diese weite nutzlose Fläche für die Stadt in ihrer Verdichtung.“ Zur Verdichtung gehöre aber auch das Aufeinandertreffen von unterschied- lichen religiösen und weltanschaulichen Bindun- gen, die sich im Alltag schon mal verheddern könnten, so die Vereinsvorsitzende weiter. Deshalb könnten sie hier „auseinander gedröselt und angeschaut“ werden. Die Menschen, die hierher kämen könnten dem Motto „zusammenkommen, auseinandersetzen, gemeinsam weitergehen“ folgen, aber auch einfach so zur Ruhe kommen. In diesem Zusammenhang erinnert sie an das Erlebnis der vom TRG initiierten Leerläufe, die an der Installation beginnen und enden. (Der nächste ist am 2. Juni um 21 Uhr, Anm. d. Red.) Sie verbindet damit den Wunsch, „diese Oase so weit wie mög- lich vor ökonomischem Druck und totaler Eventisierung zu schützen.“ Für diesen Ort hofft Elisabeth Kruse, dass die gegebene Einladung zur Begegnung verstanden und angenommen wird.
„Wenn die Theologen und die Religions- kundigen für das Sinnhafte zuständig sind, dann sind es die Architekten und Gestalter für das, was dann tatsächlich auch Gestalt annehmen soll“, beschreibt Gerhard Schlotter seinen Part beim Zustandekommen des „Kugellagers“. Dieses Bild benutzt der Architekt denn auch um die Installation zu erläutern. Für ihn sei es eine schöne Aufgabe gewesen, die Ursprungsidee als Reales darzustellen. Dass die geometrische Form ein Kreis ist, der übrigens auch aus 2.000 Metern Höhe noch deutlich erkennbar sei, kommentiert er scherzhaft: „Wenn der Architekt nichts weiß, macht er einen Kreis.“ Die 49 einzelnen Hocker seien durch ein stählernes Zickzackband verbunden und passten sich der Topografie des Geländes an, wodurch der Eindruck entstünde, die Zylinder hätten eine unter- schiedliche Höhe und würden nicht ganz gerade stehen. Das gäbe einen schönen Effekt, wenn z. B. die Reflexionen des Abendlichts eine Bewegung vor- täuschten. Aufmerksam macht er auch auf die Tat- sache, dass die Stelle für den 50. Hocker bewusst freigelassen sei. „Diese Lücke zeigt genau nach Osten“, erklärt Schlotter, „da für alle beteiligten Religionsgemein- schaften der Osten eine ganz besondere Bedeutung hat.“
Die anschließend dargebotene Tanzaufführung von Chi Go, Andreas Heilig und Nick Pret- zel war nicht nur eine ange- nehme und ästhetisch schöne Unterbrechung in der Perlenschnur der Redebeiträge, sondern machte zugleich deutlich, dass Schlotters Kugellager-Instal- lation auch für Darbietungen geeignet ist.
Es folgen Grußworte der Superintendentin des Evangelischen Kirchenkreises Neukölln, Viola Kennert (r.), von Maya Zehden (2. v. l.) von der Informa- tionsplattform des Jüdischen Forums für Demokratie und gegen Antisemitismus, von
Vera Krause (l.), der Leiterin der Stabsstelle für weltkirchliche Aufgaben und den Dia- log der Religionen im Erzbistum Berlin und Ender Çetin (2. v. r.), dem Gemeinde- vorsitzenden der Şehitlik-Moschee: Alle sind Gründungsmitglieder des interreligiösen Vereins.
Ron Weber von der Şehitlik-Moschee brachte dann richtig Bewegung in die Schar der Gäste und Besucher. Er lud zu einem Kugellagergespräch ein, um die originäre Nut- zung der Installation zu demonstrieren. Es dauerte ein wenig, bis die 49 Hocker besetzt waren und alle Spiel- regeln erläutert und verstanden wurden. Als sich aber die Gesprächspaare gefunden hatten und das Thema („Die zukünftige Bedeu- tung von Religion für die Gesellschaft“) ver- kündet war, ging es lebhaft ans Sprechen, Zu- hören, Merken und Weitergeben. Der von Weber propagierte Spaß stellte sich – trotz des recht ernsthaften Tuns – prompt ein; dank Alexander Scharmberg war anschließend auch für das leibliche Wohl gesorgt.
=kiezkieker=
Filed under: berlin, neukölln | Tagged: alexander scharmberg (der privatkoch), berlin, cornelia dette (musik der religionen), elisabeth kruse (trg e.v.), ender cetin (sehitlik-moschee), gerhard schlotter, installation "zusammenkommen - auseinandersetzen - gemeinsam weitergehen", kiezkieker, leerlauf tempelhofer feld, maya zehden (jfda), ron weber (sehitlik-moschee), tempelhofer feld, treffpunkt religion und gesellschaft e.v., vera krause (diözesanrat berlin), viola kennert (superintendentin ev. kirchenkreis neukölln), vorschub berlin |