Spät, aber nicht zu spät? Bürgerinitiative will den Abriss des Neuköllner Kiehlstegs verhindern

kiehlsteg neuköllnWas wird aus dem Kiehlsteg? Das sei Sache des Berliner Senats, teilte Horst Evertz vor gut fünf Monaten auf Anfrage mit. Deshalb könne die [Aktion! Karl-Marx-Straße], die auch für das Sanierungsgebiet Sonnenallee zuständig ist, „leider nicht mehr machen, als die Wünsche weiterzuleiten.“ Die Wünsche nach dem Erhalt der historisch bedeutsamen, hölzernen Fuß- gängerbrücke wohlgemerkt, um die sich bereits damals das Gerücht rankte, dass der Senat ihren Abriss plane.

Schon bei einer Bürgerbeteiligungsveranstal- tung im Dezember 2012, bei der drei Entwürfe für die Umgestaltung des Lohmüh- len-/Weichselplatzes vorgestellt wurden, zu dem auch der Kiehlsteg gehört, wurden Sorgen um dessen Erhalt geäußert. Diese wurden offenbar auch vom damals bereits amtierenden Beteiligungsgremium Sonnenallee geteilt und beackert. Jedoch mit nur dürftigem Erfolg: „An dem Erhalt der Fußgängerbrücke wird weiterhin festgehalten. Allerdings ist die Vorbereitung für den Abriss durch die zuständige Senatsver-graffiti lohmühlenbrücke kiehlsteg_neuköllnwaltung schon sehr weit fortgeschritten“, fasst das Sitzungsprotokoll vom Dezember 2013 zusammen.

Ähnliches erfuhr Tom Küstner, ein Anwohner, als er Ende Februar zu einem Treffen des Beteiligungsgremiums ging, um sich über die Zukunft des Kiehlstegs zu erkundigen. Er sei „relativ umfangreich aufgeklärt“ worden, ist dem Sitzungsprotokoll zu entnehmen, in dem es ferner heißt, dass beschlossen wurde, das Thema „als abgeschlossen zu betrachten.“ Das Geld für den Abriss stehe dieses Jahr zur Verfügung und eine ausführende Firma sei bereits gebunden worden: „Es wurde festgestellt, dass der Zeitpunkt einer möglichen Intervention somit leider verpasst wurde.“

Dass bis dato nur das FACETTEN-Magazin über den zu befürchtenden Abriss des Kiehlstegs berichtet  hatte, wunderte  Tom Küstner sehr. Noch mehr  irritierte ihn aber,

kiehlsteg_neuköllner schiffahrtskanal_neukölln

wie er in einer Mail mitteilte, „die Bürger(nicht)beteiligung bzw. v.a., dass meine ge- samten Nachbarn davon noch überhaupt nichts mitgekriegt haben.“

Das hat sich binnen der letzten Wochen grundlegend geändert, denn Küstner gründete die Bürgerinitiative „Kiehlsteg erhalten“, um mit vereinten Kräften die De- demo kiehlsteg_initiative kiehlsteg erhalten_neuköllnmontage der Brücke zu verhindern. Derzeit bereite man einen Antrag auf Denkmalschutz des Kiehl- stegs sowie eine einstweilige Verfügung gegen den Abriss vor, teilt die Initiative mit. Außerdem ist für morgen eine Demonstration angemeldet, die hel- fen soll, zu verhindern, was inzwischen bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung beschlosse- ne Sache ist.

In der Presse-Information „Ersatzloser Rückbau des Notsteges an der Lohmühlenbrücke in Berlin-Neu- kölln“ ließ die Abteilung von Stadtentwicklungs- senator Michael Müller gestern wissen, dass der Abriss des 33 Meter langen Fußgängerüberwegs vom 17. bis 21. März stattfinden werde. Der Notsteg habe mit dem Fall der Mauer seine eigentliche Funktion verloren, begründet der Senat die mit Kosten von 42.000 Euro bezifferte Maßnahme. Ein weiteres Motiv seien die finanziellen Aufwendungen, die für den Erhalt des Kiehlstegs nötig wären.

Vor allem letzteres Argument stößt bei der Bürgerinitiative auf Unverständnis: „Wäh- rend der Steg aus Gründen der laufenden Instandhaltungskosten abgerissen werden soll, soll zugleich einige Meter entfernt vom Standort eine Aussichtsplattform errichtet werden. Neben die Kosten des Abrisses der Brücke treten also zudem die Kosten für den Bau der Aussichtsplattform – Gelder, die auf Jahre hinaus den Erhalt der Brücke sicherstellen könnten“, ist das Ergebnis ihrer Gegenrechnung.

=ensa=

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