Knapp 2 Kilometer liegen zwischen dem Oben und Unten des flächenmäßig zweit- größten Neuköllner Quartiersmanagement-Gebiets. Wer im Norden vom Schillerkiez, am Columbiadamm, wohnt, hält sich deshalb gemeinhin eher selten im Süden, um die Siegfriedstraße her- um, auf. Dass drei Friedhöfe horizon- tale Schneisen in den Kiez schlagen und dessen unteres Drittel vom Nor- den abkoppeln, kommt erschwerend hinzu und beeinflusste auch die Pla- nung eines Bürgerzentrums maßgeb- lich. „Schon 2006 haben wir festge- stellt, dass ein solcher Ort als Anlaufpunkt gebraucht wird“, erinnert Quartiers-manager Gunnar Zerowsky. Fünf Jahre später erlebten die Überlegungen ein Revival, als das Stadtforschungsbüro Topos mit der Erstellung einer Machbarkeitsstudie für ein Bürger-/Familienzentrum in der Schillerpromenade beauftragt wurde: Das Ergeb- nis bestätigte den Bedarf, räumte aber zugleich mit der Illusion auf, dass ein Zentrum für den gesamten Kiez ausreicht. Bei der Realisierung müsse nicht nur bedacht werden, dass der Begegnungsort niedrigschwellig, konfessionsneutral, intergene- rativ und multikulturell angelegt sein soll, sondern es gelte auch durch eine be- queme
Erreichbarkeitkeit zu seiner Akzep- tanz beizutragen, empfahl die Studie.
Deshalb hat der Schillerkiez nun gewis-sermaßen zwei Bürgerzentren – oder aber ein Bürgerzentrum, das wiederum aus zwei Nachbarschaftstreffs besteht. Der im Süden wurde schon 2012 in der bereits etablierten Einrichtung Warthe-Mahl eingerichtet, „mit starker Unterstützung durch den Quartiersrat“, wie Zerowsky (2. v. l.) betonte. Der Norden zog erst jetzt nach und feierte Samstag Eröffnung. „Weltpolitisch ist die Einweihung des neuen Nachbarschaftstreffs im Schillerkiez zwar kein Ereignis von großer Bedeutung, für das Quartier und den ganzen Bezirk ist die Bedeutung aber nicht hoch genug ein- zuschätzen“, stellte Neuköllns Sozialstadtrat Bernd Szczepanski (r.) fest.
Sowohl die organisatorische Konstellation der Einrichtung in der Mahlower Straße 27, als auch deren Angebote und Ziele lassen erkennen, dass hier die Weichen für die Zeit nach der inzwischen 15 Jähre währenden Ära des Quartiersmanagements Schil- lerpromenade gestellt werden sollen. Als Träger konnte der Nachbarschaftsheim Neukölln e. V. gewonnen werden, der seit mehr als sechs Jahrzehnten im Körnerkiez Erfahrungen damit sammelt, Räume für Begegnungen zu schaffen. „Wir werden alles dafür tun“, so Geschäftsführer Bernhard Heeb (r.), „dass hier gelebte Nachbarschaft entste- hen, wachsen und gedeihen kann.“
Begünstigt werden soll das vor allem durch die Vernetzung von Angeboten und Trägern im Quartier sowie Anwohnerbeteiligung und die Förderung von ehrenamtlichem Engagement für das Wohnumfeld. Mit der Einbindung des Kiez in Aktion e. V. wurde kein unwichtiger Schritt in Richtung zum Gelingen dieses Vor- habens gemacht: Mitglieder des so kleinen wie aktiven Vereins waren nicht nur an der Kon- zeptentwicklung des Nachbarschaftstreffs beteiligt, sondern werden auch künftig gemeinsam mit dem hauptamtlichen Koordinator Christian Schoon den Begeg-nungsort mit Leben und Impulsen füllen. „Erstmal wird es darum gehen, die Kontakte in den Kiez zu nutzen, um die Bewohner über den neuen Kieztreff mit seinen kostenlosen Angeboten und den Möglichkeiten der Beteiligung zu informieren“, sagte KiA-Sprecherin Beate Storni. Perspektivisch wolle man eine Medienwerkstatt ein- richten, Kenntnisse über Beratungsangebote bündeln und eine Tauschbörse etablie- ren: Den Zusammenhalt in der Nachbarschaft zu initiieren und stabilisieren, das sei die Triebfeder für das bürgerschaftliche Engagement des Vereins.
„Das Wohnumfeld und die Menschen sind entscheidend für die Lebensqualität“, ist auch die Erfahrung von Bernhard Heeb. Auf eine „bunte und reichhaltige Zukunft“ hoffe er für den neuen Nachbarschaftstreff im Schillerkiez, sagte der Geschäftsführer des Trägers, bevor er an den Poetry Slammer Sami El-Ali (r.) und den Rapper Musa
übergab. Der Grünen-Politiker Bernd Szczepanski hatte die Wünsche zum Abschluss seiner Eröffnungsrede lieber an praktischen Aspekten statt an farblichen Akzenten festgemacht: „Ich wünsche der Einrichtung immer einen Euro mehr auf dem Konto als man braucht.“
Mit 108.000 Euro wird der Nachbarschaftstreff bis zum Ende nächsten Jahres aus dem Soziale Stadt-Fördertopf finanziert. „Die Trägerschaft des Bürgerzentrums hängt eng mit der Akquise zusätzlicher Fördermittel zusammen, eine sukzessive Eigen- finanzierung des Projektes wird langfristig erwartet“, hieß es in der Ausschreibung des QM Schillerpromenade unter dem Passus Nachhaltigkeit. Ferner manifestiert das Dokument, dass sich der Erfolg des Projekts an der Beteiligung und Aktivierung von Bürgern aus dem Schillerkiez bemesse.
Öffnungs-/Sprechzeiten des Nachbarschaftstreffs: Mo. 16 – 19 Uhr, Di. + Mi. 13.30 – 19.30 Uhr, Do. 10 – 14 Uhr, Fr. 14 – 17 Uhr
Aktuelle Angebote: Rumänisch-deutsche Gruppe für Mütter mit Kleinkin- dern (wöchentlich, Tag + Zeit bitte erfragen: c.schoon[at]nbh-neukoelln.de), Hebammensprechstunde mit rumänischer Übersetzung (wöchentlich, Tag + Zeit bitte erfragen: Tel. 030 – 40037884), Mediationssprechstunde (Do. 18.30 – 20.30 Uhr, http://www.klarstellen-berlin.de), Mieterberatung (Tag + Zeit bitte erfragen: Tel. 030 – 621 16 02)
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