Es war schon dunkel, als die Gewinner endlich fest- standen. Mittags hatten sich die auf den Weg gemacht, die es werden wollten: knapp 20 Neuköllner Jugendliche, bewaffnet mit Foto-Handys und Digitalkameras. Das an sich ist wahrlich nichts Ungewöhnliches. Speziell war aber, dass ihnen Themen mitgegeben und sie zuvor im Crash-Kurs von dem Profi-Fotografen Reza Nadji über Urheberrechte sowie Rechte am Bild auf- geklärt wurden und Grundlegendes über richtiges Fotografieren erfuhren. „Um zu verhindern, dass ganz Gewitzte Bilder aus dem Internet runterladen und sich mit geklauten Fotos an unserer Foto-Olympiade betei- ligen, mussten alle unterschreiben, dass sie nur ei- gene Werke einreichen“, erklärte Susanne Britz vom Young Arts NK.
Drei Stunden hatten die 12- bis 18-Jährigen Zeit, um geeignetete Motive und Umgebungen in Neukölln zu finden und dort Einzelfotos und Serien zu schießen. „Neukölln Beauty“, „Plastik- welt“, „Gegen den Strich“, „Außerirdische“, „Döner macht schöner“ und „Auf dem Kopf“ hießen einige der Themen, die fotografisch in Kleingruppen umzusetzen wa- ren. „Es sollte den Teilnehmern ja nicht nur ums Gewinnen und Urkunden und Preise gehen“, sagt Susanne Britz‘ Kollegin Elena Gebele, „sondern auch darum, Orte und das Fotografieren an sich anders wahr- zunehmen.“
Und das taten sie auch mit enormem Enthusiasmus. „Es war ganz arg span- nend und bei vielen Fotos ziemlich knapp“, verriet Henriette Huppmann nach der Jury-Sitzung. Sie gehörte als Vertreterin des Young Arts NK dazu, Re- za Nadji (l.) und Orhan Othan (r.), ein Schüler der Röntgen-Schule, vervoll- ständigten das Trio, das die Sieger ermittelte, die sich über Urkunden und Sachpreise freuen durften.
Die Schwestern Clara und Frederike Carius hatten dazu gleich doppelt Grund, denn sie gewannen in der Kate- gorie Einzelfoto den ersten Platz und holten sich außer- dem den zweiten in der Kategorie Serie. Ersteres (r.) entstand zum Thema „Untergrundwelten“ und berührte und überzeugte die drei Juroren zutiefst. „Es führt auf eine sehr emotionale Ebene und direkt in die Untergrundwelt des ei- genen Seins“, begrün- dete Reza Nadji. Insbe-sondere durch das „sehr konzeptionelle Arbeiten“ und „großartige Inszenierungen im öffent- lichen Raum“, so der Jury-Sprecher, habe hingegen die Serie (l.) beeindruckt, die die Schülerinnen zum Thema „Gegen den Strich“ abgeliefert hatten: „Sie zeigen mit ihren Fotos eine Reihe von Dingen, die
man eigentlich nicht macht.“
Ebenfalls ein Mädchen Zweier-Team schaffte es in der Kategorie Serie auf den ersten Platz: Gerda Gertz und Lena Müller hatten es für das Thema „Auf dem Kopf“ auf Pfützen abgesehen, die es an diesem Tag reichlich gab. „Durch die Spiegelungen guckt man in zwei Richtungen und sieht gleichzeitig nach oben und unten“, erläuterte Nadji die Jury-Entscheidung und bescheinigte den beiden Mädchen, dass es ihnen mit jedem Foto hervorragend gelungen sei, Kontraste im Bild zu vereinen.
Zum selben Thema stellte die Gruppe von Suvarna und Slojana Sriskantharasa, Shubagishana Thurai- rasa und Bavidra Ravikumar gleich ganz Neukölln auf den Kopf. Mit dem Bild eines Krans hinter fast kahlen Zweigen belegte das Vierer-Team den zweiten Platz in der Kategorie Einzelfoto. „Was uns an diesem Bild besonders begeisterte“, erklärte Reza Nadji für die Jury, „war der extreme Kontrast zwischen dem Organischen und Geometrischen, dem Stahl und dem fragilen Baum.“ Durch die Komposition sei ein „starkes Einzelfoto“ entstanden.
„Überhaupt“, stellte der Fotograf fest, „waren wir sehr beeindruckt von dem, was man
in drei Stunden alles schaffen kann.“ Und auch Susanne Britz fand, dass die Jury nicht zu beneiden gewesen sei, zwischen all den Fotos, die die breite Interessenlage der Teilnehmer widerspiegelten, eine Entscheidung treffen zu müssen. Dass man eine solche Foto-Olympia- de wiederholen sollte, wünschten sich viele der Jugendlichen – das dür- fe aber gerne bei besserem Wetter geschehen.
Ab 16. Dezember lädt das Young Arts NK mittwochs (16.30 – 18 Uhr) im Rahmen der offenen Ateliers zum Foto-Workshop mit Reza Nadji ein. Hier können 13- bis 18-Jährige das Handwerk des Fotografierens erlernen oder ihre Technik vervollkommnen.
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