Rechts neben dem ehemaligen Blumenladen in der Hermannstraße durch das Portal, vorbei an der neo-gotischen Kirche, die seit inzwischen 10 Jahren von der Bulgarischen Orthodoxen Ge- meinde
genutzt wird, und dann über 300 Me- ter immer geradeaus. Wer diesen Weg hinter sich hat, steht dort, wo 39 evangelische und drei katholische Gemeinden während der NS- Zeit das einzige kirchliche Zwangsarbeiter- lager betrieben.
Für über 100 aus der damaligen Sowjetunion verschleppte Männer und Jugendliche, die zum Arbeitsdienst auf Berliner Friedhöfen verurteilt waren, wurden 1942 in Neukölln auf einem 4.000 Quadratmeter großen Abschnitt am Ende des Jerusalems- und Neue Kirche-Friedhofs Wohn- und Küchen- baracken errichtet. Der Eingang zum Lager wurde an der Netzestraße angelegt.
Mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde nicht nur das Zwangsarbeiterlager kom- plett zerstört, auch die Tatsache, dass es überhaupt existiert hatte, geriet in Verges- senheit. Erst Mitte der 1990er Jahre wurde bei Archivarbeiten wiederentdeckt, wel- ches historische Erbe unter der inzwi- schen von der Friedhofsverwaltung als Müllhalde genutzten Ecke des Neuköllner Friedhofs begraben liegt. Es dauerte aber noch einige Jahre, bis die Evangelische Kirche in Deutschland begann, sich ihrer eigenen Verstrickung mit dem Nazi-Re- gime zu stellen und das Kapitel aufzuar- beiten: Der damalige Landesbischof Wolf- gang Huber sprach es im Jahr 2000 in seiner Bußtagspredigt erstmals öffentlich aus. Ein Jahr später gründeten die Ge- meinden, die so genannte Ostarbeiter als Totengräber beschäftigt hatten, die Ar- beitsgemeinschaft NS-Zwangsarbeit für die evangelische Kirche. Sie trieb nicht nur die Recherche voran, sondern setzte sich auch dafür ein, dass 2002 am einstigen Lagerstandort eine Gedenkstätte
und 2010 auf dem gegenüber liegenden St. Thomas-Friedhof ein Informa-tionspavillon
eingerichtet wurde.
Erst vor gut zwei Monaten aber war es soweit, dass begonnen wurde, dem kirchlichen Zwangsarbei- terlager wirklich auf den Grund zu gehen: Unter Aufsicht des Landesdenkmal- amts Berlin fanden in der ersten September-Woche auf dem Gelände archäologische Grabungen statt, bei denen unter einer 10 bis 20 Zenti- meter dicken Erdschicht die Fundamente der ehemaligen Wohn- und Wirtschafts-
baracke, des Kartoffelkellers und Reste eines Splitterschutzgrabens freigelegt werden konnten. Während der wenigen Tage, die eigentlich nur einer ersten Erkundung dienen sollten, habe man „überraschend viel gefunden“, resümiert Ewa Maria Slaska in ihrer Dokumentation der archäologischen Grabungen. Wahrschein- lich sei, dass die Arbeiten im nächsten Jahr fortgesetzt und die Ausgrabungen am Lagerort gesichert würden.
Die AG NS-Zwangsarbeit lädt am 17. November um 16 Uhr zur Gedenkfeier für NS-Zwangsarbeiter aus dem Friedhofslager der Kirche in Neukölln ein. Die Feier beginnt am Gedenkstein auf dem St. Thomas Friedhof in der Hermannstraße 179 – 184 und wird mit einem Gedenkweg zum Lager- standort an der Netzestraße fortgesetzt.
=ensa=
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…deswegen die Bagger und der Bauschutt…
Guten Morgen nach nebenan 🙂
Anka Theising Diplom-Kulturpdagogin
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