Es sind nicht nur Transparente, die darauf hinweisen, dass sich an diesem Wochen- ende auf dem Neuköllner Richardplatz
wie- der alles um Stroh- ballen drehen wird. Seit vorgestern und noch bis morgen lädt der Bildhauer Nikola Faller nachmittags ab 16 Uhr direkt neben der Rixdorfer Schmie- de zur Strohwerkstatt ein. Die mächtigen Figuren, die hier entstehen, sollen am Ri- chardplatz aufgestellt werden. Sie sind aber nicht nur Dekoration, sondern ihr Ent- stehen ist Teil der Rixdorfer Festspiele, die in diesem Jahr erstmals rund um das Popráci-Strohballenrollen stattfinden.
Krönender Abschluss der Festwoche soll am Sonn- tagnachmittag die Aufführung der Rixdorf Saga wer- den, mit der das Dorf in einer Open Air-Inszenierung von Artur Albrecht (v.) seine wechselvolle Geschichte zwischen den Jahren 1155 und 2013 erzählt. „120 Mitwirkende sind daran beteiligt“, berichtet Norbert Kleemann (h.), der technische Leiter des Stückes. So- gar historische Kostüme werden eigens von der Neuköllner Designerin Marion Czyzykowski für die Auf-
führung angefertigt. „Wenn du erstmal Dreizack, Stock, und Mantel trägst, wirst du gleich viel weni- ger Steinle und viel mehr Friedrich Wil- helm I. sein“, verspricht der Regisseur Albrecht seinem Hauptdarsteller, der sich mit improvisierter Wampe und schwäbelndem
Zungenschlag durch das Stück probiert. Der Text, sagt Reinhold Steinle, sei nicht schwierig: „Die größte Herausforderung sind die Lauf- wege.“ Dass keine Mitspieler dabei sind und er noch auf alles verzichten muss, was den Ri- chardplatz zur Bühne machen wird, kommt als Schwierigkeit dazu. „Friedrich Wilhelm war ein menschliches Arschloch, ein Egomane und eine wirklich schlimme Gestalt, und den musst du jetzt würdig verkaufen“, hilft Artur Albrecht ihm in die Rolle des Preußenkö-
königs, der 1737 über 350 böhmische Glaubensflüchtlinge in Rixdorf, wie Neukölln damals hieß, ansiedelte. Dass Albrecht selber nicht nur Regisseur, sondern auch Schauspieler ist, hilft; sein Puppentheater K & K Volkart ist nur wenige Schritte vom Richardplatz entfernt.
Die Mimin, die in der Rixdorf Saga die Krankheiten des Mittelalters gibt, ist gerade auf dem Weg dorthin. „Sonntag kommt sie auf einem Achtrad und ver- sprüht etwas“, sagt Kleemann. Mehr will er nicht verraten. Das solle sich jeder selber angucken. „Du läufst ständig über die Kaffeetafel!“, erinnert der Regisseur Steinle, als der bereits in die Schlusssze- ne und das standesgemä- ße Proklamieren vertieft ist.
Für die weiteren Proben kann er den Bauch able- gen. „Kaiser Wilhelm II. spiel ich nämlich auch noch“, sagt Reinhold Steinle. „Und der war schlank.“ Dafür habe der Monarch, der 1912 die Umbenennung von Rixdorf in Neukölln genehmigte, aber einen anderen Komplex gehabt: seinen verkrüppelten Arm.
Das Rixdorfer Strohballenrollen beginnt morgen um 14 Uhr, die Rixdorf Saga wird Sonntag um 15 Uhr uraufgeführt.
=ensa=
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Wau!Das hört sich ja wirklich spannend an dieser Text, wird bestimmt ein Mordsspektakel!
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