Es ist kein Gebäude, dem man das Prädikat „schön“ verleihen würde. Zwölf Etagen stre-
cken sich am nördli- chen Ufer des Teltow- kanals in den Himmel über dem Neuköllner Ortsteil Britz. Sechs Wohnungen sind in jedem Stockwerk hinter der gelblichen Faserzementplatten-Fassade, die von Fenstern und Loggias gebrochen wird. Die Balkone mit Blick in Richtung Westen, Osten und Süden gehören zu den Eigentumswohnungen, die
gen Norden zei- genden schließen sich ans Treppenhaus an: Robuste Drahtnetze verhindern, dass Unbefugte die Balkone von außen anfliegen, um sich hier einzunisten, und Lebensmüde den kürzesten Weg nach unten nehmen.
So unattraktiv ein Balkon auf der Nord- Seite für viele auch sein mag, die Aus- und Absicht aus der 12. Etage des Hoch- hauses am Britzer Damm ist großartig. Nichts versperrt den Blick, die herausragen- den Berliner Sehenswürdigkeiten – einschließlich des Funkturms – präsentieren
sich den Betrachtern. Etwa ein Viertel Neuköllns liegt ihnen zu Füßen. Das Estrel Hotel, von dem wir im vorigen Teil unserer Serie die Absicht genossen, und die Wei- ße Siedlung nehmen die mit dem cebe-Logo markierte Produktionshalle des Wil- helm Reuss Süßwarenwerks an der Sonnenallee in ihre Mitte. Der Rathaus-Turm
scheint es höhenmäßig locker mit manchem Hochhaus aufnehmen zu können. Die Türme der katholischen St. Eduard-Kirche und der evangelischen Philipp-Melanch- thon-Kirche erscheinen greifbar nah und der Potsdamer Platz ein wenig an Neukölln
heran gerückt zu sein. Vom Verkehr auf dem Britzer Damm ist in die- ser Höhe nichts zu hören, selbst der schrille Sound von Hupen und
Mar- tinshörner bleibt in den unteren Eta- gen hängen.
Aber das 1960er-Jahre-Hochhaus vis-à- vis zweier Kleingartenkolonien hat nicht nur besonders schöne Aus- und Ab- sichten zu bieten. Der Wohnturm an der Britzer Brücke ist auch – trotz seiner Höhe und exponierten Lage – besonders un- auffällig. Selbst viele alteingesessene Neuköllner nehmen ob eingefahrener Blick- winkel nicht wahr, dass das Haus deutlich aus der Vier-Stockwerke-Architektur seiner Nachbarschaft hervorsticht. Manchmal lohnt es sich eben nicht nur von oben nach unten zu schauen.
Unsere Serie „Neuköllner Absichten“, bei der wir bereits von sieben Ge- bäuden im Bezirk blickten, lädt demnächst zu einem weiteren spannenden Perspektivwechsel ein.
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