Aderlass für die Kunst

schillerpalais neuköllnWenn jemand etwas mit Herzblut macht, steht das Wort meist als Metapher für Leidenschaft. Für die Ausstellung „Traumwelten“, die seit letzter Woche im Schillerpalais gezeigt wird, ist dagegen echtes Blut geflossen. „Einige von unserem Team waren beim Blutspenden, um mit dem Geld, das sie dafür ge- kriegt haben, unser Projekt zu unterstützen“, erzählt Franziska Ratajczak. Sie studiert am Kunsthisto- rischen Institut der FU Berlin und hat zusammen mit 18 Kommilitonen die Ausstellung realisiert, die Ge- traumwelten-ausstellung_schillerpalais neuköllnmälde, Installationen, Plastiken und Foto- grafien 13 zeitgenös-sischer Künstler versammelt: „Alle sind zwischen 20 und 30 Jahre alt und leben zurzeit in Berlin.“  Einer habe sogar ein Atelier in Neukölln, ganz in der Nähe keller_schillerpalais neuköllndes Schillerpalais.

Um dessen Werke zu besichtigen, muss man über eine schmale Treppe mit noch schmaleren Stufen in den Keller der Galerie hinunter. Werke? Die vor einer Nische positionierte Lichtinstallation von Phi- lip Hausmeier taucht den Raum in einen kobalt- blauen philip hausmeier_schillerpalais neuköllnSchimmer. „The moon is clear, the wind gentle“ hat der Künstler den mit Wasser und Moos gefüllten, durchleuchteten Glasbehälter genannt. Von einem zweiten Werk ist nichts zu sehen. „Wir stehen direkt davor“, informiert Ratajczaks Kommilitonin Sally Reiner, „aber das sieht man erst, wenn sich die Augen an das Halbdunkel gewöhnt haben.“ Licht und die Wahl des richtigen Standpunkts sind auch – wieder ebenerdig – beim Gemälde von Diana Sprenger entscheidend: Ihr monumentales, namenloses Bild wirkt auf den ersten Blick, als sei eine Leinwand mit grauer Farbe bemalt worden. So leicht hat es sich die Künstlerin aber nicht gemacht; die in vielen dünnen Schichten eingearbeiteten Farbeffekte sind ksenia telepova_asya freya_schillerpalais neuköllnerst nach und nach zu entdecken und verleihen dem Bild Tiefe und Strukturen.

Würde man die Gruppe angehender Kunsthistoriker bitten, unter den prä- sentierten Werken das auszuwählen, das die Erlebnisse  bei der Organisa- tion der „Traumwelten“-Ausstellung am besten symbolisiert, könnte die Entscheidung durchaus Diana Spren- gers Bild treffen. „Es gab da schon einige Überraschungen im Detail bei der Vor- bereitung“, sagen die Studentinnen. Praktische Erfahrungen, wie ein Thema für eine Ausstellung, teilnehmende Künstler, Galerieräume und Finanzierungswege gefunden daniela gugg_schillerpalais neuköllnwerden, hatte niemand von ihnen.

Was sie aber außer der Unkenntnis verband, war, dass sich alle für das von Dr. Anna-Carola Krausse geleitete Seminar „Kuratorische Praxis“ einge-schrieben hatten, das als Ergebnis die Konzeptio- nierung und Realisierung einer Ausstellung haben sollte. „Für uns war es wirklich eine ganz wunder- bare und außergewöhnliche Möglichkeit, so etwas einmal machen zu können“, schwärmt Franziska Ratajczak. Auf das Thema einigte man sich nach nora roggausch_traumwelten-ausstellung_schillerpalais neuköllnlängeren Diskussio- nen, bei der Wahl der Galerie war der Mietpreis ausschlaggebend: „Und nach unserem Call for Works bekamen wir mehr Bewer- bungen von Künstlern als Platz zur Verfügung ist.“ Da hätte letztlich neben der Qualität der Werke und dem Anspruch, eine möglichst große Bandbreite der Genres auszustellen, die Überzeugung die Hauptrolle gespielt, wem es am besten gelungen ist, „traumspedavid berkel_traumwelten-ausstellung_schillerpalais neuköllnzifische Eindrücke in Kunst zu übersetzen.“

Das am wenigsten Traumhafte sei das ständig parallel laufende Bemühen um Sponsoren gewesen, die bereit sind, sich an den real entstehenden Kosten zu beteiligen, finden Franziska Ratajczak und Sally Reiner: „Aber auch das war eine gute Vor- bereitung für die berufliche Laufbahn nach dem Studium.“ Raummiete, Catering für die Vernissage, Materialien für die Hängung der Bilder, Foto-Abzüge, der Druck eines Katalogs. „Da ist – obwohl wir alles, david berkel_valerie schmidt_schillerpalais neuköllnalso auch die personelle Betreuung der Ausstellung, ohne Honorare machen – doch einiges zusammen gekommen.“ Dass die Wohnungsbaugesell- schaft Stadt und Land als Unterstützer gewon- nen werden konnte, wissen beide,  sei  beson- ders dem Kiezbezug geschuldet gewesen. Da- nach hätten sich schließlich einige kleinere Neu- köllner Unternehmen bereiterklärt, der Studenten-Gruppe unter die Arme zu greifen. Ohne den Gegenwert fürs Blut wäre es aber dennoch schwer gewesen, den Traum von den Traumwelten Wirklichkeit werden zu lassen.

Die Ausstellung „Traumwelten“ wird  noch bis zum 19. Juli im Schillerpalais gezeigt; Öffnungszeiten: Mo. – Fr. 10 – 19, Sa. 12 – 21 und So. 12 – 18 Uhr.

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