„In diesem Jahr sind sie gar nicht aus den Socken gekommen.“ Erst der lange Win- ter, dann ein kurzes Wärme-Intermezzo, danach wieder Kälte – das mögen Bienen nicht, weiß der Imker. Rasenmäher, sagt seine Kollegin Gutrun Timm, seien bei ihnen auch äußerst unbeliebt: „Wenn der zum Einsatz kommt, herrscht jedes Mal totale Aufruhr in den Stöcken“.
Deshalb werde die Person hinter dem lärmenden Gerät auch durch Hut, Schleier, Overall und Hand- schuhe geschützt. Wenn sie sich nicht gestört oder bedroht fühlen seien die Tiere, die in der Rangliste der wichtigsten Lebe- wesen für die Ernährung des Menschen nach Schwein und Rind auf Platz 3 stehen, aber kein bisschen aggressiv.
Gutrun Timm ist eine von 90 Imkerinnen und Imkern, die dem Berliner Imkerverein Neukölln e. V. angehören, der am letzten Wochenende sein 90-jähriges Bestehen feierte und damit zu den ältesten der Hauptstadt gehört. Die Rentnerin imkert seit fast fünf Jahrzehnten und ist nicht nur Ausbilderin für angehende Hobby-Imker, sondern auch Obfrau des Bereiches Zucht beim Imkerverband Berlin. Das Inte- resse am Besitz eines eigenen Bienenvolks und Honig aus eigener Produktion sei stetig steigend, sagt sie. Entsprechend wichtig ist die Auf- zucht neuer Generationen von Köni- ginnen, Drohnen und Arbeiterinnen: Eine Sommerbiene hat eben nur ei- ne Lebenserwartung von vier bis sechs Wochen. „Winterbienen“, be- merkt Timms Kollege, „bringen es auf
einige Monate, weil sie mehr ruhen.“
Indes leben die Sommer-Exemplare, um zu arbeiten. Etwa 80.000 Kilometer, also zweimal um die Erde, müssen sie fliegen, bis ein 500 Gramm-Glas Honig gefüllt werden kann. Wobei es sich beim Honig, der es bis zum Verbraucher schafft, gewissermaßen nur um Reste handelt: Gut 100 Ki- logramm Honig und 55 Kilo- gramm Pollen verbleiben pro Jahr beim Bienenvolk, um dessen Fortbestand zu sichern: „Nur was über ihren Eigenbedarf hinausgeht, darf vom Imker geerntet
werden.“ In so miesen Honig- jahren wie dem letzten, gerät das zähflüssige Gold leicht zum Luxus-Artikel.
Dabei sind Honigbienen relativ anspruchslos im Hinblick auf das, was sie einsammeln, um es in ihrem Stock abzuliefern. Nur Nektar und Blütenpollen produzierende Pflanzen fliegen sie an: Straßenbäume, Hecken, Schrebergärten, Balkon- kästen, Parks, Grünstreifen inmitten mehrspuriger Straßen. Als Blütenhonig wird später das verkauft, was aus den Waben geschleudert wird, die die bis zu 50.000 Bienen pro Volk gefüllt haben. Darauf, die Blütenarten genau untersuchen zu lassen, um sortenreinen Honig anbieten zu können, verzichtet man beim Berliner Imkerverein insbesondere aus Kostengründen.
Schließlich steht schon jetzt zu befürchten, dass die über 3.500 Berliner Bienen- völker keine Rekordernte einsammeln werden können.
An ihnen liegt das nicht. Sie sind fleißig wie eh und je, überall im Garten rund um das Vereinshaus der Neuköllner Imker summt es. Vollbepackt kehren die Bienen von ihren Ausflügen zu den Insektennährpflanzen zurück, die hier – nicht zuletzt durch das eifrige Bestäuben durch die Bienen – zu einem wahren Schlaraffenland heran- gewachsen sind. Außerhalb des Grundstücks sieht es anders aus, geben viel Asphalt, Beton und botanische Monokulturen den Ton an, und auch das mögen Bienen gar nicht.
=ensa=
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