Neuköllner Absichten – vom Dach der Carl-Legien-Schule

carl-legien schule neuköllnNicola Groth ist es gewohnt, Fragen gestellt zu bekommen. Das gehört zu ihrem Alltag in der Carl-Legien-Schule. Die, ob wir ihr mal aufs Dach steigen dürfen, war der Schulleiterin aber neu und irritierte sie für einen Moment. Es gebe doch auf der Schule diese Aussichtsplattform, aussichtsplattform carl-legien-schule neuköllndie würden wir gerne erklimmen, um Ein- drücke für unsere Serie „Neuköllner Absichten“ zu sammeln, erklären wir der Rektorin. Sie willigt sofort ein; bis ein Termin gefunden ist, der in ihren und unsere Kalender passt, dauert es aber noch eine Weiterlesen

Warum einfach, wenn ’s auch doppelt geht?

Was das Tempelhofer Feld im Westen Neuköllns kann, nämlich: mit furiosen Son- nenuntergängen beeindrucken, kann der durch den östlichen Teil des Bezirks fließen-

Sonnenuntergang Neuköllner Schiffahrtskanal_Elsenbrücke_© Gänßy von Friesland

de Neuköllner Schiffahrtskanal schon lange. Anders als das Feld schafft er es sogar, dem faszinierenden Farbenspiel am Himmel einen Spiegel vorzuhalten.

Nicht von der Stange

Faltenfrei und strahlend weiß schmücken sie die Fenster einer Parterrewohnung in der  Neuköllner Donaustraße. Nur bei  genauem Hinsehen sind  kleinere Ungenauig-

scheibengardinen_neukölln

keiten zu erkennen. Was aber auf Anhieb zu sehen ist: Hier waren fleißige Hände am Werk, um den Begriff  „Scheibengardinen“ neu zu definieren, denn diese sind direkt auf die Fenster getupft.

Leben in und mit dem Denkmal: Neuer Glanz nach alten Plänen für die Hufeisensiedlung

hufeisensiedlung_neuköllnEs ist fast geschafft. Knapp drei Jahre lang wurde in Neuköllns Hufeisensied- lung gebaut, um die öffentlichen Bereiche des Ensembles, das seit 2008 zum UNESCO Welterbe zählt, für 3,2 Mio. Euro aus dem Investitionsprogramm „Nationale UNESCO-Welterbestätten“ wieder in ei- nen vorzeigbaren Zustand zu bringen. „Nun sind wir dem Ziel einer tollen Gesamtanlage sehr nah, die den histori- schen Vorlagen gerecht wird und  nach heutigen Standards saniert ist“,  stellte der blesing_lingenauber_pinnig_hufeisensiedlung neuköllnNeuköllner Baustadtrat Thomas Blesing (l.) am vergan- genen Freitag fest, als er zusammen mit Klaus Lin- genauber, stellvertretender Leiter des Landesdenkmal- amts, und Julian Pinnig (r.) von der Deutsche Wohnen AG die Anwohner der Siedlung beim Eröffnungsfest samt offizieller Treppeneinweihung begrüßte.

Es sei auch als kleine Entschädigung für die Unan- nehmlichkeiten während der Bauphase gedacht, betonte Blesing. Den Ärger, den es mit einer Anwohner-Initiative vor allem gegeben hatte, als auf dem Vorplatz des Hufeisenteichs eröffnung hufeisentreppe_hufeisensiedlung neuköllnjahrzehntelang gewachsene Bäu- me gefällt und durch geometrisch angeordnete neue ersetzt wurden, klammerte er aus. „Durch die garten-denkmalpflegerische Umgestaltung ist nun eine nutz- bare öffentliche Grünanlage mit hoher Aufent- haltsqualität entstanden.“ Zudem sei es gelungen, so der Baustadtrat, aus der maroden Treppenanlage, an deren historisches bild_hufeisensiedlung neuköllnSanierung sich schon viele versucht hätten, ein echtes Schmuckstück geworden. „Dabei sind wir sogar fast im Zeit- plan geblieben, was ja bei Bauprojekten in Berlin nicht selbstverständlich ist“, frotzelte Klaus Lin- genauber. Das Hufeisen sei jetzt wieder erleb- bar, die Proportionen von Gebäuden und Frei- räumen seien wieder stimmig und auch hin- umgestaltung hufeisensiedlung_neuköllnsichtlich der Far- bigkeit entspre- che das Ensemble wieder dem, was die Architekten einst angelegt haben: „Nun können wir uns nur noch eine pflegliche Behandlung der Hufeisensiedlung seitens des Bezirks, der Anwohner und nicht zuletzt der Deutsche Wohnen AG wünschen.“ Zumindest bei letzterer ist davon auszugehen. Die Siedlung habe schon deshalb eine besondere Stellung im Portfolio der Wohnungsgesellschaft, weil ihre Erbauung sehr eng mit der Gründung der Gehag vorplatz hufeisensiedlung neuköllnverbunden sei, versprach Julian Pinnig. „Wir fühlen uns dem historischen Erbe verpflichtet und freuen uns, dass es jetzt in neuem Glanz erstrahlt.“

Seit November 2010 wurden der Hufeisenteich, die Grünanlagen nebst Wegen, die Treppen-entwurf leberecht migge_jens henningsen_hufeisensiedlung neuköllnanlage und der Vorplatz saniert; auch die Mittelinsel des Hüsung wurde in die Umge- staltung einbezogen. Verantwortlich für die Ausführung der Maßnahme ist das Büro des Landschaftsarchi- tekten Jens Henningsen (r.). „Ausgangspunkt für uns waren die historische Planung von Taut, Wagner und dem Gartenarchitekt Leberecht Migge sowie die Gut- achten von Katrin Lesser„, erklärt er. Bei der Umsetzung habe man vor allem das Motto „Leben in und mit dem detail hufeisensiedlung-treppe_neuköllnDenkmal“ verfolgt: „Schließlich wollten wir kein Museum aus der Siedlung machen.“

Die größte Herausforderung sei gewesen, dass man bei der Planung größtenteils auf Bildmaterial aus Schwarz-Weiß-Fotos zurückgreifen und Farbgebungen durch Hörensagen ermitteln musste. „Die Klinker der Treppe“, sagt Jens Henningsen, „sind extra nach historischem Vorbild gemustert worden.“ Dass einem beim führung jens henningsen_hufeisensiedlung_neuköllnausgiebigen Betrachten des Designs ein wenig schwindlig werden kann … Doch, ja, gibt er zu, das habe er auch von den Bauarbeitern gehört.

Ein anderer Kritikpunkt ist ihm ebenfalls bekannt: „Die Kantensteine entlang der Hecke, die um den Teich verläuft, sind größtenteils aus der Ursprungszeit und nur dort durch neue ersetzt worden,  wo das alte Material zerstört war.“ Das wirke für viele auf den ersten Blick ein bisschen unschön, sei aber unter dem Denkmalschutz-führung jens henningsen_hufeisensiedlung neuköllnAspekt nicht anders möglich gewesen. Bei den Leuchten indes habe man sich auf einen Kompromiss aus Historie, Bestand und dem Kostenfaktor einigen müssen. Die Leuchtköpfe sind nachempfunden, bei der Lackierung diente ein Stück Original-Treppengeländer als Farbvorlage und die Lichtquellen entsprechen aktuellen ener- teich hufeisensiedlung neuköllngetischen Stan- dards. Eine deut- liche Aufwertung erfuhr auch das Herzstück der Siedlung, der Hufeisenteich. „Er wurde mit Plastikfolie gedichtet, ist an einen eigenen Brunnen angeschlossen, mit einer Umwälzanlage versehen und reguliert den rampe hüsung-hufeisensiedlung_neuköllnWasserstand nun durch ein Schwimmersystem selber.“ So würde das Ärgernis eines stinkenden, zwischen Hoch- und Niedrigwasser schwankenden Tümpels fortan der Vergangenheit ange- hören, weiß Henningsen. Nicht realisieren ließ sich dagegen der Aspekt der Barrierefreiheit rund um das Teich-Areal. Auch bei der Rampe, die gegenüber der Freitreppe zum Hüsung hinaus führt, sei es nicht ohne Kompromiss gegangen: Handläufe, die Rollstuhlfahrern und Gehbehinderten die Nutzung erleichtern, und in Abständen in den Asphalt gesetzte Klinkerstreifen, die Sehbehinderten zu mehr Orientierung verhelfen – mehr sei leider nicht möglich gewesen.

Keine Zugeständnisse waren bei der Umgestaltung des nach einem Fritz Reu- ter-Werk  benannten  Hüsung  erforderlich. Die zwischen ochsenblutrotfarbenen  Rei-

hüsung_hufeisensiedlung neukölln jens henningsen_führung hufeisensiedlung_neukölln

henhäusern gelegene Mittelinsel der Straße werde nun wieder ihrer eigentlichen Funktion als Dorfanger gerecht, findet Jens Henningsen. Außerdem beweise sich hier, wie reizvoll das vor fast 100 Jahren in Britz entstandene Ensemble aus Gartenstadt und Großsiedlung noch heute zusammenwirkt.

=ensa=

Wie wahr …

Ein Bild sagt  mehr als viele Worte. Dieses  Stillleben am Rand eines Neuköllner Bür-

rad ab_sommer 2013_neukölln

gersteigs bringt  es auf den Punkt: Der Sommer 2013 hat (bisher) wirklich ein Rad ab.

„Challenge Neukölln“: Viele kleine Dinge besser verstehen

projektpräsentation challenge neukölln_sabine lemke_malik management_bürgerstiftung neuköllnNein, sagen sie, das Ergebnis habe sie nicht überrascht. „Fühlst du dich in Berlins U-Bahn- höfen unsicher?“ hatten Dominik Denkmann (l.), Sahiram Ravikumar (M.) und Ihab Basaleh (2. v. r.) über 50 Mitschüler gefragt. Fast 60 Prozent bejahten das und bestätigten damit das Gefühl, das auch die drei 15-Jährigen begleitet, wenn sie sich in den von den Berliner Verkehrsbe- trieben (BVG) erschlossenen Untergrund der Hauptstadt begeben. Dass ihre Schüler es nicht bei Kritik belassen, sondern nach einer praktikablen Lösung für das Pro- blem gesucht haben, sagt Klassenlehrerin Sabine Lemke (r.), das mache sie stolz – jean-philippe laville_bürgerstiftung neuköllnauch vor dem Hintergrund der Vorurteile, die Neu- köllns Jugendlichen gemeinhin vorauseilen.

Jean-Philippe Laville (l.) von der Bürgerstiftung Neu- kölln kennt die ebenfalls zur Genüge: „Deshalb füh- ren wir seit drei Jahren zusammen mit Malik Ma- nagement Projekte an Schulen des Bezirks durch, die die Schüler motivieren, neue Ideen für die Gesellschaft zu entwickeln und sie Firmen und Politik zu präsentieren.“ Für die Jugendlichen habe das den Effekt, dass sie mit der Logik von Zu- sammenhängen arbeiten und die Kommunikation mit Unternehmen und politischen Entscheidungsträgern trainieren. Für die Erwachsenen wiederum bedeute es eine Chance, die Potenziale von Neuköllner Schülern zu erkennen.  „Ziel ist, in dieser Konstellation die Herausforderungen der Zukunft zu denken und die Ideen einem vergleich hd-kamerasRealitätstest zu unterziehen“, so Lavilles Mitstreiter Henning Höhne, der die Projekt- reihe für die Bürgerstiftung koordiniert.

„Challenge Neukölln“ hieß das Motto in diesem Jahr. Dominik, Ihab und Sahiram, die drei Neuntklässler der Heinrich-Mann-Schule, griffen dafür mit der gefühlten und realen Unsicherheit in U-Bahn-Stationen ein berlinweites Dauerthema auf, stellten Nachforschungen an und brachen es schließlich auf Neukölln herunter. „Bist du für den Einsatz von HD-Kameras in U-Bahnhöfen?“ wollten sie ebenfalls von ihren projektpräsentation challenge neukölln_malik management_bürgerstiftung neuköllnMitschülern wissen: 57 Prozent von denen sprachen sich für die hochauflösenden 360 Grad-Winkel-Kameras aus, stellten das erhöhte Sicherheitsgefühl und die bessere Möglichkeit zur Aufklärung von Straftaten durch eine effektivere Überwa- chung vor datenschützerische Bedenken. „Das“, sagt Sahiram (r.), „sind auch in etwa die Werte, die die BVG ermittelt hatte.“

Wie die Überwachung der unterirdischen Stationen der Berliner Verkehrsbetriebe praktisch abläuft, durften sich die Jugendlichen ebenfalls ansehen. „Die Kontakt- aufnahme begann erstmal damit, dass der BVG-Mitarbeiter beim Stichwort Neuköllner Schule sofort negative Assoziationen hatte“, erzählt Alexander Ortner (l.), der alexander ortner_projektpräsentation challenge neukölln_malik management_bürgerstiftung neuköllndas Projekt für Malik Management begleitete. „Das hat sich aber nach dem Besuch in der Leitstelle für Sicherheit, wo die Schüler die Ergebnisse ihrer Nach- forschungen vorstellen durften, komplett gedreht.“ Mehr noch: Dominik, Ihab und Sahiram bekamen nicht nur Praktika angeboten, sondern seitens des Unter- nehmens auch die Information mit auf den Weg, dass bis zum Ende des Jahres alle Bahnhöfe entlang der U8 mit HD-Technik ausge- stattet werden sein. Das ist zwar nicht die Strecke, mit der sich die Jugendlichen vor- rangig beschäftigt hatten, beweist ihnen aber, „dass wir auf die gleiche Idee wie die Profis gekommen sind.“ projektpräsentation challenge neukölln_malik management_bürgerstiftung neukölln_joschka langenbrinckDass es mit der Umrüstung nicht zügiger gehe bzw. längst passiert ist, sei eine finanzielle Frage. Die Gelder, habe ihnen die BVG mitgeteilt, kämen vom Senat.

Mit Joschka Langenbrinck (r.), der 2011 für die SPD Neukölln ins Berliner Abgeordne-tenhaus gewählt wurde, ist auch die poli- tische Seite bei der Projektpräsentation im Neuköllner Leuchtturm vertreten. „Ich bin Joschka“, stellt er sich vor und erzählt zu- nächst, dass er mit 28 Jahren jüngster SPD-Abgeordneter im Roten Rathaus ist und dort in den Ausschüssen für Bildung, Familie und Jugend sowie Innere Sicherheit und Ort mitarbeite. „Mittelfristig wollen wir, dass alle U-Bahnhöfe auf die Über- wachung mit HD-Kameras umgestellt werden“, informiert er, weist aber auch auf die Wichtigkeit der Anwesenheit von Sicherheitspersonal in den Stationen hin: „Weil Bilder nur beim Identifizieren der Täter helfen, aber Straftaten nicht völlig verhindern können.“ Eindeutig belegt sei jedoch, so Joschka Langenbrinck, dass der ÖPNV in Berlin sicherer geworden und die Zahl der gefassten Täter – nicht zuletzt durch den Einsatz modernster Technik an inzwischen über 20 U-Bahn-Stationen – gestiegen ist.

Wie die funktioniert, muss Dominik Denkmann, Ihab Basaleh und Sahiram Ravi- kumar niemand mehr erklären. Und auch die Koexistenz von Politik und Wirtschaft ist für sie ein wenig durchschaubarer geworden. „Solche außerschulischen Projekte bringen den Schülern schon deshalb enorm viel, weil sie ihren Horizont erweitern“, ist die Erfahrung von Lehrerin Sabine Lemke. Die Jugendlichen würden zwar auch durch „Challenge Neukölln“ nicht die Welt retten, räumt Alexander Ortner ein, aber „sie können viele kleine Dinge und ihr Zusammenspiel besser verstehen.“

=ensa=

Schatten des schönen Scheins

Cool, angesagt, trendy, durchgentrifiziert, teuer, hip, aufgewertet: Dem Reuterkiez – von manchen Kreuzkölln, von einigen Kotzkölln genannt – werden diverse Attribute an-

vermüllung manitiusstraße nansenstraße_neukölln

gehängt, die nie in einem Atemzug mit anderen Neuköllner Kiezen genannt würden. Dabei unterscheidet sich das Viertel stellenweise gar nicht von denen. Das ähnelt Urlaubsregionen, bei denen davon abzuraten ist, von touristischen Trampelpfaden abzuweichen und einmal um die nächste Ecke zu gucken.

Leben, um zu arbeiten

bienen_berliner imkerverein neukölln„In diesem Jahr sind sie gar nicht aus den Socken gekommen.“ Erst der lange Win- ter, dann ein kurzes Wärme-Intermezzo, danach wieder Kälte – das mögen Bienen nicht, weiß der Imker. Rasenmäher, sagt seine Kollegin Gutrun Timm, seien bei ihnen auch äußerst unbeliebt: „Wenn der zum Einsatz kommt, herrscht jedes Mal totale Aufruhr in den Stöcken“. bienenkästen_berliner imkerverein neuköllnDeshalb werde die Person hinter dem lärmenden Gerät auch durch Hut, Schleier, Overall und Hand- schuhe geschützt. Wenn sie sich nicht gestört oder bedroht fühlen seien die Tiere, die in der Rangliste der wichtigsten Lebe- wesen für die Ernährung des Menschen nach Schwein und Rind auf Platz 3 stehen, aber kein bisschen aggressiv.

Gutrun Timm ist eine von 90 Imkerinnen und Imkern, die dem Berliner Imkerverein Neukölln e. V. angehören, der am letzten Wochenende sein 90-jähriges Bestehen feierte und damit zu den ältesten der Hauptstadt gehört. Die Rentnerin imkert seit fast fünf Jahrzehnten und ist nicht nur Ausbilderin für angehende Hobby-Imker, sondern auch Obfrau des Bereiches Zucht imkerin gutrun timm_berliner imkerverein neuköllnbeim Imkerverband Berlin. Das Inte- resse am Besitz eines eigenen Bienenvolks und Honig aus eigener Produktion sei stetig steigend, sagt sie. Entsprechend wichtig ist die Auf- zucht neuer Generationen von Köni- ginnen, Drohnen und Arbeiterinnen: Eine Sommerbiene hat eben nur ei- ne Lebenserwartung von vier bis sechs Wochen. „Winterbienen“, be- merkt Timms Kollege, „bringen es auf insektenhotel_berliner imkerverein neuköllneinige Monate, weil sie mehr ruhen.“

Indes leben die Sommer-Exemplare, um zu arbeiten. Etwa 80.000 Kilometer, also zweimal um die Erde, müssen sie fliegen, bis ein 500 Gramm-Glas Honig gefüllt werden kann. Wobei es sich beim Honig, der es bis zum Verbraucher honig-produkte_berliner imkerverein neuköllnschafft, gewissermaßen nur um Reste handelt: Gut 100 Ki- logramm Honig und 55 Kilo- gramm Pollen verbleiben pro Jahr beim Bienenvolk, um dessen Fortbestand zu sichern: „Nur was über ihren Eigenbedarf hinausgeht, darf vom Imker geerntet klee-wiesewerden.“ In so miesen Honig- jahren wie dem letzten, gerät das zähflüssige Gold leicht zum Luxus-Artikel.

Dabei sind Honigbienen relativ anspruchslos im Hinblick auf das, was sie einsammeln, um es in ihrem Stock abzuliefern. Nur Nektar und Blütenpollen produzierende Pflanzen fliegen sie an: Straßenbäume, Hecken, Schrebergärten, Balkon- kästen, Parks, Grünstreifen inmitten mehrspuriger Straßen. Als Blütenhonig wird später das verkauft, was aus den Waben geschleudert wird, die die bis zu 50.000 Bienen pro Volk gefüllt haben. Darauf, die Blütenarten genau untersuchen zu lassen, um sortenreinen Honig anbieten zu können, verzichtet  man beim Berliner Imkerverein insbesondere aus Kostengründen.

90 jahre berliner imkerverein neukölln angela paschke_gartenführung_berliner imkerverein neukölln

Schließlich steht schon jetzt zu befürchten, dass die über 3.500 Berliner Bienen- völker keine Rekordernte einsammeln werden können.

An ihnen liegt das nicht. Sie sind fleißig wie eh und je, überall im Garten rund um das Vereinshaus der Neuköllner Imker summt es. Vollbepackt kehren die Bienen von ihren Ausflügen zu den Insektennährpflanzen zurück, die hier – nicht zuletzt durch das eifrige Bestäuben durch die Bienen – zu einem wahren Schlaraffenland heran- gewachsen sind. Außerhalb des Grundstücks sieht es anders aus, geben viel Asphalt, Beton und botanische Monokulturen den Ton an, und auch das mögen Bienen gar nicht.

=ensa=

Der Spatz vom Hermannplatz

Höflichkeitsfloskeln sind nicht sein Ding. Er  fragt die Besucher des Restaurant-Cafés

dachterrasse karstadt hermannplatz_neukölln

auf der Dachterrasse  vom Karstadt am Hermannplatz nicht, ob er sich dazu setzen darf, sondern macht es einfach. Auf Gesellschaft kommt es ihm dabei nicht an, oft stört die eher. Wichtiger ist ihm ein ordentlich vollgekrümelter Tisch. Mit der Frage, ob er sich bedienen darf, hält er sich selbstverständlich auch nicht auf. In einem Spat- zenleben ist Schnelligkeit entscheidender als Umgangsformen.

Einfach super!

gruppenbild rollberger superschüler 2013_neukölln„Die Urkunde hängt sie bestimmt in ihrem Zimmer auf“, meint die Mutter von Alma-Ada und sieht stolz auf das von Neuköllns Bezirksbürgermeister und der Schulstadträtin mit blauer Tinte unterschriebene Zertifikat. Ihre Tochter, die bis zum Beginn der Som- merferien die F4 der Regenbogen-Grundschule besucht hat, gehört zu denen, die am vergangenen Montag als Roll- berger Superschüler 2013 ausgezeichnet wurden. Alma-Ada habe sich diese Eh- rung durch „hervorragende Leistungen im erfolgsorientierten Lernen und sozialen giffey_rollberger superschüler 2013_neuköllnVerhalten“  verdient, attestiert die Urkunde.

21 Mädchen und 15 Jungen der beiden im Kiez an- sässigen Schulen haben sie in diesem Jahr im Frei- zeitzentrum Lessinghöhe aus den Händen von Fran- ziska Giffey (l.) erhalten. Einige von ihnen, verrät die Schulstadträtin, seien ihren Mitschülern nicht zum ers- ten Mal durch mehr als schulische Leistungen auf- gefallen und dafür geehrt worden: „Dass Kinder in ihrem positiven Verhalten bestärkt werden, ist eine der wichtigsten Aufgamohamed wendland_aki e.v. neuköllnben, und ich danke auch allen Eltern und Lehrern, die das unter-stützen.“

Schon seit 2008 gibt es den kiezinternen Wettbewerb, der vom Arabischen Kulturinstitut (AKI) e. V. initiiert wurde. Statt einer Jury sind es die Mitschüler, die vorschlagen und ent- scheiden, wer zum Rollberger Superschüler gekürt wer- den soll. Und statt bemerkenswerter Zensuren sei es ins- besondere ein vorbildliches soziales Verhalten und Enga- gement, das honoriert wird, erklärt AKI-Vorstandsmitglied Mohamed Wendland (r.), wendland_mengelkoch_giffey_ziemann_rollberger superschüler 2013_neuköllndenn schließlich würden die Kinder einmal die Stütze unserer Gesellschaft sein.

Das Rüstzeug, das den 36 Ausgewählten von ihren Mitschülern bescheinigt wird, ist breitgefächert.  Fleißig, immer zuverlässig, aufmerksam, hilfsbereit, gut gelaunt, wissbegierig, verantwortungsvoll, besonnen, Leistungen deutlich verbes- sert, freundlich, geduldig, ehrgeizig: Emily und Paula, zwei  Schülerinnen der  Regen-

ehrung_rollberger superschüler 2013_neukölln rollberger superschüler 2013 ehrung_neukölln

bogen-Grundschule, die zusammen mit AKI-Mitarbeiterin Manon Ziemann durchs Programm führten, baten nicht nur namentlich jeden einzeln auf die Bühne, sondern nannten auch die Begründungen, die zur Auszeichnung geführt hatten.

superschülerinnen_rollberger superschüler 2013_neuköllnAls Belohnung gab es für die Erst- bis Zehntklässler der Regenbogen- und Zuckmayer-Schule neben der Urkunde eine Medaille vom Neuköllner Migrations- beauftragten Arnold Mengelkoch; anschließend über- reichte Mohamed Wendland einen von der schokoriegel_rollberger superschüler 2013_neuköllnHugendu- bel-Filiale in den Neukölln Arcaden gestifteten, mit Sü- ßigkeiten dekorierten Büchergutschein.

Gegen welches Buch der eingetauscht wird, wo die Medaille ihren Platz findet und ob die Urkunde Zimmer- schmuck oder doch besser in der Zeugnismappe abgelegt werden soll – in diesen Punkten herrschte bei vielen der Rollberger Superschüler noch Unschlüssigkeit. Für die Verwendung der Schokoriegel galt das nicht.

=ensa=

Neukölln – Ústí nad Orlicí – Neukölln

Usti nad Orlici_StadtfestEs hat Tradition, dass eine Delegation der Freunde Neuköllns in die tschechische Part- Stadtfest_Usti nad Orlicinerstadt Ústí nad Orlicí reist, um dort am Stadtfest teilzu- nehmen. Am zwei- ten Juni-Wochen- ende war es wieder soweit. Auch drei Nachfahren einst nach Rix- dorf eingewanderter böhmischer Glaubensflüchtlinge hatten sich diesmal der Gruppe angeschlossen: Sie wohnen heute nicht nur in Neukölln, sondern auch in Biesenthal Hochwasser 2013_Tschechienund Braunschweig.

Dramatische Ereignisse verhinderten eine pünkt- liche Ankunft der Neuköllner in Ústí nad Orlicí. Zwei Stunden länger als üblich brauchte der Zug, Region Usti nad Labemder wegen Überflu-tungen im südli- chen Brandenburg, in Sachsen und be- sonders in der Region um Ústí nad Labem nur Schritt- tempo fahren konnte. Karel Pokorny, der Chefredakteur der Lokalzeitung Orlicky Denik, musste folglich eine Weile auf seine Gäste warten. Bei dem Gespräch mit ihm ging es vor allem um den örtlichen Arbeitsmarkt und die Nachnutzung des Areals der ehemaligen Textilfabrik Perla, die einst auch den Schlafanzug der Queen nähte und bei der vor ein paar Jahren 800 Beschäftigte ihren Job verloren. Das Abendessen im Hotel Uno wurde zusammen mit Mitgliedern des Chors Alou Vivat eingenommen, der schon in Neu- Aussichtsturms Andrluv Chlumkölln war, um beim Rixdorfer Weihnachtsmarkt aufzutreten.

Auf dem Besuchsprogramm des nächsten Tages standen der Flugplatz und ein Abste- cher in den Vorort Cernovir, wo Ende August wieder das Rolovani als tschechisches Pen- dant zum Rixdorfer Strohballenrollen Popráci stattfindet. Nach der Besteigung des Aus- sichtsturms Andrluv Chlum, die mit einem grandiosen Überblick belohnt wurde, ging Rathaus Usti nad Orlicies zum traditionellen Stadtfest auf dem zentralen Platz des Friedens. Zuvor aber wurde die Delegation aus Neukölln im Rathaus von Ústí nad Orlicís Bürgermeister Petr Hajek (3. v. r.) und seinem Stellvertreter Zdenek Espandr (4. v. r.) empfangen.

Horni CermnaAm Sonntag stand bereits am frühen Morgen die Abfahrt zum Ausflug nach Horní Cermná auf dem Programm. Aus diesem 1.000-Seelen-Ort stammen die meisten protestan- testantischen Glaubensflüchtlinge, die seinerzeit nach Rix- dorf gekommen waren. Nach dem zweisprachigen Gottes- dienst wurden die Neuköllner von der Gemeinde zu Kaffee und selbstgebackenem Kuchen eingeladen. Gemeinsam Grundschule Horni Cermnawurden anschließend die Grundschule und die auf dem 491 Meter hohen Marienberg erbaute Wallfahrtskirche Klein-Mariazell an der europäischen Wasserscheide zwischen Nordsee und schwarzem Meer besucht. Extra für die Gäste verwandelte sich die Dorfschänke von Horní Horni Cermna_Bürgermeisterin Hana MotlovaCermná zum Res- taurant, in das Bür- germeisterin Hana Motlova (r.) zum Mittagessen ein- geladen hatte. Hieran nahmen auch drei ehemalige Bürgermeister des Ortes teil – darunter Petr Silar, der inzwischen Mitglied des tschechischen Senats und Abgeordneter im Regionalparlament ist. Nach der Besichtigung des Heimatmuseums in Dolni Cermná, Heimatmuseum Dolni Cermnadessen Ausstellungs- stücke von den Anwoh- nern stammen und das auf dringend auf größere Räume hofft, wurde eine pensionierte Lehrerin besucht, die früher viele Schüler-Austausche zwischen den bei- den Partnerstädten organisiert hatte. Auf dem Rückweg machte die Gruppe noch beim Kloster auf dem Mut- tergottesberg nahe Kraliky und an einem Stausee Halt. Das Abendessen wurde in dem frisch restaurierten Fort Tvrz in Letohrad eingenommen.

Am letzten Tag ging es beim Gespräch mit einer Lehrerin des Gymnasiums in Ústí nad Orlicí erneut um das Thema Schüler-Austausch. Von 1993 bis 2007 wurde der zwischen der tschechischen Schule und der Neuköllner Clay-Oberschule prak- tiziert, von 1993 bis 2004 auch mit dem mit dem Albert-Einstein-Gymnasium. Wie es gelingen könnte, ihn zu reaktivieren, war der zentrale Punkt der Zusammenkunft, der Litomyslsich eine Stippvisite in der malerischen Friedrich Schloss LitomyslSme- tana-Stadt Litomysl anschloss, die be- sonders mit dem imposanten Schloss mit seiner außerge- wöhnlichen Sgraffi- to-Fassade zu beeindrucken wusste. Letzte Station auf dem Programm war schließlich eine Führung durch die Pädagogische Schule, in der Erzieherinnen und Erzieher schwerpunktmäßig in Musik, bildender und darstellender Pädagogische Schule LitomyslKunst ausgebildet werden. Überall in der Schule, selbst auf dem Dachboden, gibt es hier die Möglichkeit zur Präsentation eige- ner Werke.

Im nächsten Jahr kann die Städtepart- nerschaft zwischen Neukölln und Ústí nad Orlicí ihr 25-jähriges Bestehen feiern: Auf der Rückfahrt entwickelten die Freunde Neuköllns die Idee, anlässlich dieses Jubi- läums eine böhmische Linde in der tsche- chischen Partnerstadt zu pflanzen. Mal sehen, ob der Vorschlag eine Mehrheit bei den Mitgliedern findet. Ein Plätzchen würde sich sicher finden lassen.

=Bertil Wewer=

Liebes Tagebuch!

Ist das Kunst oder kann das weg? Ja! Mit ihrem Journal à ciel ouvert, das anlässlich des Festivals 48 Stunden Neukölln entstand, wollen Hélène Pintier und Roberto Duarte nicht nur Gedanken von Anwohnern und Besuchern des Flughafenkiezes  öf-

journal a ciel ouvert_boddinplatz_neukölln journal a ciel ouvert_boddinplatz neukölln

fentlich zugänglich machen. Zugleich geht es ihnen auch um den Verfallsprozess des Tagebuchs unter freiem Himmel. Noch sind die mit Kreide auf das Pflaster vom Bod- dinplatz geschriebenen Texte gut zu lesen und könnten die Verweildauer manches Passanten auf dem Platz deutlich verlängern.

Hinter die Fassade gucken

Was einmal mit dem alten Umspannwerk in der Richardstraße geschehen soll, weiß vermutlich nicht mal dessen Eigentümer ganz genau. Galerien, Lofts, Ateliers, Läden,

altes umspannwerk richardstraße_neukölln hof_altes umspannwerk richardstraße_neukölln

Werkstätten – es gäbe vieles, was sich in dem fünfgeschossigen, zwischen 1926 und 1928  errichteten Backsteinbau  unterbringen ließe, in dem einst  der von Kraftwerken

treppenhaus_altes umspannwerk richardstraße_neukölln 1. etage_altes umspannwerk richardstraße_neukölln

gelieferte  Strom für den Hausgebrauch von 30 auf 6 kV um- bzw. abgespannt wurde.

Momentan werden die über 2.200 imposanten Quadratmeter von Künstlern bespielt: „Zwischen Welten“ heißt das Ausstellungsprojekt des Fotodesigners Ulrich Hee- mann, des im kanadischen  Montreal  geborenen Malers  Patrick Lemke, der Malerin-

ulrich heemann_altes umspannwerk richardstraße_neukölln u. heemann_altes umspannwerk richardstraße_neukölln p. lemke_altes umspannwerk richardstraße_neukölln patrick lemke_altes umspannwerk richardstraße_neukölln dominika schönfeldt_altes umspannwerk richardstraße_neukölln d. schönfeldt_altes umspannwerk richardstraße_neukölln w. steinhoff_altes umspannwerk richardstraße_neukölln wanda steinhoff_altes umspannwerk richardstraße_neukölln

nen Dominika Schönfeldt und Wanda Steinhoff sowie einer Gruppe von Schau-spielern und Performance-Künstlern, das Anfang Juni eröffnet wurde. Noch zwei Tage feuermelder_altes umspannwerk richardstraße_neuköllnbietet es die Gelegenheit, Blicke hinter die Fassade des alten Umspannwerks zu werfen und Kunst an einem außer-schafstall_altes umspannwerk neuköllngewöhnlichen Ort zu erleben.

Am 22. Juni ver- abschiedet sich die Ausstellung „Zwischen Welten“ mit der Performance „Sommertraum“.

Donnerstag sind die Werke der Künstler noch einmal von 18 bis 22 Uhr  und  Samstag  ab  15  Uhr  zu sehen.

=ensa=

Anpassung statt Umbau

insek tempelhofer freiheit-verflechtungsgebieteNach einer Stunde geduldigen Zuhörens reichte es manchem aus dem Publikum. Lange genug hatten Stadtplaner des Ber- liner Senats und der Planergemeinschaft Kohlbrenner eG ihre Mischung aus Wahr- scheinlichkeitsrechnung und Mengenleh- re rund um das Tempelhofer Feld zum Besten gegeben. „Beim ersten Treffen gab es noch den Ansatz, dass die Kieze besser miteinander vernetzt werden sollen. Davon ist jetzt nichts mehr zu sehen! Stattdessen deutet alles darauf hin, die größten sozialen Verwundungen stillen zu wollen“, empörte sich ein Mann. „Die aktuelle Planung macht den Kiez um die Silberstein- straße zum Vakuum! Was ist aus der Idee geworden, da ein Familienzentrum einzurichten? Wurde die gestrichen?“, monierte eine Frau.

2.Stadtwerkstatt_INSEK Tempelhofer FreiheitEtwa 50 Leute waren zur 2. Stadtwerkstatt in die Zollgarage des ehemaligen Flug- hafens Tempelhof gekommen, die meisten von ihnen Anwohner der Kieze rund um das Tempelhofer Feld. Verflechtungsge- biete werden die nun genannt, weil der Senat nicht nur auf der Freifläche in Form eines Masterplans Großes vorhat, sondern durch ein Integriertes Stadtentwicklungs- konzept (INSEK) auch in den Anrainerbe- reichen strukturelle und bauliche Veränderungen geschaffen werden sollen. Auf Neuköllner Grund und Boden wird davon das Quartier um die Schillerpromenade dirk böttcher senstadt_2. insek tempelhofer feldund die Silbersteinstraße betroffen sein.

Diese beiden Kieze sollen durch das Programm Stadt- umbau West gefördert werden. Wobei man nicht von einem Stadtumbau sprechen könne, betonte Senats- mitarbeiter Dirk Böttcher (r.): „Es ist eine Anpassung, bei der mehr Verbindungen zum ehemaligen Flugfeld ent- stehen und die Infrastruktur in den Gebieten gestärkt werden soll.“ Über 10 Jahre solle sich der Förderzeit- raum etwa belaufen und jährlich um die 3 Millionen Euro in jeden der Verflechtungsbereiche fließen lassen – für Wegbegrünungen, Querungsmaßnahmen und die Sa- nierung von Kitas, Schulen und Jugend-Freizeitein- richtungen. „Dass es mit dem angeregten Umbau des Kindergartens in der Silber- steinstraße zum Familienzentrum nicht klappen wird“, begründete Böttcher, „hat udo dittfurth planergemeinschaft_corinna borch senstadt_2. insek tempelhofer felddamit zu tun, dass  Sanierungen in gemieteten Räumen nicht förderfähig  sind.“

Das wollte auch Udo Dittfurth (l.) von der Planergemeinschaft nicht dementieren, grundsätzlich verwies er aber darauf, dass man sich zunächst erst in der Phase befinde, „strategisch an den Raum zu gehen“. Das sei in etwa mit der Entschei- dung für eine Region für die nächste Urlaubsreise vergleichbar: „Vor den nächsten Schritten ist noch Zeit zum Nach- denken.“ Die Grundlagen für dieses Nachdenken, so Dittfurth, würden die Anregungen bilden, 2. insek tempelhofer freiheit_maßnahmenplandie im Bürgerbeteiligungs- verfahren geäußert wurden oder noch werden. Aus ihnen sei einerseits ein 112 einzelne Punkte umfassender Maßnahmenplan entwi- ckelt worden, und andererseits habe man eine kommentierte, bereits mit Prioritäten versehene Maßnahmenliste erstellt.

Im Bereich der Hasenheide liegt die höchste Dringlichkeit auf straßenbaulichen Projekten, im Schillerkiez auf Gehwegausbes- serungen, einer Umgestaltung des entwidmeten St. Thomas-Friedhofs zur Grün- fläche, der Sanierung von Spielplätzen sowie einer geregelten Querungsmöglichkeit ursula flecken planergemeinschaft_2. insek tempelhofer feldüber die Hermann- in Höhe der Thomas- straße. Im Silbersteinkiez ist es die Sanierung der Kita Rappelkiste, die die aktuelle Prioritätenliste anführt. „Außer- dem“, erklärte Dittfurths Kollegin Ursula Flecken (l.), „soll mit einer Parksuchver- kehr-Analyse herausgefunden werden, welche Maßnahmen unter diesem Aspekt in den Kiezen notwendig werden.“ Alles in allem, meinte die Architektin, gehe es darum, durch die Bündelung von Projekten in räumlich erkennbaren Gebieten Impulse für die Entwicklung der Verflechtungsbereiche zu schaffen.

Wenn alles wie geplant verläuft, werde der Berliner Senat die laut Dirk Böttcher im August zum Stadtentwicklungsgebiet erklären. Ab 2014 gebe es dann Geld. Dass sich die Folgen des Zensus – sprich die Rückzahlungen und Kürzungen beim Länderfinanzausgleich – auf die Höhe der Fördermittel  auswirken, hält der Stadt- planer für unwahrscheinlich. Auch wegen des hohen Drittmittelanteils, der von den Schulverwaltungen als Beteiligung für die Sanierung von Bildungseinrichtungen erwartet werde. „Aber letztlich“, sagt Böttcher, „ist natürlich alles vom Haushalts- beschluss im November oder Dezember abhängig.“ Erst mit dem entscheidet sich, wohin die Reise für die Kieze rund ums Tempelhofer Feld geht.

Anregungen für das Integrierte Stadtentwicklungskonzept können noch bis zum 20. Juni 2013 an mail[at]planergemeinschaft.de geschickt werden (Stichwort: INSEK Tempelhofer Freiheit und Umfeld).

=ensa=

Mit dem Start im Blick ins Ziel

Rudern ist eine Kunst. Das bestätigt nicht nur die Aufnahme der 8. Ruderregatta Neu- köllner Unternehmen ins Programm des Kunstfestivals 48 Stunden Neukölln, son- dern ließ  sich gestern auch  in diversen  Könnensstufen auf  dem  Neuköllner  Schiff-

regattastrecke_8. ruderregatta neuköllner unternehmen frauen-vierer_8. ruderregatta neuköllner unternehmen halbfinale frauen_8. ruderregatta neuköllner unternehmen vierer_8. ruderregatta neuköllner unternehmen ziel_8. ruderregatta neuköllner unternehmen mixed-team moll marzipan_8. ruderregatta neuköllner unternehmen

fahrtskanal beobachten. Eindeutig aber wurde auf dem nassen Element vor dem Estrel Hotel dem Festivalthema Perspektivwechsel exzessiv gehuldigt: Denn beim Gros sportkünstlerischer Disziplinen geht es schließlich darum, vorwärts und nicht mit dem Rücken voran über die Ziellinie zu kommen.

18 auf einen Streich

2_nemona pop up store_karstadt hermannplatz_neuköllnShops im Shop im Shop – mit die- sem System hat der Karstadt am Hermannplatz sein Sortiment erheb- lich erweitert: Auf einer Aktionsfläche im Erdgeschoss – zwischen Socken, Taschen und Koffern und Lillifee-Aller- lei – wurde vorgestern der Nemona Pop Up Shop  eröffnet, in dem wiede- rum 18 Designer ihre Produkte an- 3_nemona pop up store_karstadt hermannplatz_neuköllnbieten.

Alle ge- hören dem  Netzwerk Mode & Naehen Neukölln  an, haben sich dem Kreieren von Damen- oder Herren- bekleidung oder Accessoires verschrieben und wohnen oder arbeiten im Bezirk. Letzteres, sagt Clemens Mücke von der Wirtschaftsförderung des Neuköllner Bezirksamts, nehme man aber nicht so genau: „Wer in der direkten Nachbarschaft im Graefekiez in Kreuzberg lebt oder sein Atelier hat, konnte sich auch bewerben.“ Unabdingbar war jedoch, dass das Label 1_nemona pop up store_karstadt hermannplatz_neuköllnüber personelle und finanzielle Ressour- cen zur Beteiligung an den entstehenden Kosten und der Betreuung des Shops verfügt, die mit einer Verkaufsschulung vor- bereitet wurde.

Jeder der 18 Designer müsse während der 16 Tage, an denen der Nemona Pop Up Shop von 10 bis 20 Uhr geöffnet ist, vier Schichten übernehmen, wobei immer Mit- arbeiter von zwei Labels parallel vor Ort seien, erklärt Gabriele Prellwitz, die Chefin von  anyonion strickdesign (l.). „Außerdem“, sagt sie, „zahlen wir  Designer für Styling,

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Modenschau, Models, Bürokram und solche Dinge.“ Die Finanzierung der rund 7.000 Euro für die Verkaufsfläche, die, so Clemens Mücke, ob ihrer Lage zum Premium- bereich innerhalb des Karstadt-Warenhauses gehöre, erfolgt indes über das vom Bezirksamt und der Berlin Partner GmbH unterstützte Netzwerk. Dass sich auch für die Karstadt-Filiale Synergieeffekte aus der Vermietung ergeben, davon ist Mücke überzeugt: „Unsere Designer und Events ziehen ja doch ein anderes Publikum an.“

In erster Linie verfolgt der temporäre Shop der 18 Labels , dessen Eröffnung mit einer Modenschau gefeiert wurde, aber laut Sabine Hülsebus von Nemona das „Ziel, in der

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Zukunft ein permanentes Fashionkaufhaus zu entwickeln.“ Mit individueller Damen- und Herrenmode von elegant bis sportlich in limitierten, meist öko- und sozialfair produzierten Serien, Bademoden und Underwear, Taschen, Schmuck und Upcycling-Accessoires. Dass es auch Durststrecken zu überwinden gilt, lernen die Designer neben den organisatorischen Aspekten gleich mit. „Schon jetzt ist nicht viel los im Karstadt“, sagt Gabriele Prellwitz, „und ab Dienstag sind dann noch Ferien.“

Der Nemona Pop Up Shop gastiert noch bis zum 29. Juni bei Karstadt am Hermannplatz und wird durch folgende Events ergänzt:

Heute ab 18 Uhr: Fotostudio fürs Publikum mit dem Fotografen Steven Kohlstock / 22. Juni ab 17 Uhr: Live-Painting-Aktion auf Textilien mit Gabriel Bur vom Label Berlin-My-Inspiration® / 28. Juni ab 18 Uhr: Finissage, Sale und Auktion mit der Theatergruppe vom Fujiama Nightclub.

=ensa=

Neukölln als Parcours für Perspektivwechsler

v. l.: Festivalleiter Dr. Martin Steffens, Auguste Kuschnerow (Kulturnetzwerk Neukölln), Kulturstadträtin Dr. Franziska Giffey, Francesco Mammone (Reihe "Kunst und Kult"), Festivalleiter Thorsten Schlenger, Andrea Klahold (Neukölln Arcaden)

v. l.: Festivalltg. Dr. Martin Steffens, Auguste Kuschnerow (Kulturnetzwerk Neukölln), Kul- turstadträtin Dr. Franziska Giffey, Francesco Mammone (Reihe „Kunst und Kult“), Festivalltg. Thorsten Schlenger, Andrea Klahold (Neukölln Arcaden)

Gutes Schuhwerk, das ist es, was Neuköllns Kulturstadträtin Dr. Fran- ziska Giffey allen empfiehlt, die sich am Wochenende auf die Spuren der Kunst im Bezirk begeben. Denn heute geht 48 Stunden Neukölln in die 15. Runde – und das bedeutet: bis Sonntagabend etwa 400 Ver- anstaltungen, die das Jahresthe- ma „Perspektivwechsel!“ umset- zen, an 250 Orten. Immerhin seien es gut 30 Prozent weniger als noch im Vorjahr, erinnert Auguste Kusch- nerow vom Kulturnetzwerk Neukölln e. V., das das Festival veranstaltet.

Verschlankt kommt es nun also daher, und das betrifft nicht ausschließlich die Zahl der Veranstaltungen und Orte. Mit „Kultur- und“ hat es den Ballast von drei Silben und einem Bindestrich abgeworfen. martin steffens_auguste kuschnerow_48 stunden neukölln-pkDas Kunstfestival 48 Stunden Neukölln heißt es jetzt nur noch“, betont Dr. Martin Steffens und geht auf weitere Neuerungen ein: Die Beiträge der Künstler sollen stärker als bisher auf das jeweilige Jahresthema konzentriert sein, und Galerien ohne speziell auf das Festival- thema zugeschnittene Ausstellungen oder Events sind künftig keine Teilnehfranziska giffey_francesco mammone_thorsten schlenger_48 stunden neukölln-pkmer mehr, die im Pro- gramm bewor- ben werden, sondern nur noch „assoziierte Orte“. So sei es im letzten Herbst bei einer Zukunftswerkstatt mit diversen Beteiligten be- schlossen worden, sagt der langjährige Festival- leiter, der – auch das ist neu – in diesem Jahr zusammen mit Thorsten Schlenger als Doppel- spitze agiert. Erklärtes Ziel sei, das relativ alte, inzwischen mehrfach kopierte Format des Festivals in eine zeitgemäße Form zu bringen, um gegenüber den Nachahmern die Nase vorne zu behalten. Dazu gehört auch ein neues Corporate Design rund um info-stand neukölln arcaden_48 stunden neuköllndas etablierte 48 Stunden Neukölln-Logo.

„Hier ist Kunst“, allgegenwärtig ist der Schriftzug derzeit im Bezirk. „Da ist Kunst“ heißt es heißt es auf den außerhalb Neu- köllns ausliegenden Orientierungsplänen. Den Effekt, dass wegen des Festivals „Menschen kommen, die sonst nicht den Weg nach Neukölln finden“, schätzt auch Franziska Giffey. Damit sie sich nicht verirren und Einheimische im Event-Overkill ebenfalls den Überblick behalten, hat das junge Neuköllner Unternehmen Quar- terland eine Festival-App entwickelt. „Mit einer Echtzeitkarte“, erklärt Torsten Fischer, „werden den Usern von Smartphones 48 stunden neukölln-pkoder Tab- lets nur Veranstaltungen angezeigt, die gerade in unmittelbarer Nähe stattfinden.“

An die Nicht-ohne-mein-Smartphone-Generation ist also gedacht – und den so genannten Silver- Agern wird in diesem Jahr erstmals eine eigene Festivalreihe gewidmet: Im Labor Urbanes Altern, das in der 1. Etage der Neukölln Arcaden ein- barbara duisberg_labor urbanes altern_neukölln arcaden_48 stunden neukölln-pkgerichtet ist, sol- len die Senioren stärker in den Fo- kus genommen und einbezogen werden. Neben einer Ausstellung der Berliner Künstlerin Barbara Duisberg gibt es Audio-Installationen, ein Medien-Center, Performances und verschiedene Projekte, die auf die Förderung des intergenerativen Dialogs ausgerichtet sind und somit zum Perspektivwechsel einladen. „Dieses Anliegen“, informiert Thorsten Schlenger, der die Reihe betreut, „wird auch bei den nächsten Festivals fortgesetzt.“ Die Wohnungsbaugesellschaft Stadt und Land habe bereits das Sponsoring für 2014 labor urbanes altern_48 stunden neukölln-pkund 2015 zugesagt.

Einen weiteren 48 Stunden Neukölln-Schwer- punkt schafft die Veranstaltungsreihe Kunst und Kult – Stimmen der Religionen, die von Fran- cesco Mammone kuratiert wurde. „Hier liegt der Akzent auf dem Dialog zwischen Künstlern und Gemeinden“, erklärt er. Fünf Gotteshäuser in Neukölln beteiligen sich an der Reihe, ebenso fünf Künstler: „Bei der Zuordnung war es uns wichtig, dass sie nicht der entsprechenden Glaubensgemeinschaft angehören.“ Das Ergeb- nis seien intensive, künstlerisch-religiöse Aus- einandersetzungen einer Buddhistin mit der katholischen Sankt-Clara-Gemeinde, einer Ka- tholikin mit der Sehitlik-Moschee, einer Muslima mit der Herrnhuter Brüdergemeine, eines muslimisch-katholisch sozialisierten Künstlers mit der evangelischen Gene- zareth-Gemeinde und einer Künstlerin, die im griechisch-orthodoxen Umfeld auf- geheimnisvolle tür_48 stunden neukölln-pkwuchs, mit dem Sri-Ganesha-Hindutempel.

Heute um 19 Uhr wird das Kunstfestival, im Kesselhaus der ehemaligen Kindl-Braue- rei an der Werbellinstraße eröffnet. Bis Sonntagabend kann dann, so Auguste Kuschnerow, die Sichtweise auf Fremdes geschärft und das Wechseln von Stand- orten und Perspektiven erlernt werden. Wer das mit dem 28-seitigen Programm als Wegbegleiter tun will, sollte nicht nur an gutes Schuhwerk, sondern – bei nicht mehr ganz so guten Augen – auch an die Lese- brille denken. Sonst bleibt die Sichtweise auf weite Passagen des Heftes ver- schwommen und wird das Wechseln von Standorten und Perspektiven zur echten Herausforderung.

=ensa=

Britz‘ Tierleben

schwäne_britz_neukölln

(auf dem Britzer Kirchteich)

Katastrophal …

… sieht es vor dem denkmalgeschützten Gebäude im Mittelbuschweg 8 aus, wo bis vor drei Jahren die Unterhaltsvorschuss-Stelle des Neuköllner Jugendamts ihren Sitz

mittelbuschweg 8_neukölln

hatte. Um Katastrophales geht es aber auch hinter der Sperrmüllhalde: Das fast 100 Jahre alte Gebäude beherbergt nun das Katastrophenschutzlager des Bezirks Neu- kölln mit massenweise Geschirr, Schlafsäcken und anderen Dingen, von denen man hofft, dass sie nie gebraucht werden.

Zwischen Bademeister und Security: 35 neue Konfliktlotsen für zwei Berliner Freibäder

schwimmtraining_bleib cool am pool_columbiabad neuköllnDer Countdown läuft. Noch 10 Tage, dann ist es für Yüksel Sara vorbei mit Rollen- spielen, Erste Hilfe-Lektionen, Schwimm- training und Kommunikationsübungen: Ab 21. Juni wird der 52-Jährige als Konflikt- konfliktlotsen-strategie_bleib cool am pool_columbiabad neuköllnlotse des Projekts „Bleib cool am Pool“ im Neuköll- ner Columbiabad oder im Prinzen- bad in Kreuzberg eingesetzt, um das während der Ausbildung Erlernte anzuwenden. Aber aufgeregt, nein, das war er nur in der letzten Woche, als Berlins Innensenator Frank Henkel mit einem Pressetross im Schlepptau vor Ort war, um sich über die Aufgaben und Arbeitsweise des Prä- konfliktlotsen-strategie_bleib cool am pool_sommerbad neuköllnventionsteams zu informieren. „Ich bin doch nur ein kleiner Ein-Euro-fünfzig-Jobber, der das hier ehrenamtlich macht, und nicht so ein hohes Tier wie Herr Henkel“, entschuldigt sich Yüksel Sara (2. v. l.) für den Fall, dass sascha benger+yüksel sara+bleib cool am pool-team_columbiabad neuköllnman ihm die Auf- regung zu sehr an- gemerkt haben sollte.

Dabei wirkt der Familienvater und dreifache Opa aus dem Rollbergkiez, als könne ihn so schnell nichts aus der Ruhe bringen. Das prädestiniert ihn für die Tätigkeit als Kon- fliktlotse. „Die Teilnehmer des Projekts sind kein Security- Ersatz, sondern eine Ergänzung zwischen Schwimmmeistern und Sicherheits- personal“, betont Michael Lisowski (M.). Er ist leitender Präventionsbeamter der Poli- zeidirektion 5, hartmuth kurzhals+michael lisowski+frank henkel_bleib cool am pool_columbiabad neuköllndie „Bleib cool am Pool“ im dritten Jahr gemeinsam mit den Berliner Bäderbetrieben (BBB) und der Gesellschaft für Sport- und Jugendsozial- arbeit (gsj) durchführt: „Es geht darum, ganz banale Probleme auf kommunikativer Ebene zu lösen und den Anspruch der zahlenden Badegästen, dass sie sich hier wohlfühlen können, zu gewährleisten.“

Das schlechte Image haftet am Columbiabad wie Hundekacke am Schuh. Mit der Wirklichkeit, die seit dem Einsatz der Sicherheitsleute und Konfliktlotsen Alltag ist, habe es jedoch nur wenig zu tun, sagt Lisowski. Hartmuth Kurzhals (l.), Leiter des Projekts bei der gsj, bestätigt das: „In den letzten zwei Jahren hat es hier keinen einzigen Polizei- bleib cool am pool_sommerbad neuköllneinsatz gegeben.“ Einsätze der Konfliktlot- sen gab es jedoch reichlich: Sei es, dass Kinder getröstet werden mussten, die ihre Eltern im Getümmel verloren hatten, oder kleinere Verletzungen zu verarzten waren. Hinweise darauf, dass Müll in die Müll- eimer gehört, seien ebenfalls an der Tagesordnung. Und wer dabei erwischt wird, dass er die Reste von Wassermelo- nen einfach auf dem Rasen liegen lässt, wird an das Risiko erinnert, dass sie Wespen anziehen, die wiederum eine Gefahr für nackte Füße bedeuten.

Manche Leute müssten eben immer wieder zum Nachdenken und empathischen Handeln aufgefordert werden, weiß Michael Lisowski. Wie das in der Praxis aussieht, demonstrieren die Konfliktlotsen dem Innensenator mit zwei Rollenspielen, die unter dem Oberbegriff Deeskalationsübungen stehen: Freundlich und ruhig sprechen Yüksel Sara und seine Kollegin die beiden Mädchen an, die es sich mit einer Wasserpfeife auf der Wiese gemütlich gemacht haben. Selbstverständlich erfahren deeskalations-übung_bleib cool am pool_columbiabad neuköllnsie unmissverständlich, dass das verboten und sofort zu unterlassen sei. Zur Strategie gehört jedoch auch immer der Hinweis auf die Gefahren, die vom Fehl- verhalten ausgehen könnten. Die Mädchen signalisieren zwar, dass sie keine Lust haben, ihre Shisha-Session abzubrechen, tun es aber doch – und Yüksel Sara hofft, frank henkel+bleib cool am pool-team_columbiabad neuköllndass er bei echten Einsätzen ebenso erfolgreich ist. Frank Henkel (M.) attestiert den Konfliktlotsen, dass ihre besonnene Art der Kommunikation gut in seinen Wertedialog zur Gewaltprävention passen.

Am Sprungturm, wo ein dezentes Gerangel ge- mimt wird, kommt der Aspekt der Möglichkeit zur interkulturellen Ansprache hinzu. „Das ist wichtig“, findet Yüksel Sara, „weil Migranten mehr zuhören, wenn sie in ihrer Muttersprache von Landsleuten ange- erste hilfe_bleib cool am pool_columbiadad neuköllnsprochen werden.“ Es sei aber keinesfalls so, räumt der Präventionsbeamte Lisowski ein, dass per se von Störenfrieden mit Migrationshintergrund ausge-gangen werde und das Konfliktlotsen-Team entspre- chend besetzt wurde: „Bei den 35 Leuten, die die zweimonatige Ausbildung durchlaufen haben, ist alles vertreten, jung und alt, männlich und weiblich, Migranten und Bio-Deutsche.“ So können man mit einem repräsentativen Querschnitt der Badegäste aufwarten.

Die Gründe, weshalb sich die Ehrenamtlichen für ein besseres Miteinander in Berliner Freibädern einset- annette siering+frank henkel+burkhard von walsleben+michael lisowski+hartmuth kurzhals_bleib cool am pool_columbiabad neuköllnzen, Konflikte bereinigen und Erste Hilfe leisten, sind vielfältig. Bei manchem ist es vielleicht die Motivation, wie Frank Henkel vermutet, das Ange- nehme mit dem Nützlichen zu verbinden. Bei anderen lockt möglicherweise die Aufwandsent- schädigung, die im Rahmen der Übungsleiterpau-schale gezahlt wird. Eine Anerkennung von anderer Seite präsentiert Burkhard von Walsleben (M.) im Columbiabad: Die Volker-Reitz-Stiftung, deren Vorstandsvorsitzender er ist, spendet 500 Euro für das Projekt. Das Geld werde in die Ausstattung der Konfliktlotsen frank henkel+annette siering+falko liecke_bleib cool am pool_columbiabad neuköllnfließen, die in diesem Jahr außer der blauen Shirts zusätzlich Jacken und Hosen gestellt bekommen, sagt Hartmuth Kurz- hals. Auch das Bezirksamt Neukölln, vertreten durch Jugend- und Gesundheits- stadtrat Falko Liecke (2. v. l.) gehört zu den „Bleib cool am Pool“-Unterstützern und spendet im Beisein von Henkel und BBB- Vorständin Annette Siering Erste Hilfe-Kits für die Teilnehmer.

Yüksel Sara würde sich auch ohne diese Sach- und monetären Werte als Konfliktlotse engagieren. Seine Familie sei häufig im Columbiabad, erzählt er, das sei Grund genug, und es ärgere ihn, dass das Bad einen so schlechten Ruf hat. Das zu ändern, dabei will er mitwirken. Und An- sprechpartner für die Badegäste sein, die ein Problem haben, das nicht vom Schwimmmeister oder den Security-Leuten gelöst werden muss.

=ensa=