Roma, das sind die, die … Danach reiht sich meist ein Klischee an das nächste. Gibt man noch das Stichwort Kultur dazu, wird wieder tief in die Stereotypen-Kiste gegriffen, um Folkloristi- sches hervor zu holen: Gipsy-Bands und Musi-
kanten, die fie- delnd durch die Straßen ziehen. Zum Nachden- ken über solche und andere Vor- urteile will die sehenswerte Ausstellung „The Roma Image Stu- dio“ der gleichnamigen Künstlerplattform anregen, die aktuell in Neukölln zu sehen ist und im Rahmen des EU-Projekts „Romanistan. Crossing Spaces in Europe“ stattfindet.
Kulturelle Identität und Ent-Exotisierung von Roma-Kunst, das sind die Schlagwörter, die über der Ausstellung stehen. Auch der in Neukölln und Budapest lebende Kurator André Jenö Raatzsch gehört zur Volksgruppe derer, die weder Land noch Staat haben und „meist nur wegen ihrer ethnischen Herkunft willkommene Gäste in der europäi- schen Kunst- und Kulturszene“ sind.
Als was sie in erster Linie gesehen werden möchten, verdeutlicht schon die Installation von Herlambang Bayu Aji. Mit 28 Scherenschnitten im Ein- gangsbereich der Galerie lenkt der Künstler den Blick auf den global verbindenden größten gemeinsamen Nenner: „Wir sind alle Menschen“.
Neun Fotografen helfen in der Aus- stellung dabei, sich den Roma zu nähern, ihre Diversität fernab von Klischees zu entdecken und so das Schubladendenken zu hinterfragen, das einerseits das interkulturelle Miteinander verkompliziert, an- dererseits aber auch die Kreativen belastet, die der europäischen Minderheit angehören. Ihm sei es von Beginn an schwer gefallen, sich ausschließlich als Roma-Künstler zu positionieren, hält André Jenö Raatzsch in seinem „Interview mit mir selbst“ fest. Ein Status wie der, den Kulturschaffende ande- rer Länder Europas haben, und ein Wegfall der Reduzierung auf das Roma-Etikett, das ist es, was den Intellektuellen vorschwebt. „Das wird aber erst möglich sein, wenn
sich der politische Status der Roma ändert und sie als Bürger der jeweiligen Länder anerkannt werden und damit auch ihre Heimat in Europa finden, die sie lieben und beleben können“, prognostiziert der Mitt- dreißiger, dessen Vater Deutscher und dessen Mutter eine ungarische Romni ist.
Hinsichtlich der Kunst- und Kulturszene hofft Raatzsch, dass ihr perspek- tivisch das wider- fährt, was schon in den USA mit der Black Culture passierte: Dass sie anerkannt wird. Durch das Aufzeigen der Problematik der Roma- Darstellungen in der Gegenwart und das Initiieren von Ausstellun- gen, die nicht die gängige romantisierende und exotisierende Praxis bedienen, trägt er das Seine dazu bei. Und das ist erheblich vielfältiger und ambivalenter als die Klischees.
Morgen (30. April) um 18 Uhr laden die Künstlerin Diana Arce und Kurator André Jenö Raatzsch zu einem Vortrag mit anschließendem Publikums- gespräch in die Galerie im Saalbau ein. Thema ist die Ausstellung/Initiative „The Roma Image Studio“ im Bezug zum „Harlem Studio Museum“ (New York) und zu „The Arab Image Foundation“ (Beirut).
Die Ausstellung „The Roma Image Studio“ wird noch bis zum 2. Juni in der Galerie im Saalbau gezeigt; Öffnungszeiten: Di. – So. 10 – 20 Uhr.
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