Auf in den Kampf: Berliner Rittergilde bringt das Mittelalter aufs Tempelhofer Feld

berliner rittergilde_training schaukampfgruppe_tempelhofer feldMan hört sie schon, bevor man sie sieht. Der Maschendrahtzaun, der das Tempelhofer Feld umgibt, kann ihre Schreie und den Sound des Aufeinandertreffens von Metall und Metall nicht aufhalten. Männer in blauen Kitteln, mit Ket- handschuh_berliner rittergildetenhauben und Helmen duellieren sich, Schwerter kreisen erst durch die Luft und landen dann krachend auf anderen Klingen, Schil- den, Handschuhen, Schul- ter- oder Schienbeinschüt- zern. Es wirkt martialisch, doch Sorgen um die eige- ne Gesundheit oder die der Recken muss sich niemand machen: es ist die Schau- kampfgruppe der Berliner Rittergilde, die hier 14-täglich sonn- tags für ihre Auftritte thomas berliner_berliner rittergilde_tempelhofer feldtrainiert.

„Bitte nicht noch weiter ran!“, werden Schaulustige ermahnt, die sich dem Spektakel nähern wollen. Thomas Berliner (r.), der zu den Gründern der Gilde gehört, und ein Kollege achten genau darauf, dass der Mindestabstand von 10 Metern zwischen kämp- fenden Rittern und Publikum nicht unterschritten wird. So ist es vertraglich vereinbart und so wird es auch ein- gehalten. „Dafür bräuchten wir nicht mal einen Vertrag“, sagt Berliner. Auf ein Ritterehrenwort könne man sich auch ohne den verlassen. Zuverlässigkeit und ritterliche Tugenden wie Pflichtbewusstsein und Aufrichtigkeit seien bei ihnen das A und O: schilde_berliner rittergildeWeil wir Ritter sind und nicht nur Ritter spielen.“

Wer meint, der Berliner Rittergilde für einen monat- lichen Mitgliedsbeitrag von 11 Euro beizutreten, um dann kostümiert im Kampf seinen Aggressionen freien Lauf lassen zu können, ist eindeutig auf schwert_berliner rittergildedem falschen Dampfer. „Mit Leuten, die Schaum vor ‚m Mund haben, können wir absolut nichts anfangen“, stellt Thomas Berliner fest. Denn ritterliches Verhalten bedeute auch, sich selber und sein Leben unter Kontrolle zu haben.

Über 30 Kilogramm Ausrüstung versetzen Angestellte, Stu- denten und Selbstständige etwa 800 Jahre zurück und machen aus ihnen Ritter der askanischen Herrscher der Mark Branden- burg. Allein drei Kilogramm wiegt das Schwert, dessen Spitze stumpf und dessen Klinge mindestens 3 Millimeter dick zu sein hat. So ist es vorgeschrieben, auch aus sehr jetztzeitlichen ver- sicherungsrechtlichen Gründen. Praktische Argumente führen schaukampfgruppe_berliner rittergilde_tempelhofer feldindes dazu, dass die Authentizität nicht bis ins letzte Detail stimmt. „Unten drunter tragen wir etwas anderes als unsere Vorfahren“, verrät Thomas Berliner grinsend. „Und die Schilde sind nicht wie früher aus Holz, sondern aus Aluminium.“ Einerseits seien sie so um einiges haltbarer und ande- rerseits müsse man eben auch an das Publikum denken, das es bei Ritterkämpfen laut und krachend haben will. Dem zuliebe gelte auch bei Schaukämpfen die eherne Regel „Wer getroffen wurde, fällt um!“. Die Leute kämen schließlich „nicht, um ein Mikado-Spiel zu erleben, wo hinter- her die Punkte gezählt werden.“ Was sie indes vielleicht gerne erleben würden, aber nicht sehen werden, sind Ritterinnen, die mit Schwert und Schild bewaffnet training schaukampfgruppe_berliner rittergilde_tempelhofer feldin den Schaukampf ziehen. „Doch“, versi- chert Thomas Berliner, „wir haben auch Frauen im Verein und die dürfen durchaus mittrainieren.“ Aber Frauen bei Schaukämpfen, das würde doch zu sehr von der Authentizität abwei- chen.

Das Interesse an der Trainingseinheit der Ritter auf dem Tempelhofer Feld ist groß. Erwachsene zücken die Fotoapparate, Jungs und Jungmänner sehen dem Treiben fasziniert zu. „Trotzdem haben wir ein Nachwuchsproblem“, bedauert Berliner. „Von der Schwierigkeit, auch Menschen aus anderen Kulturkreisen zu gewinnen, ganz zu schweigen.“ Insofern sind die Nachmittage auf dem Neuköllner Teil des ehemaligen Flughafens auch Übungs- stunden in Sachen Ritterakquise. Ob man das alles kaufen muss, was man zum Kämpfen braucht, will ein kleiner Junge wissen. Seine Augen leuchten, als er erfährt, dass man als Mitglied „ein blaues Hemd, eine Kettenhaube und was zum Pieken“ gestellt kriegt. Er werde mit seinen Eltern wiederkommen, kündigt er an.

Das nächste Training der Schaukampfgruppe der Berliner Rittergilde ist am 14. April von 12 bis 16 Uhr auf dem Tempelhofer Feld (Eingang: Herrfurth-/ Oderstraße).

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