Man musste schnell sein, um Karten zu ergattern. Denn es dauerte nicht lange, bis die etwa 150 Plätze vergeben waren, die die Buchhandlung SoSch in der Neuköllner Gropiusstadt für die Buchpremiere von Sebastian Fitzeks neuem Psychothril- ler „Der Nachtwandler“ anbieten konn- te.
„Wer bist du, wenn du schläfst?“, um diese Frage hat der Berliner Bestseller- Autor einen packenden Plot ausgetüftelt: Fitzeks Protagonist Leon Nader nämlich, der schon in seiner Kindheit wegen massiver Schlafstörungen psychothera- peutisch behandelt wurde, befürchtet, nachts wieder die Horizontale zu ver- lassen. Persönliche Dinge verschwin- den ganz oder tauchen plötzlich an Stellen in der Wohnung wieder auf, wo er sie nicht hingelegt hatte. Ein Paar Sportschuhe wird in der Mikrowelle zum qualmenden Klumpen. Wie anders als mit erneuten somnambulistischen Phasen ließe sich all das erklären? Leon Nader jedenfalls kann sich nicht daran erinnern, zu diesen Geschehnissen beigetragen zu haben. Als schließlich eines Morgens seine von schwersten Misshandlungen gezeichnete Frau Natalie die gemeinsame Woh- nung verlässt, den Aufzug im Haus in der 3. Etage besteigt, aber nie im Erdgeschoss ankommt und verschwunden bleibt, beginnt für ihn die Hölle – und für die Leser ein rasantes, furioses Verwirrspiel.
Um dem eigenen nächtlichen Treiben auf die Spur zu kommen, nimmt Nader nicht nur Kontakt zu dem Psychiater auf, der ihn schon früher behandelt hatte, sondern er geht außerdem nicht mehr ohne eine funkgesteuerte Kamera zu Bett, die er mit einem Stirnband an seinem Kopf befestigt. „Wer bist du, wenn du schläfst?“ Dieser Frage schließt sich nun schnell eine zweite an: die nach dem Wo. Denn Leon Na- ders schlafwandelndes Ich stößt hin- ter einem Bauernschrank im Schlaf- zimmer auf eine Tür, die er nie zuvor gesehen hat.
Auch in seinem achten Thriller „Der Nachtwandler“ zieht Sebastian Fitzek wieder alle Register seines Könnens. Im Nu steckt der Leser mitten im Strudel eines beklemmenden Kammerspiels, das immer mehr an Fahrt aufnimmt und dabei immer abstruser wird. Was erlebt Leon Nader wirklich und was nur im Schlaf? Das würde wohl nach der 159. von 318 Seiten niemand beantworten wollen. Aber Fitzek wäre nicht Fitzek, wenn er die Erzählstränge nicht fest in der Hand hielte und am Ende alle Ereignisse schlüssig enträtseln würde.
Zu erleichtertem Aufatmen führt das allerdings in diesem Fall nicht. Wer weiß schon genau, was er wirklich tut, wenn er nur zu schlafen glaubt? Und: Wer guckt in Zeiten, in denen Wohnungen knapp sind, so genau hin, dass ihm bei Besichtigungen eine hinter einem Schrank verborgene Tür auffiele? Diese Skepsis könnte bleiben, selbst wenn „Der Nachtwandler“ längst einen Platz im Bücherregal gefunden hat.
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