„Welcome to Berlin Fashion Week“: Überall in der Stadt weisen Plakate auf das morgen beginnende Mega-Event der Mode- und Lifestyle-Szene hin.
Passend zum Thema, zumindest vordergründig, wurde in der Galerie im Saalbau nun die Aus- stellung „Kleider machen Leute?“ eröffnet. Sieben Künstler haben den Umgang mit Kleidung und Verkleidung als Aufhänger ge- nommen und geben mit Fotos, Skulpturen, Videos, Installatio- nen und Mixed-Media-Arbeiten Einblicke in ihre Experimente zu Rollenbildern in der Gesell-schaft.
Mit „Kleider machen Leute?“ beginne eine Ausstellungsrei- he, die einen Fokus auf die Schaufenster der Galerie lenkt, kündigt Kuratorin Dorothee Bienert an. Und in der Tat: Ping Qius Rote-Hände-Kleid sowie Christian Mayrocks genähter Papieranzug ziehen die Aufmerksamkeit der Passanten auf sich. Gleichwohl hat das auch Tücken, weil die Eye- catcher nicht ohne Auswirkungen auf die
Erwar-tungshaltung sind, die jedoch beim Be- such der Ausstellung rasch erlahmt. Die Hoffnung, in der Ga- lerie weitere Kreatio- nen der Kategorie „untragbar, aber künstlerisch originell“ präsentiert zu bekommen, sollte man besser draußen lassen.
Sie zu erfüllen, ist nicht Ambition der Künstler: Christian Mayrock setzt sich mit seinem Fotoprojekt „City Gents“ (l.) mit dem Anzug auseinander und hat sich dafür in London umgesehen. „Sisters of the Garden“ (M.) heißen die Stoffreliefs der ira- nischen, seit 2001 in Berlin lebenden Künstlerin Farkhondeh Shahroudi. Die Expo- nate vereinen Elemente unterschiedlicher Kleidertraditionen, haben jeweils nur eine
Öffnung und überlassen dem Betrachter die Frage, wo und wie man wohl hineinschlüpfen kann. Indes geht es der in Chicago geborenen Künstlerin Bettina Allamoda mit ihren Collagen, Videosequenzen und auch der Skulptur „Streetwear“ (r.) um das Verhältnis von Mode, Politik und Urbanität.
Das behandelt auch Esra Ersens Projekt „Rehabilitation“, dessen Ergebnis vier Le- derjacken mit Statements zur Gesellschaft in portugiesischer Sprache sind. Die tür- kische Künstlerin stellte sie 2006 mit delinquenten Jugendlichen in Sao Paulo her. Bereits ein Jahr zuvor war das Projekt in Utrecht mit straffälligen Jugendlichen durchgeführt worden. Davon ist nur noch eine Foto-Dokumentation übrig: Die Leder- jacken wurden nach der Vernissage geklaut.
„Davon hatte ich mir mehr versprochen“, bemerkt ein Mann, der sich durch die Schaufenster-Dekoration spontan zum Besuch der Ausstellung verleiten ließ. Nicht mal eine Viertelstunde dauerte der. Seine Antwort auf die Frage, ob Kleider Leute machen, habe schon vorher festgestanden: Ja!
Die Ausstellung „Kleider machen Leute?“ ist noch bis zum 24. Februar in der Galerie im Saalbau zu sehen. Öffnungszeiten: Di. – So. 10 – 20 Uhr
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