Dorothea Kolland – schon seit Monaten wird der Name in einem Atemzug mit „ehemalige“, „Ex“ oder „frühere“ genannt. Dabei ist 65-Jährige immer noch das, was sie seit 1981 ist: Leiterin des Neuköllner Kulturamts. Seit dem 25. Mai bummelt sie Überstunden und Urlaub ab; erst in 10 Tagen ist ihre Amtszeit rein formal vorbei.
Wie war es damals, als sie begann? Was hatte die Neuköllner Kultur zu bieten? Mit welchen Ambitionen trat die promovierte Musikwissenschaftlerin ihre Stelle an? Was hat sie und was hätte sie gerne noch erreicht? Was wünscht sie sich für ihre eigene Zukunft und was für Neukölln? Darüber, über die Fallstricke im Behördenalltag, Unterstützer und Bremser, einen Eklat bei einer Ausstellung im Neuköllner Rathaus und vieles mehr haben wir uns mit Dorothea Kolland im LadenAtelier von William Francis Brennan unterhalten.
Eigentlich war alles etwas anders geplant. Die Be- gegnung mit einem ihr unbekannten Künstler sollte die Kulturamtsleiterin von uns zum Abschied ge- schenkt bekommen. Brennan? „Nein, den kenne ich wirklich noch nicht“, war sie im Vorfeld sicher. Und auch der aus den USA stammende Maler, der seit fast drei Jahren in Neukölln arbeitet, war zuvor überzeugt, Kolland nie begegnet zu sein. Aber dann: „Doch“, stellt sie beim Betreten des LadenAteliers im Schillerkiez fest, „hier war ich schon.“ William Francis Brennan erkennt sie wieder und nickt. Bei einem der Kulturfestivals müsse das gewesen sein, vermutet er. Dass es sich bei der Frau, die sich damals seine Bilder angesehen hat, um den Motor der Neuköllner Kunst- und Kulturszene handelt, er- fährt er erst jetzt.
Dorothea Kolland wirkt entspannter denn je. Der Vorgeschmack aufs Rentnerdasein be- kommt ihr sichtlich gut. Lächelnd beginnt sie von dem zu erzählen, was in den letzten drei Jahrzehnten ihren Alltag bestimmte: „Mich interessiert die Vermittlung von Kunst, das war schon so als ich 16 war. Ich wollte anderen Leuten helfen, was vielleicht ein bisschen naiv war, den Spaß an Kunst zu haben, den ich schon immer hatte und immer noch habe. Ich dachte jedenfalls, dass ein Job wie im Kulturamt dafür das Richtige ist.“
Unter einem guten Einstand stellt man sich jedoch eher das Gegenteil von dem vor, was die damals 34-Jährige erlebte. Sicher sei die Lebensplanung mit ihrem Mann nie auf eine Zukunft als kinderloses Ehepaar hinaus- gelaufen, sagt sie „Aber dass es genau da geklappt hat, das war völlig unbeabsichtigt. Ich bin wirklich gleichzeitig schwanger geworden, als ich die Zusage für die Stelle bekam. Als ich dann im Kulturamt anfing, war ich im 5. Monat.“ Dazu kam, dass die junge Chefin, die zuvor bei einem Dachverband für Jugendkultur- arbeit tätig gewesen war, zwar reichlich Lust auf Neuerungen, aber keinerlei Erfahrungen im Umgang mit dem Amtsschimmel mitbrachte. „Nein, das haben wir immer anders gemacht!“, sei die Standardantwort ihrer beiden Sekretärinnen gewesen. „Erschwerend kam dazu, dass ich diese ganz banale Verwaltung nicht kannte und zum Beispiel nicht gewusst hab, dass man in unterschiedlichen Farben zu schreiben hat. Ich hab dann auch einfach mal, weil der Stift in meiner Nähe lag, mit Grün geschrieben – da brach die Hölle los. Die Farbe für meine Position im Amt war blau und die in der Etage unter mir mussten mit Schwarz schreiben. Grün und rot gingen jedenfalls gar nicht. Wie man Aktenvermerke schreibt, wusste ich natürlich auch nicht, und die meisten hatten einen Heidenspaß dran, dass ich bei solchen Dingen immer wieder reingerasselt bin. Außer Dieter Schulz, dem Hausmeister, war wirklich niemand da, der mir mal etwas gezeigt hat.“ Gewöhnt, gibt Dorothea Kolland zu, habe sie sich an die Verwaltungsabläufe nie: „Aber mit der Zeit hab ich gelernt, sie zu beherrschen, weil man auch sonst nicht voran kommt. Doch den Sinn einiger Vorgänge begreife ich bis heute nicht. Ich hab mich auch nie strikt an Hierarchien gehalten.“ Das sei ihr Erbe aus der 68er- und Hochschulzeit, ist sie überzeugt.
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