Vor dem Absturz gerettet

Er stand vor dem Abgrund – nun hat er sich umgedreht und ist wieder einen Schritt zurück gegangen. „Ausruhen können wir uns nicht, aber wir haben erstmal etwas festeren finanziellen Boden unter den Füßen“, schätzt Wolfgang Rühlmann, der 1. Vorsitzende des Morus 14 e. V. die Lage realistisch ein. Er sei eben  kein Träumer, sondern Kaufmann, sagt er mit einem Unterton, der fast ein wenig entschuldigend klingt. Und müde. Die letzten Wochen hätten die Vorstandsmitglieder an ihre Grenzen gebracht, weil bis zum Stichtag 29. Oktober sämtliche Register zur Rettung des Vereins gezogen werden mussten. „Hätten wir heute bei dieser außerordentlichen Mitgliederversammlung keine Lösung für unsere Geldprobleme präsentieren können, außerordentliche mitgliederversammlung morus 14 e.v.wäre das Jahresende auch das En- de von Morus 14 gewesen“, ist Wolf- gang Rühlmann sicher.

Vor einer guten Stunde hatte er den anwesenden Mitgliedern mitgeteilt, dass es mit dem Verein, der durch Projekte wie das Netzwerk Schüler- hilfe Rollberg und Mieter kochen für Mieter über die Neuköllner Bezirks- grenzen hinaus bekannt wurde, weitergehen kann. Die Bemühungen zum Erhalt des Vereins seien zwar längst nicht abgeschlossen, hätten aber innerhalb kürzester Zeit zu bemerkenswerten Ergebnissen geführt, ergänzte Rühlmanns Vorstandskollegin Angelika Forck:  „Durch unseren Hilferuf konnten wir im September Kleinspenden in Höhe von rund 6.000 Euro für die Vereinsarbeit im laufenden Jahr einwerben.“ Das sei das Zehnfache der Summe des Vormonats. Entscheidender für die Zukunft von Morus 14 ist jedoch, dass die Zusage für eine Spende von 40.000 Eu- ro für 2013 vorliegt und es aussichtsreiche Kontakte zu weiteren potenziellen Spen- dern gibt. „Damit“, so Forck, „stehen wir wesentlich besser als im Vorjahr um außerordentliche mitgliederversammlung morus 14 e.v., gemeinschaftshaus morus 14 neuköllndiese Zeit da.“ Auch personell wirke sich das aus: Der einzige hauptamtliche Mo- rus 14-Mitarbeiter Frank Bourgett, dessen Vertrag vorsorglich gekündigt wor- den war, könne nun in 2013 weiterbeschäftigt werden. „Über weitere Personalien entscheidet der Vorstand noch“, ließ Angelika Forck die Mitglieder wissen und damit im Unklaren, ob zusätzlich der gerade auf eigenen Wunsch ausgeschiedene Geschäftsführer Gilles Duhem wieder ins Boot geholt werden könnte.

Beschlossene Sache ist hingegen, dass der Verein künftig mehr auf die Ressour- cen seiner Mitglieder bauen will. Nicht nur finanziell, d. h. durch Spenden zusätzlich zum Mitgliedsbeitrag von 24 Euro pro Jahr, sondern auch durch Tatkraft sollen die sich engagieren. Post einkuvertieren, Flyer verteilen, Telefondienst im Büro, Unter- stützung beim Fundraising,  Schlüssel ausgeben, Ausflüge vorbereiten. „Wenn wir die tägliche Arbeit auf mehrere Schultern als bisher verteilen könnten, wäre das sehr hilfreich“, vermutet Wolfgang Rühlmann. Bei anderen Ausgaben als bei Honorar- mitteln lasse sich nicht sparen; für das vom Verein genutzte Gemeinschaftshaus werden nur Betriebs- und Energiekosten fällig, ebenso für die Räume, die für das kostenlose Angebot der Schülerhilfe nötig sind. „10.000 Euro“, überschlägt er, „brauchen wir trotzdem monatlich zur Deckung unserer laufenden Ausgaben.“

Einen nicht unbeträchtlichen Batzen machen dabei die Aufwendungen für das Netzwerk Schülerhilfe aus. Ob des rechnerischen Teufelskreises, der „Je mehr Schüler, desto mehr Kosten“ heißt, gebe es aktuell eine  Warteliste, auf der rund 40 Kinder stehen. Etwa 100 Kinder haben das Glück, das Mentoringangebot in Anspruch nehmen zu dürfen. Bei deren Eltern, schlug eine Frau während der Mitglieder- versammlung vor, könne man doch zu mehr Engagement für den Verein appellieren. Auch Rühlmann ist die Überlegung nicht fern, gleichwohl sieht er keine Chancen auf Erfolg: „Die nehmen das Angebot als Selbstverständlichkeit hin und sind fast durch die Reihe nicht bereit, dafür auch nur einen kleinen Obolus zu bezahlen.“ Ganz anders eine Rentnerin aus den Reihen der Mitglieder. Sie werde im nächsten Jahr pro Schülerhilfe-Kind einen Euro zahlen, um den Verein und das Projekt zu unterstützen, kündigte sie an.

„Noch mehr solcher Leute und regelmäßige Spender“, rechnet der erste Vorsitzende von Morus 14, „und wir haben uns nicht nur erstmal etwas Luft verschafft, sondern wieder festen Boden unter den Füßen.“ Vorausgesetzt, dass auch alle andere Bemühungen zur Sicherung der Zukunft des Vereins wie erwartet fruchten. Für die Mitglieder bestehen daran keinerlei Zweifel: Ohne Gegenstimme beschlossen sie, dass die Arbeit des Vereins über den 31.12.2012 hinaus weitergeführt werden soll.

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Herrenwitz

Auch wenn der offizielle Plan für die Umgestaltung der Karl-Marx-Straße anderes glauben machen will: Mit einem Herrenhut haben weder der  Herrnhuter Weg  noch die  Herrnhuter Brüdergemeine  oder der  Herrnhuter Stern  etwas am Hut.

Statt Hirn

Schmierereien am Sockel, zertrümmerte Gedenktafeln, Taubenkot auf dem Kopf und den Schultern, Schriftzeichen und Graffiti an den Stiefeln und am Mantel – die bronzene Statue des Turn- vaters Friedrich Ludwig Jahn im Volkspark Hasen- heide hat sich in den letz- ten 140 Jahren schon eini- ges gefallen lassen müs- sen. Mit den aktuellen Van- dalismusschäden ist nun eine neue Dimension der Zerstörungslust am vor ei- nem Jahr sanierten Denk- mal erreicht:

Seit vorletzter Woche sind nicht nur erneut die Ehren- tafeln am Sockel mit Farb- schmierereien überzogen, sondern steckt zudem Jahns Kopf in einem mit Bauschaum ausgefüllten blauen Sitzball. „Das ist nichts, was man spontan tut, sondern war eindeutig geplant“, echauffierte sich der Neuköllner Baustadtrat Thomas Blesing dieser Tage am Rande einer Ver- anstaltung. Schon Ende September habe es einen Anschlag auf das Jahn-Standbild gegeben: „Rund 3.000 € hat das Bezirk aus dem Etat investiert, der eigentlich für die Pflege der Grünanlagen im Bezirk gedacht ist, um die Bitumen-Schicht, die über das Denkmal gekippt wurde, wieder zu entfernen.“ Für die Beseitigung der aktuellen Schäden, schätzt Blesing, würde ein ähnlicher Betrag fällig werden. „Deshalb lassen wir das Denkmal jetzt erstmal so wie es ist.“

„Mehr als Bauschaum können die auch nicht im Kopf haben, die das gemacht haben“, stellte ein Spaziergänger beim Anblick der verschandelten Statue fest. Laut Blesing gibt es gesicherte Erkenntnisse, dass die Vandalismus-Schäden linken Gruppierungen zuzuordnen sind. Begründet werden die Aktionen damit, so der Baustadtrat, dass „Turnvater Jahn eine rechte Socke“ gewesen sei.

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Geschmackssache

So wie Lothar Matthäus davon überzeugt ist, dass die Farbe des Gürtels zu den Schuhen  passen  muss, finden  offenbar  manche  Leute, dass  sich  die  Farbe  des

Neuköllner Himmels auch am Boden wiederfinden sollte und tragen eifrig blaue und graue Accessoires dazu bei. Das wiederum nennen andere „Vermüllung“.

Mehr Platz für Fußgänger und Radfahrer, weniger für Autos

Die Bürgersteige sind breiter geworden und die Straßenbeleuchtung heller, für Radler gibt es eine eigene Fahr- spur, für den Autover- kehr einen Parkstrei- fen und statt zwei Fahrbahnen nur noch eine pro Richtung. Das ist das vorläufige Ergebnis der Umgestaltung der südlichen Karl-Marx-Stra- ße. „Noch in diesem Herbst werden außerdem ein paar Bäume gepflanzt und Stadtmöbel montiert“, kündigte Neu- köllns Baustadtrat Thomas Blesing gestern bei der Einweihung des Bauabschnitts in Höhe der Schierker Straße an. Für die Anwohner und Geschäftsleute des Bereichs nördlich vom Neuköllner Tor ende damit eine  „harte Geduldsprobe“, für die Karl-Marx-

straße beginne eine neue Ära: „In den letzten 20 Jahren war sie wirklich nicht mehr das  Lieblingskind der Neuköllner, nun soll sie es wieder werden.“ Das Ergebnis, so Blesing (r.), sei jedenfalls vorzeigbar und – im Gegensatz zu anderen Baumaßnah- men in Berlin – sogar pünktlich fertig ge- worden.

Insgesamt 2,8 Millionen Euro wurden für den Umbau investiert; rund 800.000 Euro davon steuerte der Bezirk selber bei, der große Rest stammt aus EU-Budgets zur Förderung der regionalen Entwicklung. Diese Reaktivierung des Neuköllner Zentrums bestehe einerseits aus der neuen, großstädtischen Optik der Karl- Marx-Straße. Andererseits beinhalte sie aber auch ein Geschäftsstraßen-Manage- ment, das Gewerbetreibende in die Planungen und Entwicklungen einbezieht und so „ein Wir-Gefühl vermittelt“, betonte Ephraim Gothe (l.), Berlins Staatssekretär für Bauen und Wohnen, bevor er sich zusammen mit Blesing an die finalen gärtnerischen Arbei- ten rund um einen neu gepflanzten Japani- schen Schnurbaum machte.

Erst im übernächsten Jahr wird es in der Karl-Marx-Straße mit den Baumaßnahmen weitergehen, dann ist der Bereich zwischen Schierker- und Werbellinstraße dran. 2013, sagte Blesing, wolle man sich ganz auf die Umgestaltung des Platzes der Stadt Hof und die Planung des weiteren Vorgehens konzentrieren.

=ensa=

Deutsch-Amerikanisches Volksfest vor dem Aus?

Autorennen, Nachbarschaftsgärten mit Dorfplatz, öffentliche Gebäude, Townhouses oder einfach nichts: Die Vorstellungen, wofür künftig auf dem Tempelhofer Feld Platz sein soll, gehen weit auseinander. Auch der Schausteller und Volksfeste-Organisator Thilo-Harry Wollenschlaeger hat da so seine Ideen.

Er würde gerne im kommenden Sommer für etwa vier Wochen die Fläche am Tempelhofer Damm neben der Stadtauto- bahn mieten, bat Wollenschlae- ger den Stadtentwicklungssena- tor Michael Müller Ende August in einem Brief und teilte auch gleich mit, was er dort vorhat: Auf dem Gelände, das während der Olympischen Spiele in London dem Event Die Spiele in Berlin  zur Verfügung gestellt wurde, solle das 53. Deutsch-Ame- rikanische Volksfest stattfinden. Dessen ehemaliger Standort an der Heidestraße nahe dem Berliner Hauptbahnhof werde bebaut, erklärte Wollenschlaeger dem Senator und verwies zugleich auf die „lange amerikanische Tradition des Standorts Tempelhof“ sowie zahlreiche Umfragen, die ergeben hätten, dass das ehemalige Flugfeld „in breiten Teilen der Bevölkerung“ als Location für das Volksfest gewünscht werde. Zudem war dem Schreiben zu entnehmen, dass der Antrag sowohl von der Botschaft der Vereinigten Staaten von Amerika als auch vom „Alliiertenmuseum Berlin, das ja ebenfalls nach Tempelhof umzieht“ unterstützt werde. „Wir würden uns freuen, Ihnen unser Konzept persönlich vorzustellen“, ließ Thilo-Harry Wollen- schlaeger den Senator außerdem wissen.

Aber dazu kam es gar nicht erst. Statt einer Einladung zu einem vertiefenden Gespräch über das Anliegen erhielt Wollenschlaeger von einer Sachbearbeiterin aus Müllers Ressort eine Absage für das temporäre Anmieten der Fläche, die gerade mal ein Fünfzigstel des gesamten Tempelhofer Feldes ausmacht: „Wir halten eine Nutzung oder teilweise Nutzung der Tempelhofer Freiheit durch Volksfest für unangemessen und es widerspricht den erarbeiteten Nutzungskonzepten für dieses Areal und ist der langfristigen Adressbildung nicht zuträglich. Das Areal soll künftig seiner historischen Bedeutung und seiner besonderen Lage in der Stadt ent- sprechende Nutzungen aufnehmen.“ Wenn das Deutsch-Amerikanische Volksfest keinen Bezug zur historischen Bedeutung des Ortes habe, der Luftbrücke und zu West-Berliner Zeiten Airport der amerikanischen Streitkräfte war, was dann?, fragt sich Wollenschlaeger nun. Ebenso unbegreiflich ist ihm, dass „der Senat, der bei seinen eigenen volksfestähnlichen Veranstaltungen komischerweise immer Schausteller engagiert“, jetzt ein Volksfest ablehnt – und damit auch Einnahmen im fünf- bis sechsstelligen Bereich.

Doch so schnell will Thilo-Harry Wollenschlaeger nicht aufgeben. Einen Alternativort zum Tempelhofer Feld gibt es für das traditionsreiche Deutsch-Amerikanische Volksfest ob des Baubooms in Berlin nicht; die Kapazitäten des zentralen Festplatzes am Kurt-Schumacher-Damm sind erschöpft. Dann, ist Wollenschlaeger entschlos- sen, müsse das Thema eben im Berliner Abgeordnetenhaus behandelt werden. Oder auf Bundesebene, wo längst erkannt wurde, dass Volksfeste in Deutschland zum  schützenswerten Kulturgut  gehören.

=ensa=

Auf dem Boden der Tatsachen

Auch wenn sich der Verdacht aufdrängt: Dass die gegenwärtige Jahreszeit im  Engli- schen  nicht nur als „autumn“ sondern auch als „fall“ bezeichnet wird, hat  nichts  da-

mit zu tun, dass die Lamas im Tierpark Neukölln gleich reihenweise umfallen, um liegend die Herbstsonne zu genießen.

Neuer Fall für Hauptkommissar Magnus in Neukölln

Ein Zelt aus farbenfrohen wallenden Stoffbah- nen, über dessen Eingang ein grinsendes Gesicht hängt. Eine HiFi-Anlage samt Laut- sprecherboxen auf zwei zusammengeschobe- nen Tischen. Kahle Panoramafenster, durch die das trübe Licht des Spätnachmittags fällt. Stuhlreihen für die Zuhörer. Es war wahrlich kein stimmungsvolles Ambiente, das Dirk Josczok in der Neuköllner Stadtbibliothek bei der Vorführung seines  Hörspiel-Krimis dirk josczok, stadtbibliothek neukölln„Heldentod“  um- gab. Auch im Publikum herrschten leise oder auch lauter ausgesprochene Zweifel, ob in einer solchen Atmosphäre Span- nung aufkommen und die Zuhörer er- greifen kann.

Das Gerumpel einer U-Bahn, ein schrei- endes Baby, die auf Beruhigung bedachte Stimme einer Mutter, das Gepöbel zweier Jungmänner: In gewöhnungsbedürftiger Lautstärke dröhnt die Kakophonie des Berliner Untergrunds durch den Raum. Als die U7 in die Station Grenzallee eingefahren ist, Mutter, Kind, ein zivilcouragierter Passant sowie die Pöbler die U-Bahn verlassen haben und Ingo Struck, einer der beiden jungen Männer, tot und mit zertrümmertem Kehlkopf auf dem Bahnsteig  liegt, ist das bunte Zelt vergessen.

Hauptkommissar Kurt Magnus und sein Team nehmen die Ermittlungen auf. Wes- halb hat sich der Fahrgast, der Yana Bischof und ihr Baby erst vor den Beläs- tigungen der beiden Männer schützte und schließ- lich im Streit tödlich verletzte, klammheimlich vom Tatort verdrückt? Wer ist er? Bischofs Beschrei- bung des Helfers bringt die Beamten kein biss- chen weiter, denn die ist – aus Dankbarkeit und um den Mann vor Schwierigkeiten zu bewahren – sehr bruchstückhaft. Auch dass sie sein bei der Rangelei verlorenes Handy eingesteckt hat, verheimlicht die Frau. Nicht ahnend, in welche Gefahr sie sich selber begibt, trifft sich Yana Bischof mit ihrem Retter, um ihm sein Telefon zurück zu geben, in einer Eisdiele in den Neukölln Arcaden. Dass der Mann mit der auffälligen Narbe bei der Polizei kein Unbekannter ist, weiß sie nicht. Das ergaben zwei am Tatort gesicherte Fin- gerabdrücke, die mit dem noch unaufgeklärten Mord an Gudrun Vollberg übereinstimmten. Der fesseln- de Plot mit Neuköllner Lokalkolorit steuert unauf- haltsam auf einen  dramatischen Schlusspunkt  zu.

Die Anspannung der Zuhörer löst sich langsam, als Dirk Josczok vor die Stuhlreihen tritt und anbietet, Fragen zu beantworten. Wann er das Stück ge- schrieben habe, will eine Frau wissen. Die Eisdiele Tiziano sei doch schon lange nicht mehr in der 1. Etage der Neukölln Arcaden. 2009 habe er mit „Heldentod“ angefangen, erklärt der Autor und schildert seine Ar- beitsweise: „Die macht immer viel Arbeit für die Regie, weil ich vom Film komme und deshalb oft heftige optische Sequenzen in meinen Hörspielen unterbringe, die dann umgesetzt werden müssen.“ In die Handlung fließe indes oft ein, was er selber schon miterlebt habe. Die U-Bahn-Szene in „Heldentod“ gebe eigene Eindrücke aus Fahrten mit der U7 wieder, verrät der Kreuzberger. „Haue“, sagt er, „hab ich aber nicht während einer U-Bahn-Fahrt durch Neukölln bekommen, sondern im Wedding.“

Dirk Josczoks zweiter Hörspielkrimi um Hauptkommissar Kurt Magnus ist auch wieder in Neukölln angesiedelt, heißt „Zahltag“ und wird am 10. De- zember ab 21.33 Uhr bei Deutschlandradio Kultur gesendet.

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Weite Kreise

Im Hauptbahnhof der Stadt Nürnberg gilt seit dem vergangenen Wochenende ein striktes Alkoholverbot. Nun denken die Stadtoberen auch darüber nach, das Unter- sagen des Genusses alkoholischer Getränke auf den Bahnhofsvorplatz auszuweiten.

In Neukölln hat man da längst weitere Kreise gezogen. Alkoholverbot außerhalb des Cafébereiches  besagt  ein Schild, das vom  Neuköllner Bezirksamt in  Richtung Bür-

gersteig am Rande des „La Grappa“-Areals auf dem Rathausvorplatz angebracht wurde. Kann das etwas anderes als den Umkehrschluss zulassen, dass Alkohol in Neukölln nur noch rund um den Café-Pavillon am Rathaus konsumiert werden darf und das Bier auf einer Parkbank in der Hasenheide ebenso verboten ist wie der Alcopop auf dem Elsensteg?

Unverzichtbar – nicht nur in Neukölln

Sie schmieren Pausenbrote für Grundschüler, schließen Kirchentüren vor Gottes-diensten auf und danach wieder ab, betreuen Kinder bei Schulaufgaben und geben Nachhilfe, engagieren sich kommunalpolitisch für Parteien, halten Vereine durch ihren Einsatz am Leben, setzen sich für ihre Kieze ein, lesen in Pflegeheimen und Hospizen vor: Ohne Ehrenamt- parkgespräche - talk im körnerpark, neukölln, martin steffens, serkan gülfirat, werner roepke, bertil wewer, heidi göbelliche lägen nicht nur in Neu- kölln, sondern bundesweit etli- che Bereiche des kulturellen, politischen und sozialen Lebens brach.

Was motiviert Menschen, sich ehrenamtlich zu engagieren? Verdrängen sie durch ihren bür- gerschaftlichen Einsatz gar Ar- beitsplätze und nehmen dem Staat Verantwortung ab? Diese Fragen standen im Mittelpunkt des letzten Parkgesprächs, einer durch Soziale Stadt-Mittel finanzierten Talkreihe im Körnerpark. Flankiert vom Moderatoren-Duo Martin Steffens und Heidi Göbel nahmen Serkan Gülfirat (2. v. l.), Werner Roepke (M.) und Bertil Wewer (2. v. r.) auf dem Podium Platz, um etwa 30 Gästen im Publikum von den Erfahrungen als Ehrenamtliche zu erzählen.

parkgespräche - talk im körnerpark, neukölln, martin steffens, serkan gülfiratEinen eher ungewöhnlichen Weg schlug Serkan Gülfirat ein. Statt sich in die Akti- vitäten eines bereits bestehenden Vereins einzuklinken, gründete der heute 28-Jäh- rige zusammen mit 11 anderen jungen Neuköllnern selber einen: den Buntes-republik e. V.. „Wir hatten einfach Lust, eigene Projekte im Bildungs- und Integra- tionsbereich zu kreieren  und Neukölln so mitzubewegen“, sagt der Diplom-Polito- loge. Aktuell seien etwa 20 Leute ehrenamtlich für die Buntesrepublik aktiv; Gülfirat wendet als Vize-Vorsitzender zeitlich um die fünf Stunden pro Woche auf. Ließe man eine Stoppuhr mitlaufen, würde aber oft wesentlich mehr zusammen kommen, vermutet er: „Aber beim Ehrenamt guckt man parkgespräche - talk im körnerpark, neukölln, werner roepke, bertil wewer, heidi göbeleben nicht so genau hin.“

Das tut auch Bertil Wewer nicht. Er sei einerseits ehrenamtlicher Über- zeugungs- und andererseits Mehr- fachtäter, bekennt der 53-Jährige, be- vor er einige der Tätigkeiten aufzählt, die es mit dem Brotjob als Diplom-Betriebswirt in einem Neuköllner Le- bensmittelwerk zu vereinbaren gilt. „Insgesamt sind meine ehrenamt- lichen Aufgaben wie ein zweiter Full- time-Job“, schätzt Wewer. Besonders zeitintensiv seien dabei das politische Engage- ment für die Grünen samt des Mandats als Bezirksverordneter in der Neuköllner BVV und der Einsatz für die Bürgerstiftung Neukölln. „Natürlich verflucht man das alles manchmal“, gibt er zu, „aber meistens macht es eben doch viel Spaß.“ Was Bertil Wewer als Spaß bezeichnet, nennt  Werner Roepke „persönlichen Benefit“. Der sei neben dem Bedürfnis, etwas für die Gesellschaft zu tun, und der Möglichkeit des freiwilligen, selbstbestimmten Arbeitens eine der Haupttriebfedern, Ehrenämter zu über- nehmen. „Wenn nur eine davon ausfällt, verpufft das Interesse in der Regel schnell“, ist die Erfahrung des studierten Sozialarbeiters, der nun bei der Gewerk- schaft ver.di als Landesfachbereichsleiter Gemeinden für Berlin-Brandenburg zuständig ist. Ehrenamt sei gelebte Demokratie und unverzichtbar für eine Gesell- schaft. „Aber man muss eben auch sagen, dass mit diesem bürgerschaftlichen Engagement vor allem in so genannten weichen Bereichen wie Kultur, Bildung und Soziales Haushaltssanierung  betrieben wird“, schränkt Werner Roepke ein. Einzig deshalb gebe es seitens der Politik die Strategie, das Ehrenamt zu fördern.

Wirklich marktschreierisch tut sie das allerdings nicht: Von der gesetzlichen Unfall- versicherung für Ehrenamtler wissen vermutlich nur wenige. Dass es vom Berliner Senat ein Bonbon namens FreiwilligenPass zur Würdigung derer gibt, die parkgespräche - talk im körnerpark, neukölln, serkan gülfirat, werner roepke, bertil wewersich bürgerschaftlich engagieren, über- raschte selbst Moderatorin Heidi Gö- bel und wird auch unter ehrenamtlich Aktiven alles andere als hinlänglich bekannt sein. Mit vergleichsweise großem Trara wurden dagegen die 15.000 Plätze feilgeboten, die im laufenden Jahr über den Bundesfrei- willigendienst auf den Markt kamen, um weggefallene Zivildienst-Stellen zu ersetzen. Mit Freiwilligkeit im Sinne von Ehrenamt und dessen Förderung oder Würdigung hat das Programm jedoch nichts zu tun.  Häufig seien es Senioren, die sich mit dem Zuverdienst die Rente aufbessern, oder Ex-Schüler, die als Bufdis die Zeit bis zum Beginn des Studiums überbrücken. „Die wirklichen Profiteure sind aber die großen Wohlfahrtsverbände“, kritisiert Werner Roepke.

Bezüglich der Anerkennungskultur des Ehrenamts müsse noch viel getan werden, findet nicht nur Roepke, sondern meinen auch Serkan Gülfirat und Bertil Wewer. Schon die rechtliche Situation sei verheerend. „Als Vorstand eines Vereins haftet man mit dem Privatvermögen“, erklärt Wewer. Da seien Hauptamtliche viel besser abgesichert. Aber auch ohne einen Super-GAU müsse man es sich leisten können, Zeit für gesellschaftliches Engagement zu investieren, gibt Gülfirat zu bedenken. Daher habe er absolut nichts gegen die Zahlung von Aufwandsentschädigungen. Darüber, berichtet Bertil Wewer, sei auch innerhalb der Bürgerstiftung Neukölln schon wegen des Neuköllner Talente-Projekts diskutiert worden. Die Entscheidung fiel gegen eine Honorierung des Engagements der Paten aus; das Argument, dadurch würde das Ehrenamt abgewertet werden, gab den Ausschlag.

Beim nächsten Parkgespräch am 26. Oktober geht es ab 19 Uhr um das Thema „Altern in Neukölln“. Podiumsgäste sind Meltem Baskaya (Kom- petenz-Zentrum Interkulturelle Öffnung der Altenhilfe), Hedwig Rockel (Vita e.V. / Seniorentreffpunkt Neukölln), Dr. Jochen Ziegelmann (Deutsches Zent- rum für Altersfragen) und Neuköllns Sozialstadtrat Bernd Szczepanski. Der Eintritt ist frei; Platzreservierung unter tickets[at]parkgespraeche.de.

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Ein Sonn(en)tag ideal zum Vertrödeln

„Wie geil ist das denn?!“ So wird heute beim Nowkoelln Flowmarkt  nicht nur das Aufstö- bern besonders be- gehrter Schnäpp- chen kommentiert, sondern immer wie- der auch das Wetter. Unter strahlender Herbstsonne drän- gen sich die Menschen durch die beiden Standreihen am Maybachufer, auf dem Landwehrkanal ziehen Ruderer und Ausflugsdampfer vor- bei. „Im Sommer haben wir hier schon in dicken Klamotten gesessen und uns mit Tee und Glühwein warm gehalten“, erzählt eine Frau, die im Reuter- kiez wohnt und sich mit einer Nach- barin einen Trödelstand teilt. „Heute wäre ’ne Caipi das Richtige“, findet sie und legt ihre Strickjacke über die Lehne des Campingstuhls. Solange die Sonne in den Stand scheint, reicht ein T-Shirt.

Wer Wintersachen zum Kauf anbietet, muss sich trotzdem nicht über mangelndes In- teresse  beklagen. Die sind  ebenso gefragt wie kalte  Getränke, frische  Paella, alte

 Schallplatten und Bücher, Geschirr und Gläser,  Spielzeug und Plätze an der Sonne.

Regelkonform

Die Einbahnstraßenregelung gilt zwar eigentlich nur für die Fahrbahn, die um den Herrfurthplatz führt. Doch auch die Draußensitzer des Café Selig halten sich daran und rücken die Tische, Stühle und Bänke auf dem Platz vor der Genezareth-Kirche immer brav bis zum Geht-nicht-mehr in die erlaubte Richtung – der Sonne wegen.

Auf dem Weg zu Empathie und Aussöhnung

ausstellung "speaking to one another", galerie im saalbau neuköllnDie gemeinsame Vergangen- heit der Türkei und Armeniens ist alles andere als unbelastet. Die Folgen der Ereignisse, die inzwischen rund 100 Jahre zu- rückliegen, überschatten das Verhältnis der beiden Nachbar- länder noch heute. Hunderttau- sende Armenier wurden da- mals, in der Ära des Osmani- schen Reichs, deportiert und er- mordet, Überlebende wurden ihres Heimatlandes beraubt. Auf dieser von Gräuel- taten geprägten Epoche beruht die Wanderausstellung „Speaking to one another“, die – nach Stationen in der Türkei, Armenien, Georgien und Zypern – derzeit in der ausstellung "speaking to one another", galerie im saalbau neukölln, carmen beckenbach, meltem aslan, matthias klingenbergGalerie im Saalbau gezeigt wird.

„Vor drei Jahren begann die Arbeit an diesem einzigartigen Oral History-Projekt mit einer Sommerakademie für armenische und türkische Stu- denten in Armenien. 2010 fand ein zweites Camp in der Türkei statt“, erklärt Matthias Klingenberg (r.), Re- gionaldirektor des Instituts für Inter-nationale Zusammenarbeit des Deut- schen Volkshochschul-Verbandes. In nie zuvor dagewesener Offenheit, sagt er, hätten sich die Teilnehmer in gegenseitigen Interviews mit dem Verhältnis ihrer Heimat- länder zueinander, mit ihrer gemeinsamen Historie, den Traumata sowie der lokalen Geschichte der Region auseinandergesetzt. Auch Carmen Beckenbach (l.), Kuratorin der Ausstellung, zeigt sich angetan von den Ergebnissen der sehr persönlichen ausstellung "speaking to one another", galerie im saalbau neuköllnGeschichtsforschung der Studenten: „Durch die Au- thentizität und Intensität der dokumentierten Ge- spräche gelingt es, dass die Ausstellung über das geschriebene Wort funktioniert.“ Ergänzt werden die ausstellung "speaking to one another", galerie im saalbau neuköllndeutschen und türki- schen Texte durch Portrait- und Land- ausstellung "speaking to one another", galerie im saalbau neuköllnschaftsfotos sowie Vi- deos. Doch es gehe nicht allein darum, dass die Besucher mit der Situation in Türkei und Armenien konfrontiert werden, ausstellung "speaking to one another", galerie im saalbau neuköllnbetont die Kuratorin: „Diese Ausstellung soll nicht wie ein Raumschiff in Neukölln wirken, sondern gewisse Dinge in den Menschen hervorrufen, die sehen. Sie sollen angeregt werden, sich mit Fragen wie ‚Wer schreibt Geschichte?‘ oder ‚Ist Versöhnung mög- ausstellung "speaking to one another", galerie im saalbau neuköllnlich?‘ zu beschäftigen.“ Eigens dafür wurde im ersten Raum der Galerie ein runder Tisch auf- gestellt; die Bögen mit beantworteten oder gar neu aufgetauchten Fragen lassen die Installation immer weiter anwachsen und werden so zum Teil der Aus- stellung, die nach ihrem Intermezzo in Neukölln nach Paris weiterziehen wird.

Eindrucksvoll ist dieses so wichtige Ergebnis der Vergangenheitsbewältigung zweier Völkergruppen zweifellos, das den ersten Schritt zu Empathie und Aussöhnung zwischen Türken und Armeniern darstellen könnte. Ein Manko dürfte jedoch für manchen Besucher die Textlastigkeit der Ausstellung sein. Man muss schon viel lesen wollen (und können!), um Einblicke in das zentrale Kapitel der gemeinsamen Geschichte und dessen Folgen zu gewinnen.

„Speaking to one another“ ist noch bis zum 28. Oktober in der Galerie im Saalbau zu sehen; Öffnungszeiten: Di. – So. 10 – 20 Uhr.

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Entledigt

Wenn die Blätter der Bäume von sattem Grün zu leuchtenden Gelb-, Orange- und Rot-Tönen wechseln oder in welken Braun-Nuancen auf den Bürgersteigen liegen, scheint das auch manche Neuköllnerin zu inspirieren, spontan von knalligem Pink auf eine neue Klamottenfarbe umsteigen zu wollen.

Auf der Sonnenseite

„Das hab ich wirklich noch nie erlebt!“, sagt die rüstige 78-Jährige. Von der östlichen Straßenseite der Sonnenallee habe sie gestern Mittag auf die westliche hinüber gehen wollen, an einer Fußgängerampel. Die warme Herbstsonne strahlte auf die stadteinwärts führenden Fahrspuren und die Mittelinsel, alles westlich davon lag im Schatten. „Es war ein komplett spontaner Entschluss, noch ein wenig auf der Mittelinsel verweilen zu wollen, um dort die Sonnenstrahlen zu genießen“, er- zählt die Rentnerin. Um es beim Sonnenbaden etwas bequemer zu haben, habe sie sich an den Am- pelmast gelehnt: „Das war so herr- lich, dass ich mehrere Grünphasen vergehen lassen hab.“ Der Gipfel der Herrlichkeit sei jedoch gewesen, dass keine einzige Grünphase ver- ging, ohne dass sie nicht von Wild- fremden besorgt gefragt wurde, ob es ihr nicht gut gehe oder sie Hilfe beim Überqueren der Straße brauche. Dass es solche Erlebnisse gibt, müsse man doch auch mal festhalten – bei all der Brutalität, Ignoranz und Gedankenlosigkeit, die in Berlin herrscht, findet sie.

Nicht bewacht, sondern beschützt

albert-schweitzer-gymnasium neuköllnGestern endeten nicht nur die Herbstferien für Berlins Schüler und Lehrer, auch die  Zeit ohne Wachschutz-Personal ist nun an 11 von 65 Neuköllner Schulen vorbei. „Damit entfällt für uns auch endlich wieder die permanente Beschäftigung mit dem Schutz der Schüler und der Schule“, stellte Georg Krapp (r.), Rektor des Albert-Schweitzer-Gymnasiums, gestern beim podium pressegespräch "wiedereinsetzung des wachschutzes an neuköllner schulen", albert-schweitzer-gymnasium, dr. franziska giffey, georg krappPressege- spräch fest, zu dem Neuköllns Schulstadträtin Franziska Giffey (l.) an- lässlich der bezirksweiten Wiedereinsetzung des Wach- schutzes eingeladen hatte.

Vor einem Dreivierteljahr hatte die Maßnahme aus Kostengründen eingestellt werden müssen, dank einer Nachschlagszahlung des Berliner Senats an die Bezirke kann sie jetzt fortgesetzt werden. Bis Ende 2013, so Giffey, laufe der Vertrag mit den Rheinischen Sicherheits Diens- ten (RSD), die sich bei der europaweiten Ausschreibung durch das beste Preis-Leistungs-Verhältnis sowie die podium pressegespräch "wiedereinsetzung des wachschutzes an neuköllner schulen", albert-schweitzer-gymnasium, dr. franziska giffey, georg krapp, burkhard emonds, afif abbassiEinhaltung des vom Bezirk vorgegebenen Krite- rienkatalogs hervor getan hatten. Ein Mindeststundenlohn von 8,50 €, eine mindestens dreijährige Erfahrung beim Schutz öffentlicher Gebäude, ein Mit- arbeiterstab von mindestens 50 Perso- nen, ein Augenmerk auf die Frauen- und Ausbildungsförderung – all das seien Punkte gewesen, die es neben der Qualifikation, einwandfreien Führungszeugnissen und Sachkundeprüfungen der Mitarbeiter zu erfüllen gegeben habe. Auch deren Alter sei ein Kriterium gewesen: Weder zu jung noch zu alt dürfen sie sein. Die gänzlich unbewaffneten Wachschützer dürften bei Schulfremden, die ins Gebäude wollen, nicht den Eindruck erwecken „Den Opa renn ich um und geh rein!“, erklärte Burkhard Emonds (2. v. r.), der beim RSD für das Qualitätsmanagement zuständig ist. Zu jugendliche Wachschützer hingegen könnten leicht zu Verbrüderungs-Ambitionen führen: „Die wollen wir auch nicht, albert-schweitzer-gymnasium neuköllnsondern ein freundliches Verhältnis.“ Afif Ab- bassi (r.) guckt zwar nicht gerade freundlich, nickt aber bestätigend. Er ist einer der beiden Einsatzleiter für das neue Betätigungsfeld albert-schweitzer-gymnasium neuköllnder RSD an Neu- köllner Schulen und koordiniert die 24 multieth- nischen Doppel- streifen, die durch Springer verstärkt werden können. Dass die meisten Mitarbeiter außer der deutschen mindestens eine weitere Sprache beherrschen, sei zwar bei Einsätzen in einem Bezirk wie Neukölln nicht unwichtig, ergänzte Emonds, wichtiger als die Sprache sei aber das Gefühl für einen Migrationshintergrund.

Einer, der all diese Qualitäten besitzt, ist Mostafa Mou- savi. Der 53-Jährige ist am Albert-Schweitzer-Gymnasium kein Unbekannter. „Ich war schon für die Firma tätig, die hier vorher den Wachschutz stellte, und bin nun nach neun Monaten Arbeitslosigkeit ins Team des RSD geholt worden“, erzählt der gebürtige Iraner. Zu seinem alten, neuen Arbeitsplatz hat er schon insofern ein besonderes Verhältnis, als auch seine Tochter hier zur Schule ging. Acht seiner albert-schweitzer-gymnasium neuköllnKollegen wurden ebenfalls auf Empfehlung von Schulleitern vom RSD angeheuert.

„Was man aber ganz klar sagen muss, ist, dass wir den Wachschutz nicht für die innere Sicherheit unserer Schule und Störfälle unter Schülern brauchen“, beton- te Schulleiter Krapp mehrfach. Derartige Probleme würden mit pädagogischen Mit- teln gelöst. Es gehe einzig und allein darum, Schulfremde am Zugang zum Gebäude und so daran zu hindern, es nach möglichem Diebesgut auszukundschaften oder in den Schulklos Drogen zu konsu- mieren: „Unsere Schüler fühlen sich durch den Wachschutz also nicht bewacht, sondern beschützt.“

Etwa eine Million Euro kostet die Maßnahme den Bezirk bis Ende nächsten Jahres. „Zum Idealbild einer Schule passt sie sicher nicht“, hielt auch Franziska Giffey fest, aber die Effektivität spreche für sie und sie trage entscheidend dazu bei, dass Eltern ihre Kinder in einer sicheren Schulumgebung wüssten. Die Alternative einer techniklastigen Lösung, sprich: die Ausstattung der Schulen mit Drehkreuzen, Chipkarten und Gegensprechanlagen, wäre jedenfalls nicht günstiger gewesen, wie ein von der Firma Bosch erstelltes Modellkonzept ergeben habe.

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Neuköllns neue süße Seite

Auf den ersten Blick wirkt es, als wäre Neukölln mal wieder vorne: „Deutschlands erster Obst Döner“ kündigen die noch unbeleuchteten Leuchtreklamen des kleinen Ladens in der  Neckarstraße  an,  in  dem noch heftig  gewerkelt wird. Doch  schon  in

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wenigen Tagen soll nach Kreuzberg auch Neukölln sein  Wonder Waffel-Paradies mit  bestem  Soulfood gegen den November-Schmuddelwetter-Blues  haben.

Very britzish

friedhof koppelweg britz, berlin-neukölln, tag des friedhofs 2012„Humor haben sie ja, die Britzer“ – das könn- te denken, wer diese Fahne über dem Fried- hof Koppelweg flattern sieht. Auch die Vermu- tung, sie wäre zum Tag des Friedhofs gehisst worden, liegt nahe. Der aber hatte in diesem Jahr mit „Kein Ort wie jeder andere“ ein an- deres Motto.

Stattdessen ist die Auf- forderung „Es lebe der Friedhof!“ eine Kampa- gne vom Bund deut- scher Friedhofsgärtner, die die Friedhöfe so als kreative und inspirieren- de Orte in die Mitte der Kultur und Gesellschaft rücken wollen.

Abgebremst

Was einem entgeht, wenn man sich auf dem bergab führenden Radweg der Her- mannstraße  ganz  dem  Geschwindigkeitsrausch hingibt: die  in Stein gemeißelte Er-

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innerung an ein Stück Neukölln-Historie, den  Rollkrug.

Neuköllner sind überall

literaturbahnhof, buchmesse frankfurt/main, frankfurt hbfOb Neukölln überall ist, sei mal dahingestellt. Auf sichererem Eis bewegt man sich da aller Wahrscheinlichkeit nach mit der These, dass frankfurt/mainNeuköllner überall sind. In Frankfurt/Main bei- spielsweise, wo seit vor- gestern und noch bis übermorgen die Buch- messe stattfindet. Heute hat dort Neuköllns Be- zirksbürgermeister Heinz Buschkowsky am Ull- stein-Stand seinen gro- ßen Auftritt. Was er von Mainhattan alles nicht sehen  wird – die Zeil mit  ihren Baustellen und futuristischen  Shoppingtempeln, die

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bockenheimer warte, messeturm, frankfurt/mainSkyline aus Perspektiven fernab des Messegeländes und die Kaffee-Rösterei Wissmüller in einem Hinterhof der Leipziger Straße im Stadtteil Bockenheim bei- kaffee-rösterei wissmüller, bockenheim, frankfurt/mainspielsweise – zei- gen wir hier, Busch- kowsky bei seinem Buchmesse-Promo-Marathon aber nicht. Denn es reicht ja, wenn heute ein Neuköllner bei der Buchmesse ist.

=ensa=