Lost in Gentrification

Ich muss zugeben, dass ich den Begriff Kreuzkölln normalerweise nie ohne „kotz“ dazwischen schreibe oder sage: Kreuzkotzkölln. Denn ich finde diese Benamsung unsäglich und meine, dass die dort lebenden Menschen fähig sein sollten, mittels eines Stadtplans oder ihres Meldeamtes rauszufinden, in welchem Berliner Stadt- bezirk sie wohnen. Neukölln  o d e r  Kreuzberg. Kreuzkölln ist eine gentrifizierte Hipster-Erfindung. Und vermutlich steht „gentrifizieren“ nicht umsonst als schwaches Verb im Duden. Und cover "lost in gentrification", satyr verlagdamit oute ich mich vielleicht gerade als Verlorene.

„Lost in Gentrification“ heißt jedenfalls ein neues Buch sebastian lehmann, buchpremiere "lost in gentrification", heimathafen neuköllndes Satyr Verlages, heraus-gegeben von Sebastian Leh- mann (o.) und Volker Sur- mann (u.). Es beinhaltet auf knapp 200 Seiten 36 Groß- stadtgeschichten von 32 volker surmann, buchpremiere "lost in gentrification", heimathafen neuköllnAutorinnen und Autoren wie Ahne, Jess Jochimsen oder André Hermann, die alle schon mal in irgendeiner Form mit der Gentrifizierung in Berührung gekommen sind.

Vorgestern hatte das Buch Premiere im Heimathafen Neukölln, und ich saß vorurteilsbehaftet in der ersten Reihe und fühlte mich am rechten Platz. Naja, bis auf die Tatsache, dass mir der nette Mann neben mir immer wieder sein Eau de Knoblauch ins Gesicht pustete. Egal, ich wollte Hipstergeläster hören. Hörte ich auch, aber eben nicht nur, sondern auch Hipsterlästerer-Geläster.

heiko werning, buchpremiere "lost in gentrification", heimathafen neuköllnuli hannemann, buchpremiere "lost in gentrification", heimathafen neuköllnIm Endeffekt: 15 Geschichten gelesen, gesungen, performt – und fast alle davon mit so viel Ironie und/oder Sarkas- mus, dass es schier von der Bühne troff. Brillant vorgetra- gen von Uli Hannemann (r.), tilmann birr, buchpremiere "lost in gentrification", heimathafen neuköllnder leider sehr schnell gehen muss- te, und Heiko Werning (o.), der auch maik martschinkowsky, buchpremiere "lost in gentrification", heimathafen neuköllnnoch super Klavierspielen kann. Von Tilmann Birr (l.), dem ich mitteilen möchte: „Ich habe keinen Freund, aber ’ne Luftpumpe hab ich!“, und von Maik Martschinkowsky (r.), der Strandnixe. Ebenfalls be- frank klötgen, buchpremiere "lost in gentrification", heimathafen neuköllneindruckend: Frank Klöt- martin gotti gottschild, buchpremiere "lost in gentrification", heimathafen neuköllngen (l.), der echt krasse Ge- dichte schreiben und auswen- dig aufsagen kann, Sebastian Lehmann, der heimliche Hip- ster und Mitherausgeber, sowie Martin „Gotti“ Gottschild (r.), der das Publikum so richtig zum Lachen gebracht hat und noch mehr berlinert als icke.

Ich fühlte mich jedenfalls aufs Beste unterhalten, und dem jubelnden, klatschenden Publikum ging es vermutlich auch so. Deshalb möchte ich gar nicht mal so sehr am Rande erwähnen, dass dieses Buch dringend gelesen werden sollte: Von Hipstern und solchen, die es werden wollen, und von Hipster- lästerern wie mir. Gentrifizierung betrifft alle, vom Pionier über den Gentrifyer bis hin zu denen, die unter den Veränderungen im Kiez leiden oder gar verdrängt werden. Dass das Thema  nicht immer nur bierernst  abgehandelt werden muss, beweist das Buch  „Lost in Gentrification“.

=Anna Sinnlos=