Neuer Info- und Treffpunkt in der Hufeisensiedlung

hufeisensiedlung britz, unesco welterbe, neuköllnhufeisensiedlung britz, unesco welterbe, neuköllnSie hat eine Gesamt- fläche von 37 Hektar, besteht aus 472 Ein- familienhäusern und 600 Wohnungen, wur- de von Bruno Taut ent- worfen, von 1925 bis 1930 als erste deut- sche Großsiedlung erbaut und steht seit knapp vier Jahren auf der UNESCO-Welterbe-Liste: die im Neuköllner Ortsteil Britz gelegene  Hufeisensiedlung.

Nun hat das mit architektonischen sowie topographischen Besonderheiten und originellen Straßennamen wie Hüsung, Hanne Nüte, Onkel-Bräsig- und Dörch- läuchtingstraße gespickte Viertel info station hufeisensiedlung, deutsche wohnen ag, hufeisensiedlung britz, unesco welterbe, neuköllnauch eine Info Station. Heute Vormittag wurde sie in einer aufwändig sanierten Ladenwohnung in hufeisensiedlung britz, unesco welterbe, neuköllnder Fritz-Reu- ter-Allee 44 eröff- net, um fortan Be- suchern der Sied- lung die Möglich- keit zu geben, sich über deren Historie zu informieren. Ein info station hufeisensiedlung, deutsche wohnen ag, hufeisensiedlung britz, unesco welterbe, neuköllnangeschlossenes, von Ehrenamtlichen des  FFHBB e. V.  betriebenes  Café  soll nicht nur das gastronomische hufeisensiedlung britz, unesco welterbe, neukölln, info station hufeisensiedlung, deutsche wohnen agAngebot des Kiezes rund um den Hufeisenteich erweitern, sondern sich auch als Anwohner-Treffpunkt etab- lieren.

Über 3.000 Menschen leben in der Hufeisensiedlung, die sich – abgesehen von eini- gen Einfamilienhäusern – im Besitz der Deutsche Wohnen AG befindet und seit drei Jahren umfassend mit Fördergeldern denkmalgerecht saniert wird. Dass die Siedlung nun zum Welterbe gehört, weiß der Vorstandsvorsitzende Michael Zahn, sei natürlich für viele Mieter erstmal beängstigend. Darum, dass sie  „privatisiert, aufgeteilt und verscherbelt“  wird, bräuchten sie sich jedoch keine Sorgen machen. hufeisensiedlung britz, unesco welterbe, neukölln, info station hufeisensiedlung, michael zahn (deutsche wohnen ag)Das werde in der Hufeisensiedlung ebenso wenig passieren wie in den anderen Welterbe-Wohngebieten des börsennotierten Unternehmens, ver- sprach Zahn. Im Großen und Ganzen, so sein Eindruck, würden sich die Mieter aber freuen, dass hier endlich etwas gemacht werde. „Der Geist der 1920er- und 1930er-Jahre wird aufgenommen und modern umgesetzt“, beschreibt Zahn das Sanierungskonzept der Deutsche hufeisensiedlung britz, unesco welterbe, neukölln, hufeisenteichWohnen AG.

„Was soll der auch sonst sagen?“, murrt eine Frau, die im Lowise-Reuter-Ring wohnt. „Die Vorteile durch die UNESCO-Ernennung hat die Deutsche Wohnen und die Nachteile haben wir Mieter.“ Sehr viel strenger seien die Auflagen hufeisensiedlung britz, unesco welterbe, neukölln, hüsunggeworden, des- halb habe es schon enormen Stress wegen Markisen oder verglaster Balkone gegeben. Andererseits, gibt sie zu, gefalle es ihr durchaus, dass die öffentlichen Anlagen nun verschönert und gepflegt werden. Nicht mal das will ein Mann aus dem Hüsung attestieren. „Früher“, sagt er, „haben schöne alte Bäume auf dem Platz am Hufeisenteich gestanden. Die wurden alle abgeholzt und durch mickrige neue ersetzt.“ Dass das im Sinne der UNESCO ist, könne er sich kaum vorstellen. In seinem sei es jedenfalls nicht.

Die Ausstellung in der Info-Station Hufeisensiedlung und das Café sind freitags von 13 – 17 und sonntags von 15 – 19 Uhr geöffnet.

=ensa=

Fünf Richtige

Neukölln hieß noch Rixdorf, als Inge Meysel genau heute vor 102 Jahren hier geboren wurde. Nur – wo die Familie damals wohnte, das gehört offenbar zu den großen Mysterien der Neuköllner Gegenwart. Sogar unter denen, die über ein pro- fundes Bezirks-Know-how ver- fügen.

Nicht mal im Museum Neukölln wird die Frage nach der Adresse mit einer sachdienlichen Antwort belohnt.  Die Archivarin wisse es bestimmt, erfährt man, doch die sei erst Mitte Juni aus dem Urlaub zurück. Das hilft zwar im Moment nicht weiter, stimmt aber etwas zuversichtlicher als die Reaktion einer Neukölln-Stadtführerin. Inge Meysel wurde in der Jonasstraße geboren, erklärte sie im Brustton der Überzeugung. Ebenso, dass am Geburtshaus noch heute eine Gedenktafel hänge. Dass  Inge Meysel  mit  Will Meisel  außer fünf identischer Buchstaben im Nachnamen reinweg gar nichts zu tun hatte, ist eine Sache. Ob das Haus 1910 überhaupt  schon stand, eine andere.

.

Die Fußball-EM wirft ihre Schatten voraus

neukölln, fußball-em 2012, balkon-flagge deutschlandNoch zehn Tage, dann beginnt die Fußball-EM 2012, und mit jedem Tag, den sie näher rückt, wird es in Neukölln bunter. Denn außer 186.665 potenziel- len Deutschland-Fans,  sprich: Neuköllnern ohne Migrations- hintergrund, sind Menschen aus allen 16 Ländern, die an der EURO 2012 teilnehmen, mehr oder weniger reichlich im neukölln, fußball-em 2012, balkon-flagge portugalBezirk vertreten: 5.747 stammen aus Polen, 1.207 aus Griechen- land, 583 aus Russland, 126 aus Tschechien, 386 aus den Niederlanden, 232 aus Däne- mark, 263 aus Portugal, 863 aus Spanien, 1.846 aus Italien, 155 aus Irland, 1.501 aus Kroatien, 466 aus der Ukraine, 337 aus Schweden, 873 aus England und 1.172 aus Frank- reich (Stand: 30.6.2011). Für Fanartikel-Hersteller bieten sich folglich paradiesische Zustände und ein breitgefächerter Absatz- markt.

Inzwischen dürfte die Zahl der Einwohner Neuköllns, die vor knapp einem Jahr bei 309.682 (Stichtag in 2010: 305.230) lag, sogar noch um einiges ange- wachsen sein, und gefühlt hat sich der Anteil der Spanier deutlich erhöht. Die Fans wel- cher Mannschaft am längsten und lautesten jubeln dürfen, wird sich zeigen. Auch, ob in zehn Tagen statt Decken, Kis- sen und Teppichen nur noch Flaggen gelüftet werden.

Neuköllns Flopmodels

Eigentlich ist es mit Schaufensterpuppen wie mit Models: Sie sollen den Fokus potenzieller  Kunden auf  die  Klamotten lenken  und diese  bestmöglich präsentieren.

skurrile schaufensterpuppen neukölln skurrile schaufensterpuppen neukölln

Etliche Kunststoffgestalten, die aus Neuköllner Schaufenstern auf Bürgersteige und Passanten starren, machen diesen Job jedoch mehr als schlecht und ziehen die Blicke so dermaßen massiv auf sich, dass die Textilien zur Nebensache geraten.

.

Ohne Netz und Zirkuskuppel: Slacklining par excellence

Bei schönem Wetter sind sie eine Mischung aus Open Air-Wohnzim- mer, Trainingscamp und Probe- bühne: die Neuköllner Parks. Viele Besucher bringen Stühle, Tische, Grills, massenweise Verpflegung und ihre Familien oder Freunde mit, andere ihr Jonglier-Equipment oder mehr oder weniger transport- freundliche Musikinstrumente.

Wenn Adrian Umlauft in den Volkspark Hasenheide kommt, um seinem Hobby – das auch gerne zum Beruf werden dürfte – zu frönen, fällt das Gepäck schon etwas schwerer aus. Auf das Gewicht eines Kleinkinds im schönsten Trotzalter bringt es die Ausrüstung, die er zum Slacklinen braucht, locker. „Aber es lohnt sich, sie hier her zu schleppen, weil die Bedingungen einfach perfekt sind“, schwärmt er. Die Senke, die sich in Nordsüdrichtung durch die Hasenheide zieht, sei ein wahres Geschenk für Slackliner. „Wenn die nicht wäre“, erklärt er, „müsste ich bei meinem Gewicht und der Slackline-Länge von etwa 100 Metern ziemlich weit in einen Baum klettern, um die Line zu befestigen und die Dehnung des Bands ausgleichen zu können“. Sieben Meter hoch müsste der Fixpunkt schon angebracht werden, schätzt er. Dass das Aufsteigen dadurch komplizierter und verletzungsträchtiger würde, steht auf einem anderen Blatt.

Spaziergänger bleiben stehen, Radfahrer halten an und die Leute, die auf der Wiese sitzen oder liegen, sehen Adrian Umlauft gebannt zu, wie er das Seil erklimmt. „Will der da etwa rüber?“, fragen sich alle staunend. Ja, er will und verschwindet  mental in  einer Welt, die  nur  noch  aus  dem  schmalen Band unter seinen  Füßen  besteht.

slacklining hasenheide neukölln, adrian umlauftslacklining hasenheide neukölln, adrian umlauftslacklining hasenheide neukölln, adrian umlauft

slacklining hasenheide neukölln, adrian umlauftslacklining hasenheide neukölln, adrian umlauftslacklining hasenheide neukölln, adrian umlauft

Etwa 10 Minuten dauert es, bis Adrian Umlauft sein Ziel erreicht hat. Eine sportliche Höchstleistung für die Konzentrationsfähigkeit und jeden Muskel seines Körpers. „Besonders“, sagt er, „geht es aber in die Schultern und Arme.“ Nach einer kurzen Pause im Schatten  macht er sich auf den Rückweg. Zwei Bänder an der Line  zeigen

slacklining hasenheide neukölln, adrian umlauftslacklining hasenheide neukölln, adrian umlauftslacklining hasenheide neukölln, adrian umlauft

ihm an, dass eine leichte Brise aus nordwestlicher Richtung weht. Die Zahl derer, die dem Slackliner zusehen wollen, wächst stetig. Dass das Band auf halber Strecke nur slacklining hasenheide neukölln, adrian umlauftnoch etwa einen halben Meter von festem Boden ent- fernt ist, beruhigt einerseits. Doch die Spannung, ob Ad-

slacklining hasenheide neukölln, adrian umlauftslacklining hasenheide neukölln, adrian umlauft

rian Umlauft die Strecke erneut ohne unfreiwilligen Abgang schaffen wird, bleibt bis zum Schluss. „Die größte Gefahr sind freilaufende Hunde, die mich anspringen, oder Leute, die in die Line greifen“, sagt er, als er wieder festen Boden unter den Füßen und die In-Ear-Kopfhörer aus den Ohren gezogen hat: „Musik brauch ich, um störende Geräusche auszuschalten und mich besser konzentrieren zu können.“ Das sei schon zu Beginn seiner Slackliner-Laufbahn vor etwa 1 1/2 Jahren so gewesen, anderes habe sich hingegen komplett verändert: Die Länge der Strecken und das Gefühl für den schmalen Grat. „Früher hab ich mich am Anfang und Ende des Seils sicherer gefühlt, weil es dort stabiler ist. Aber je mehr Erfahrung ich hab, desto lieber mag ich die Mitte und das Schwingen.“ Irgendwann will Adrian Umlauft auch eine 200 Meter-Distanz in der Hasenheide in Angriff nehmen. Geeignete Bäume, findet er, gebe es durchaus.

=ensa=

Neuköllner Glückssachen

Ob man auf der Kreuzberger oder der Neuköllner Seite wohnt, macht keinen Unterschied: Die Adresse  Hasenheide  ist eher keine, die mit Aaahs und Ooohs und Wows bedacht wird. Nur regelmäßig am Pfingstsonntag, da steigt die Beliebtheit der Wohnungen an der Hasenheide sprunghaft an – zumindest die derer, die Fenster oder besser noch einen Balkon zur Straße hinaus haben.

Auch morgen wird über die wieder die Karneval der Kulturen-Karawane ziehen: 99 Gruppen mit 5.190 Teilnehmern aus 70 Nationen starten ab 12.30 Uhr am Her- mannplatz und feiern mit Musik, Tanz und Akrobatik auf der Strecke von der  Hasen- heide bis zur Ecke Yorck-/Möckernstraße sich selber und die 17. Auflage des wohl buntesten gesellschaftlichen Ereignisses der Hauptstadt. Waren es 1996 noch nur rund 50.000 Menschen, die dem von der Werkstatt der Kulturen in Neukölln initiierten karnevalesken Multikulti-Treiben zusehen wollten, so knackte die Besucherzahl bereits im Jahr  2000 die  Millionengrenze. Im  Getümmel entlang der Feststrecke  ei-

karneval der kulturen berlin-neukölln karneval der kulturen berlin-neukölln

nen Sitzplatz zu ergattern, ist also reine Glückssache. Wie unterschiedlich „Glück in Neukölln“ aussehen kann, will der diesjährige, noch bis zum 17. Juni laufende  Foto- wettbewerb der Bürgerstiftung Neukölln  herausfinden. Wer sich mit Impressionen vom Karneval der Kulturen daran beteiligen will, sollte allerdings unbedingt darauf achten, dass er das Glück nicht auf der falschen Straßenseite erwischt.

=ensa=

Kopenhagen, Amsterdam – und jetzt auch in Neukölln!

Moghul-Rikschas NeuköllnLastenräder sind eine Sache, die ich, seit ich von ihnen weiß, großartig finde. Kinder, Einkäufe, Hunde, Musikanlagen, Freunde, alles mit eigener Muskel- kraft zu transportieren ist für einen ökologisch denkenden Menschen ein Traum.

Aber wenn man nicht gerade Kopenhagen mit der Freistadt Christiania um die Ecke hat, wo schon seit 30 Jahren Lastenräder hergestellt werden,  und die Niederlande doch etwas weiter weg sind – woher bekommt man dann so ein Gefährt für die großen Einkäufe, die Kinder oder gar den nächsten Umzug? Seit kurzem in Neukölln! Am 25. April wurde in der Elbestraße 1 direkt an der Ecke Sonnenallee die Eröffnung der Geschäftsräume von Moghul-Rikschas NeuköllnMoghul Rikschas gefeiert.

Der Laden wird von Andreas Neumann und Simone Rosenau geführt. Die beiden lernten sich vor drei Jahren als Velotaxifahrer kennen. Zu dieser Zeit gab es keinen Vertrieb für Rikschas in Berlin. Und so wurde aus der Not eine Tugend und der Direktvertrieb zunächst aus einer Garage heraus betrieben, bis sie den Laden (eine ehemalige Videothek) an der Sonnenallee bemerkten und sich offenbar gleich verliebten. Die Liebe, die in den Laden gesteckt wurde, erkennt man beim Betreten sofort. Ein heller und weiter Moghul-Rikschas NeuköllnVerkaufs- und Showroom, die Wände in Hellgrün gehalten und ein einladender Tresen direkt gegenüber der Tür.

Man merkt den beiden Inhabern im Gespräch die Begeisterung für das Fahrrad auf Anhieb an: Hier hat man es mit Überzeugungstätern zu tun und nicht nur mit Verkäufern.

Die angebotenen Modelle überraschen – nicht nur durch die für den Markt unglaublich günstigen Preise, sondern auch mit den Ideen, die dahinter stecken. So sind die längeren Modelle fürs bessere Verstauen faltbar, es gibt Regenplanen für die Kisten und darüber hinaus kann natürlich fast jeder Wunsch – einen entsprechenden Geldbeutel vorausgesetzt – erfüllt werden.

Modelle mit Elektrounterstützung gibt es selbstverständlich ebenfalls. Das macht bei einem Lastenrad auch Sinn, denn die Räder wiegen selbst ohne Insassen gerne 30 Moghul-Rikschas NeuköllnKilogramm oder mehr.  Die Namen der zwei- oder dreirädrigen Modelle wie „Rosinchen“, „Sumo“, „Woody“ oder mein Favorit „Hotte“ machen die Räder umso sympathischer.

Abgesehen von den Lastenrädern ist Moghul Rikschas der offizielle Tern-Point am Platze. Die Marke Tern bietet schicke Falträder für jeden Einsatzzweck, vom Rennflitzer über ein vollwertiges Mountainbike bis hin zum Reiserad. Die Einstiegsmodelle sind schon ab 399 Euro zu haben. An „normalen“ Zweirädern gibt es einige schöne Hollandräder (u. a. der Marke Union mit Frontgepäckträger) im Showroom zu begutachten und ein wunderbares Indienrad, das fabrikneu aus den 1940ern entsprungen zu sein scheint. Für Eltern mit Kindern, die das Radfahren noch lernen müssen, kann das Känguru-Rad den Kindern die Radfahrerperspektive vermitteln, ohne sie mit der selbstständigen Navigation durch den Verkehr zu überfordern. Hierbei sitzt das Kind vor dem Erwachsenen, komplett Moghul-Rikschas Neuköllnmit Sattel und Lenkergriffen.

Wer jetzt neugierig auf die Rikscha- oder Lastenrad-Welt geworden ist, hat Glück: Viele der Modelle kann man auch mieten. Zum Beispiel für Hochzeiten, Familienausflüge oder einfach, um beispielsweise das Tempelhofer Feld mit Kind und Kegel zu erfahren.

Live und in voller Fahrt sind Simone Rosenau und Andreas Neumann mit ihren Moghul Rik- schas bei der ADFC-Sternfahrt am 3. Juni zu erleben: Um 11.45 Uhr starten sie in der Kott- busser Straße 8 vor der Rad-Spannerei.

Also los, kopenhagenize Neukölln!

Moghul Rikschas ist von Mittwoch bis Freitag zwischen 12 und 20 Uhr und samstags von 10 bis 20 Uhr geöffnet.

=Ze evil Kohl=

Schlupflöcher

Viele von denen, die einen der sechs Eingänge entlang der Oderstraße nutzen, um von der Neuköllner Seite aus aufs Tempelhofer Feld zu kommen, sind offenbar vor allem eines: in Eile. Besonders deutlich wird das hinter den Toren der Oker- und der Allerstraße, wo  inzwischen recht komfortable Schlupflöcher im dichten Gebüsch dazu

schlupfloch okerstraße, eingänge oderstraße tempelhofer feld schlupfloch allerstraße, eingänge oderstraße tempelhofer feld

animieren, statt des hunderte Meter langen Umwegs auf asphaltierten Pfaden lieber den direkten – wenn auch etwas abschüssigen – Weg durch die Botanik zu nehmen. Gäbe es nahe des Eingangs an der Kienitzer Straße nicht die breite, aufs Feld führende Treppe, täte sich auch dort sicher längst ein Schlupfloch auf. An der Leinestraße setzen indes architektonische Begebenheiten der kreativen Weg- gestaltung Grenzen, an den beiden Haupteingängen ist die – ob des Ziels direkt vor Augen – unnötig.

Modifiziert und dezimiert – die Neuköllner Stadtmusikanten

fantasiakulisse berlin, neuköllnDie Flughafenstraße: Für die einen ist sie Neuköllns Ramschmeile, für die anderen das Trödelläden- paradies schlechthin.  Wer Dinge sucht, die den Status „fabrikneu“ schon vor Jahren oder Jahrzehn- ten abgelegt haben, wird hier be- stimmt fündig, denn von ausge- musterten Briefmarkensammlun- gen und abgelegtem Mobiliar bis zu historischen Schaufensterpup- pen gibt es (fast) alles.

Die Konkurrenz unter den Händ- lern ist folglich groß. Als unbe- strittener Platzhirsch gilt aber defi- nitiv Vojo Milosevics Skurrilitäten- fundus namens  Fantasiakulisse, wo nicht nur gestöbert und gekauft werden kann. Auch bei Filmteams, die nach passenden Miet-Requi- siten für ihre Sets suchen, ist der Laden längst kein Geheimtipp mehr. Es könnte also sein, dass der Hahn, die Katze und der Esel gerade verliehen sind und deshalb nur eine abgespeckte Neukölln-Variante der Bremer Stadtmusikanten vor dem Geschäft zum Einsatz kommen kann.

.

Heute hier, morgen dort: das Freiluft-Atelier von William Wires

william wires, streetpainting reuterkiez neuköllnDaran, dass Menschen mit Fotoappa- raten durch die Straßen von Neukölln schlendern, um Augenblicke auf Zel- luloid oder Speicherkarten zu bannen, haben sich die meisten Neuköllner längst gewöhnt. Alles andere als all- täglich ist dagegen das Prozedere, mit dem William Wires aus seinen Neukölln-Eindrücken Bilder macht.

Ein Bürgersteig in der Friedelstraße, mitten im hippen Reuterkiez. Der Landwehrkanal ist gut 100 Meter entfernt, die längst über die Bezirksgrenzen hinaus bekannte Eisdiele  Fräulein Frost, mit der sich der Schauspieler Carsten Andörfer ein zweites Standbein aufgebaut hat, auf der william wires, streetpainting reuterkiez neukölln, fräulein frostStraßenseite direkt gegenüber. William Wires‘ Galerie braucht nicht viel Platz: Zwei Tafeln, die Werke des Mittfünfzigers im Postkar-tenformat zeigen, lehnen an seinem Fahrrad. Das Atelier ist noch kleiner: Mit einem Qua- dratmeter kommt der Künstler aus, wenn er in aller Öffentlich- keit seine Staffelei aufstellt, um unter freiem Himmel zu arbei- ten. Natürlich könnte er ebenso Fotos seiner Wunschmotive machen und aus diesen Vor- lagen in seinem Kreuzberger Atelier Öl-auf-Leinwand-Werke schaffen, sagt Wires. Aber … Einerseits ist er nicht nur Maler, sondern auch Architekt. Und andererseits: „Eine Kamera sieht viel weniger und ganz anders als die Augen, und ich  will  malen, was  ich  sehe.“ Die Farben, die Dreidimensionalität, die Perspektive und die At- william wires, streetpainting reuterkiez neuköllnmosphäre – alles solle so authen- tisch wie möglich sein.

Der Aspekt des Miteinanders dieser vier Komponenten ist es auch, der das schmucklose Haus auf der Straßenseite gegenüber für William Wires malenswert macht. Ja, bestä- tigt der Freiluft-Maler, auf den ersten Blick wirke es sehr schlicht und unauffällig, aber die fein abgestimm- ten Farbnuancen seien interessant. Ob ein Geschäft im Haus ist, dessen Inhaber als  Käufer des Bildes infrage kommen könnte, ist für den gebürtigen Amerikaner irrelevant. Wirklich groß sei das Interesse bei Berliner Gewerbetreibenden nicht, gemalte Außenansichten in ihren Läden präsentieren zu können. William Wires wird trotzdem weiter mit seinem mobilen Atelier durch die Stadt ziehen, um zu malen, was andere fotografieren.

In der Galerie Rutil (Liegnitzer Straße 34 in Berlin-Kreuzberg) ist noch bis zum 27. Mai die Ausstellung „Confronting Comfort“ mit Werken von William Wires zu sehen. Geöffnet ist donnerstags bis sonntags von 15 – 18 Uhr.

=ensa=

Das Rote im Blauen

Dass der Flughafen Berlin-Tempelhof geschlossen wurde und Tegel das auch passiert, wenn  BER  irgendwann mal eröffnet  wird,  interessiert die Crew der   C 206

überhaupt nicht. Die rote Cessna, die quasi zum guten Ton am Himmel über Neukölln gehört, braucht weder betonierte Start- und Landebahnen, noch super- moderne Check-In-Terminals oder hochkomplexe Brandschutzvorrichtungen – son- dern einfach nur  Wasser und einen Steg. Beides gibt es im Nachbarbezirk Treptow.

Neukölln und seine Multi Kulti Süper Talente

finale "neukölln sucht das multi kulti süper talent", neuköllner maientage, volkspark hasenheide neukölln46 wollten es werden und versuchten in fünf Vorrunden das Publikum und die Juroren von ihrem Können zu überzeugen. Ins Finale der Casting- show „Neukölln sucht das Multi Kulti Süper Talent“, das gestern Nachmit- tag bei den Neuköllner Maientagen ausgetragen wurde, schafften es nur sieben von ihnen.

„Eigentlich sollten es nur sechs sein“, erklärte Moderator Pauly, „aber wir finalistin feline, finale "neukölln sucht das multi kulti süper talent", neuköllner maientage, volkspark hasenheide neuköllnwollten  Feline, der mit 10 Jahren jüngsten Teilnehmerin, eine Chance in der Endrunde geben.“ Die Schülerin war es dann auch, finalist frank, finale "neukölln sucht das multi kulti süper talent", neuköllner maientage, volkspark hasenheide neuköllndie das Finale mit ihrer Tanznummer eröffnete und damit weitaus mehr be- geisterte und überzeugte als Immobilienmakler und Elvis-Imitator  Frank, der das Zu- sammenspiel von großen finalistin sarah, finale "neukölln sucht das multi kulti süper talent", neuköllner maientage, volkspark hasenheide neuköllnPosen und Stimme nur spora- disch erfolgreich in den Griff bekam. Konkurrentin  Sarah  kon- zentrierte sich indes mit ihrer Interpretation eines Titels der achtfachen Grammy-finalistin meltin, finale "neukölln sucht das multi kulti süper talent", neuköllner maientage, volkspark hasenheide neuköllnSiegerin Adele aufs We- sentliche: den Gesang. Die 17-Jährige, die in einer Bäckerei jobbt und demnächst ihr Fach- abi angehen will, wäre sicher auch bei TV- Casting-Formaten nicht chancenlos. Für die wäre Meltin mit ihren 11 Jahren noch ein bisschen jung. Doch sie bewies schon mit ihrem Bette Midler-Song „The Rose“, dass sie Großes vorhat. Eine Gesangsausbildung dürfte aus ihrer beeindruckend kräftigen Stimme mehr von dem herauskitzeln, das schon jetzt über weite Strecken aufblitzte und unüberhörbar war: Talent.

Davon hat auch  Jamie  (l.) eine Menge abbekommen. Mit ihrer äußerst professionell anmutenden Akrobatk-Show landete die 15-jährige Schülerin, die – der Familien- tradition folgend – Artistin werden will, auf dem Bronzerang. Vor ihr konnte sich  Marc  platzieren, der im Brotjob als Klempner arbeitet und in seiner Freizeit mit Bällen, Keu-

drittplatzierte jamie, finale "neukölln sucht das multi kulti süper talent", neuköllner maientage, volkspark hasenheide neukölln zweitplatzierter marc, finale "neukölln sucht das multi kulti süper talent", neuköllner maientage, volkspark hasenheide neukölln gewinnerin nicola, finale "neukölln sucht das multi kulti süper talent", neuköllner maientage, volkspark hasenheide neukölln

len, Ringen und Fackeln jongliert. Irgendwann, sagt er, habe er mit drei Bällen angefangen und dann immer mehr Spaß an der Sache gewonnen. Inzwischen trainiere er mehrere Stunden täglich. Dass trotzdem nicht jedes Kunststück klappte, das er dem Publikum und der fünfköpfigen Jury präsentieren wollte, machte er durch Charme wett. Am Sieg von  Nicola  (r.) konnte aber auch Marc nicht rütteln. In der Vor- runde habe sie, so Moderator Pauly, die Konkurrenz  mit einem Whitney Houston-Titel förmlich an die Wand gesungen. Im Finale ging die Redakteurin eines Schul- buchverlags mit einem Song von Beyoncé als Letzte an den Start und wurde damit Erste der ersten Neuköllner Maientage-Castingshow.

=ensa/kiezkieker=

Man sieht nur, was man weiß – die Quadratur des Kreises auf dem Tempelhofer Feld

führung historische spuren des alten hafens, flughafen berlin-tempelhof, tempelhofer feldWer an einer Führung teilnimmt, tut das normalerweise, um etwas ge- zeigt zu bekommen und Neues zu erfahren. Umgekehrt haben Stadt-, Kiez- oder auch Museumsführer ge- meinhin an sich den Anspruch, genau diese Erwartungen ihrer Mitläufer zu erfüllen. Was das betrifft unterschei- det sich Beate Rossié nicht von anderen Tourguides. Wenn sie für das Berliner Forum für Geschichte und Gegenwart mit Neugierigen zur  historischen Spurensuche auf dem Tem- pelhofer Feld  aufbricht, hat sie es allerdings vergleichsweise schwer, den Wünschen gerecht zu werden. Denn von dem, was die Historikerin nahebringen will, ist nicht führung historische spuren des alten hafens, flughafen berlin-tempelhof, tempelhofer feldmehr viel zu erkennen.

„Der alte Flughafen ist fast vollständig aus dem Gedächtnis der Stadtgeschichte ver- schwunden“, hat Beate Rossié bei ihren Recherchen festgestellt. Kaum jemand wisse noch, dass nicht erst mit dem 2008 ge- schlossenen Zentralflughafen Berlin-Tem- pelhof Luftfahrtgeschichte geschrieben wur- de, sondern dass das Kapitel schon viel früher begann: „Am 8. Oktober 1923 wurde hier auf dem Gelände, das seit 1772 als Exerzierplatz diente, der erste Flugplatz eröffnet.“ Beate Rossié zeigt zum Turm der führung historische spuren des alten hafens, flughafen berlin-tempelhof, tempelhofer feldKirche am Südstern. Dort habe Zu- fahrtstraße begonnen; sie wurde nach dem Luftfahrtpionier Otto Lilien- thal  benannt und existiert noch heute. „Wir stehen jetzt auf dem alten Fahrweg, der zum Hauptgebäude führte“, erklärt die Historikerin und deutet auf zwei mächtige Platanen rechts und links vom Weg. Über 90 Jahre seien die alt und damals zur Begrünung des Vorplatzes ange- pflanzt worden. Der betonierte Pfad und die Kanaldeckel seien weitere Zeitzeugnisse.

Querfeldein über eine Wiese geht es weiter bis zum nächsten Halt. „Wo wir jetzt stehen, war das von 1926 bis 1929 erbaute Hauptgebäude“, sagt Beate Rossié und führung historische spuren des alten hafens, flughafen berlin-tempelhof, tempelhofer feldzeigt alte Fotos, die beweisen, wie schlicht der Bau von außen und wie pompös er innen- architektonisch war. Eine Dachterrasse habe er gehabt, die den Berlinern den Blick aufs Vorfeld und startende oder landende Flug- zeuge ermöglichte. Komplett unterkellert sei das Hauptgebäude gewesen: „Wenn man hier graben würde, würde man also mit Sicherheit auf den Keller stoßen.“ Und auf die Reste unterirdischer Tankanlagen, ergänzt die Expertin, bevor sie schmunzelnd ankündigt, dass man gleich auch endlich wieder etwas vom alten Flughafen sehen könne. „Hier“, sagt sie und macht auf von Moosen und Gräsern bewachsene Beton- und Asphaltflecken aufmerksam, „haben wir noch Teile des Vorfelds.“ Von anderem hingegen sei nichts mehr übrig: vom für damalige Verhältnisse spektakulären Scheinwerferturm, von der Funk- und Telegrafenstation, der Dopplerantenne und dem führung historische spuren des alten hafens, flughafen berlin-tempelhof, tempelhofer feldals Windrichtungsanzeiger dienenden Rauchofen.

Beate Rossié deutet auf eine Gras- fläche und hält ein Foto in die Runde: „Dort, zwischen den beiden ehema- ligen Rollbahnen, hatte man aus riesigen Lettern auf einer Länge von 90 Metern den Schriftzug BERLIN in den Boden eingelassen.“ Zumindest Reste der Buchstaben müsste man noch finden, vermutet sie: „Deshalb haben wir der Tempelhof Projekt GmbH auch dringend Grabungen an der Stelle empfohlen.“ Angesichts der Tatsache, dass der Vorgänger des ausgedienten Flughafens Tempelhof kaum Spuren hinterlassen hat, meint Beate Rossié, sollte man – Bauvorhaben hin oder her – doch wenigstens die erhalten, die noch da sind.

Beim morgigen „Parkfest auf der Tempelhofer Freiheit“ werden zwischen 10 und 18 Uhr verschiedene thematische Führungen angeboten, auch die zu den „Geschichtlichen Spuren im Alten Hafen“. Alle Führungen starten am Infopavillon nahe dem Haupteingang am Columbiadamm; die Teilnahme ist   kostenlos. Wann genau welche Touren starten, war leider in der Pressestelle der Tempelhof Projekt GmbH nicht bekannt.

=ensa=

„Neukölln, Neukölln“: very british und sehenswert

Als Kreative noch überall anders als in Neukölln ihre Zelte aufschlagen wollten, war der Künstler  John C. Barry  längst da. Bereits 1990 zog der gebürtige Brite in den Norden des Bezirks und ist somit etwas wie der Pionier der Pioniere.

Um seinen Werken gegenüberstehen zu können, muss man nicht mal in eine Galerie gehen. 2003 erhielt Barry von der Wohnungsbaugesellschaft Stadt und Land, die über 2.000 Wohnungen im Rollbergkiez  besitzt, den  Auftrag, gemeinsam mit  Bewohnern

john c. barry, holzskulpturen morusstraße/werbellinstraße, neukölln john c. barry, holzskulpturen morusstraße/werbellinstraße, neukölln john c. barry, holzskulpturen morusstraße/werbellinstraße, neukölln

des Viertels ein Kunstprojekt zu realisieren. Seitdem ziert eine Gruppe lebensgroßer, Anwohnern nachempfundener Holzfiguren die Ecke Morus-/Werbellinstraße. Um Bilder von John Clifford Barry zu sehen, musste man den Bezirk oder gleich Berlin verlassen; neun Jahre liegt die letzte Ausstellung in einer Neuköllner Galerie john c. barry, neukölln-ausstellung, galerie im saalbau neuköllnbereits zurück. Nun zeigt der 56- Jährige sie endlich mal wieder in seiner Nachbar- schaft. Um eben die geht es auch vorrangig bei den Werken, die seit einigen Tagen unter dem programmatischen Titel „Neukölln, Neukölln“ in der Galerie im Saalbau hängen.

Natürlich ist ein Bild des Rollbergkiezes dabei, doch lieber lässt John C. Barry sich john c. barry, neukölln-ausstellung, galerie im saalbau neuköllnoffenbar vom Treiben auf der Karl-Marx-Straße oder Neuköllns urbaneren Vierteln inspirieren. So ent- stehen mit Pinsel und Acrylfarben Gemälde voller john c. barry, neukölln-ausstellung, galerie im saalbau neuköllnliebevoll-ironischer De- tails, die Kurzgeschich- ten erzählen, Mileu- studien wiedergeben, vor Lebensgefühl strot- zen und stilistisch von Barrys sehr speziel- lem Realismus ge- prägt sind. Auf Verzerrungen – sowohl bei Menschen als auch bei Perspektiven – setzt der in London geborene Künstler, um das oft john c. barry, neukölln-ausstellung, galerie im saalbau neuköllnGroteske des Alltags in Neukölln auf Papier, Holz oder Leinwand zu veranschaulichen. „Neukölln“, findet  John C. Barry, „ist eine Art Mikrokosmos und niemals langweilig.“ Als Künstler/Mensch interes- siere er sich für fast alles auf dieser Erde (außer für Pädophilie und Leichtathletik), und „hier in Neukölln john c. barry, neukölln-ausstellung, galerie im saalbau neuköllnbin ich sehr gut be- dient, was Themen und Inspiration angeht.“

Dass er bei weitem nicht nur im näheren Umfeld sondern auch im Weltgeschehen auf Themen mit inspirierender Wirkung stößt, beweisen Barrys Bilder und Objekte im hinteren Raum der Galerie. Hier verlässt der Künstler die für seine Neukölln-Bilder typische Position des eher neutralen Beobachters und bezieht Stellung: zum Beispiel mit seiner „Modernen Madonna“, für dessen Heiligenscheine aus Patro- nenhülsen John C. Barry ein beachtliches Waffenarsenal verarbeitete.

John C. Barrys Ausstellung „Neukölln, Neukölln“ ist  noch bis zum 17. Juni  in der Galerie im Saalbau zu sehen. Geöffnet ist sie von  Dienstag bis Sonntag zwischen 10 und 20 Uhr.

=ensa=

Familienausflug statt Vatertagstour

bionade-biedermeier, galerie objets cherchés neukölln

(„Bionade-Biedermeier“ von Thomas Schmid/Galerie objets cherchés Neukölln)

.

Es geht voran

sri ganesha hindutempel hasenheide neuköllnDer Optimismus war groß: Im nächsten Sommer werde der Eingangsbereich des Sri Gane- sha Hindu Tempels eingeweiht, verkündete Vilwanathan Krish- namurthy, Vizepräsident des Trägervereins, bei der  Grund-steinlegung am 11. September 2010. Dann aber warfen uner- wartet bei Bodenuntersuchun- gen entdeckte Trümmer des 2. Weltkriegs und die aktuelle Wirt- schaftskrise die Planung über den Haufen. Gönner, die schon ihre Unterstützung für das Stem- men der spendenfinanzierten Baukosten in Höhe 850.000 Euro signalisiert hatten, legten ihre Zusagen auf Eis, andere zeigten sich zurückhaltender als erwartet.

Der Optimismus ist den Bauherren dennoch nicht vergangen, und mittlerweile nimmt der Haupteingang zum Tempel Gestalt an: 17 Meter wird der stufenpyramidenartige Turm mit Stuckornamenten und Götterstatuen  hoch werden, für das Eingangsportal ist eine Höhe von 6 Metern geplant.  Bis zu Ganeshas Geburtstag im September sollte es mit der Fertigstellung klappen, hofft man beim Tempelverein.

.

Mit T-Shirts und Telefonen gegen Gewalt und Ratlosigkeit

gruppenbild männer gegen gewalt, aufbruch neukölln e.v.Wenn Dutzende Männer stolz ihre neuen T-Shirts mit dem Statement „Männer gegen Gewalt“ auf der Brust präsentieren wollen, wird es selbst im Neuköllner Leuchtturm zu eng. Also legten sie gestern kurzerhand für einen Moment die Emser Straße lahm. Das brachte zwar einem BVG- Bus der Linie 277 sowie einigen Autofahrer eine unerwünschte Zwangspause ein, sorgte aber andererseits auch für das erwünschte Maß an Aufmerksamkeit.

pk projektvorstellung aufbruch neukölln e.v., neuköllner leuchtturm, falko liecke, elfriede buben, farhad dilmaghani,kazim erdogan

v. l.: Falko Liecke (Bezirksstadtrat für Jugend und Gesundheit), Elfriede Buben (Philip Morris GmbH), Farhad Dilmaghani (Staatssekretär des Berliner Senats), Kazim Erdogan (Aufbruch Neukölln e. V.)

„Männer gegen Gewalt“ ist eines der neuen Projekte, die die Vätergruppe des Aufbruch Neu- kölln e. V.  gestern bei einer Pressekonferenz vorstellte. Viel zu viel sei in den letzten Jahren im Rahmen von Integrationsprojekten für Mütter/ Frauen und Kinder getan worden, kritisiert Kazim Erdogan: „Aber dadurch sind die  Männer entschieden zu kurz gekommen.“ In diesem Bereich müsse endlich gehandelt werden. Erdogan ist einer, der handelt, und auch die Männer seiner vor fünf Jahren gegründeten türkischen Vätergruppe strotzen vor Aktivismus. Die Erfahrungen, die sie selber mit Gewalt gemacht haben, sind so unterschiedlich wie ihre Lebenswege. Einig sind sie sich jedoch, dass das Thema dringend aus der Tabuzone geholt werden muss. Helfen sollen dabei 2.000 T-Shirts, die in deutscher und türkischer Sprache Stellung beziehen. Dass die das Problem der Gewalt – selbst bei noch so starker öffentlicher Präsenz – nicht lösen, ist allen Beteiligten klar. „Sie sollen auch nur die Menschen für das Thema sensibilisieren und auf Straßen, in Schulen und Kitas Türöffner für Ge- spräche über Gewalt  sein“, sagt Kazim Erdogan und kündigt an, dass das Projekt mit weiteren Modulen fortgeführt wird. Wichtig sei, so Farhad Dilmaghanis Ein- schätzung, dass das Signal direkt von einer Community ausgehe, der das Stereotyp anonyme telefonberatung für männer, aufbruch neukölln e.v., elfriede buben, farhad dilmaghani, kamil duysakder Machokultur anhafte.

Mit dem anderen neuen Männer-Pro- jekt geht der Aufbruch Neukölln e. V. noch einen Schritt weiter. „Das weicht das Klischee vollends auf“, findet der Staatssekretär des Ressorts Arbeit, Frauen und Integration. Ab sofort bie- tet der Verein eine Telefonhotline an, die  Männer in Krisensituationen  rund um die Uhr  erreichen können, um angstfrei und anonym in deut- scher oder türkischer Sprache über ihre Probleme zu reden. Diejenigen, die ihnen zuhören und mit Rat oder auch Tat hilfreich unter die Arme greifen, sind Mitglieder der Vätergruppe. Zu sechst realisieren sie den Service, jeder von ihnen ist täglich vier Stunden lang stand-by. „Das Beruhigen des Anrufers und das Verhindern von Affekttaten steht bei der Beratung im Vordergrund“, erklärt Kazim Erdogan. Bei entsprechendem Bedarf sollen den Ratsuchenden Brücken zu Kriseneinrichtungen team anonyme telefonberatung für männer, aufbruch neukölln e.v.und Beratungsstellen gebaut werden, die sie ohne diese Erste-Hilfe-Maß- nahme nicht kontaktiert hätten.

Kamil Duysak (r.) ist einer dieser Brü- ckenbauer. Er hat sich eine der beiden Nachtschichten ausgesucht. Das mit dem Alltag zu vereinbaren, sei kein Problem, sagt Duysak, zumal seine Familie hinter seinem ehren- amtlichen Engagement stehe und ihn dabei unterstütze. „Sonst“, vermutet er, „ginge das auch gar nicht.“ Von anderer Seite werden die Aktivitäten des Vereins ebenfalls unterstützt. Dem Aufbruch Neukölln e. V. gelang es, die Firma Philip Morris zu gewinnen. „Wir haben in Neukölln ein Werk mit 1.400 Mitarbeitern und fördern solche niedrigschwelligen Projekte an unseren Standorten gerne.“ Bisher, so Unternehmenssprecherin Elfriede Buben, seien es ausschließlich Frauenprojekte gewesen. Trotzdem habe keine große Überzeugungs- arbeit geleistet werden müssen, da schließlich auch Frauen von der Förderung der Männerprojekte profitieren würden.

Ein weiterer Nutznießer der auf Männer ausgerichteten Angebote des Vereins um Kazim Erdogan ist zweifellos das Neuköllner Bezirksamt. „Unsere Angebote sind leider nicht immer passgenau“, räumt Jugend- und Gesundheitsstadtrat Falko Liecke ein. Dazu komme, dass vielen Menschen mit Migrationshintergrund das Vertrauen in bezirkliche Einrichtungen fehle: „Deshalb sind wir sehr dankbar für Projekte, die Tabuthemen aufgreifen und beim Überwinden von Hürden helfen.“ Ob und wie der Bezirk das Engagement der türkischen Männergruppe unterstützen will, die durchaus deutliche Parallelen zu den Stadtteilmüttern aufweist, ließ Liecke offen. Darüber, sagte er, könne man sprechen.

=ensa=

Von Leinwand zu Leinwand durch Neukölln

Bei der Premiere der Neuköllner Kurzfilmwanderung im letzten Jahr ging es um das Thema „Reisen“. Über 150 Zuschauer folgten damals dem mobilen Video-Beamer, foto: città aperta Neuköllner Kurzfilmwanderung 2011der Hauswände, Fassaden oder kahle Brandmauern zu Leinwänden und aus Gehwegen oder Parkplätzen Kinosäle  machte.

Ums Reisen geht es zwar gewisser- maßen auch bei der Neuköllner Kurz- filmwanderung 2012 wieder, doch die Mobilität bleibt diesmal dem Pub- likum überlassen. „In diesem Som- mer wollen wir  Kurzfilme aller Art zum Thema   Schatten und Lichter  zei- gen“, haben die Veranstalter beschlossen. Noch  bis zum 31. Mai  können Filme- macher ihre Vorschläge einreichen  und so dazu beitragen, dass der Norden Neu- köllns an einem August-Abend wieder zum Kinosaal wird.

.

Beziehungsweise

Die Weisestraße liegt im Neuköllner Schiller- kiez und ist eine Paral- lelstraße zur prominen- ten Schillerpromenade. Letztere ist der Ku- damm des Schillerkie- zes, erstere dafür ein kleines Stück länger. In der Weisestraße ist auch die Karl-Weise-Grundschule ansässig. Viele haben diese – oft nicht ganz freiwillig – näher kennen gelernt.

Wer war aber dieser Karl Weise? Als Schüler brachten ihm seine Streiche häufig Prügel ein und mehr als einmal wechselte er die Schule. Auch nicht immer auf eigene Initiative hin. Dass einmal eine Schule seinen Namen trägt hat er zu Lebzeiten nicht mehr erlebt. Oder sollte man besser sagen: nicht mehr erleben müssen? Doch zurück ganz an den Anfang.

Karl Weise wurde im November 1813 in Halle an der Saale geboren. Sein Kreißsaal war der Kellerraum einer Essigbrauerei. Mit seinen Geschwis- tern hätte er eine eigene Fußball- mannschaft plus eines Auswechsel- spielers stellen können; insgesamt zwölf Kinder gehörten zur Familie.

Als Sohn eines Zimmermanns erlernte auch Karl ein Handwerk – das des Drechslers. Nach seiner Lehre ging er, wie damals üblich, für drei Jahre auf Wanderschaft. In Berlin, wo er von 1842 bis 1848 lebte, schloss er bei einem Berliner Drechslermeister seine Meisterprüfung ab. Im Mai 1848 zog er nach Freienwalde (heute ist es eine 12.000 Einwohner-Stadt, die sich Bad Freienwalde nennt) und lebte dort bis zu seinem Tode im Jahr 1888.

Kinder hatte Karl Weise auch. Jedoch brachte er es nur auf eine halbe Fußballmannschaft. Beide Geschlechter paritätisch verteilt. Neben Auguste, Henriette Clara und Ottilie Marie Adophine gab es einen Karl Friedrich, einen Friedrich Wilhelm karl weiseund einen Barnim Friedrich Johannes. Barnim? Ein Blick in wikipedia zeigt, dass Freienwalde noch innerhalb der Begrenzung der Barnimhochfläche liegt. Daher nur Mut, wenn Sie überlegen, Ihren Sohn Berlin oder Neukölln zu nennen.

Als Karl Weise von 1842 bis 1848 in Berlin wohnte und lebte, besuchte er nicht ein einziges Mal Rixdorf, das damals noch weit vor den Toren Berlins lag. Weshalb dann die Benennung einer Straße, dies im Jahre 1894, und der Namensgeber für eine Schule in Rixdorf? Gemach.

Neben seinem Beruf als Drechslermeister pflegte Karl Weise noch ein großes Hobby. Er drechselte mit Leidenschaft Verse. Theodor Fontane hat Karl Weise in Freienwalde besucht und beginnt seine schriftliche Schilderung dieses Besuches passenderweise mit einem Vers:
Drechselt Pfeifen in guter Ruh
Und macht auch wohl
´nen Vers dazu.
Aus der Begegnung zwischen Fontane und Karl Weise entwickelte sich eine Freundschaft, die lebenslang anhielt. Als Karl Weise im Alter zu verarmen drohte, weil die aufkommende Zigarettenraucherei seiner Pfeifendrechslerei, von der er hauptsächlich lebte, schwer zu schaffen machte, wurde er u. a. von Fontane finanziell unterstützt. In einem Brief von Fontane aus dem Jahr 1862 findet sich folgende Bemerkung: „Von sechs bis acht reizende Fahrt nach dem Schlossberg, von acht bis elf mit dem Dichter und Drechslermeister Weise beim Biere geplaudert.“ Theodor Fontane widmete Karl Weise in seinen „Betrachtungen durch die Mark Brandenburg“ ein ganzes Kapitel mit dem Titel „Hans Sachs in Freienwalde“.

Jetzt aber schlussendlich zu der Beziehung zwischen Rixdorf und Karl Weise. Im Jahre 1874 trug er im Rixdorfer Handwerker-Verein sein Gedicht mit dem Titel „Loblied auf Rixdorf“ vor, dessen Eingangssätze abschließend zitiert werden. Dieser Vortrag und das Gedicht waren der Anlass, dass dann im Jahr 1894 im Schillerkiez eine Straße seinen Namen bekam: Weise- straße. Glücklicherweise hat sich bei der Namensgebung für die Schule niemand nach den Schulerfahrungen des jungen Karl Weise erkundigt. Obwohl, eigentlich hätte er mit seinem damaligen Betragen gut auch in heutiger Zeit die Karl-Weise-Grundschule besuchen können. Weshalb er in seinem Gedicht eingangs schreibt, dass er 10 Jahre in Berlin gewesen sei, obwohl es doch nur sechs Jahre waren? Vielleicht erinnerte er sich nicht mehr richtig daran oder ihm kam die Zeit länger vor. Oder die zehn Jahre sind einzig und allein dem Versmaß geschuldet.

Hier nun der Anfang seines Gedichts „Loblied auf Rixdorf“:

Zehn Jahre einst in Berlin gewesen
und heute Rixdorf erst gesehen?
Wo hätt´man je gehört, gelesen,
dass so Entsetzliches geschehn! –
Drum, Freunde, wahr´ ich keiner Zunge,
die heut mich durch den Gruss blamiert,
solch´ Dichter ist ein fauler Junge,
der nie nach Rixdorf hinspaziert!
Doch zwischen sonst und jetzt, ihr Lieben,
liegt vieles, ja das wissen wir,
wär´ Rixdorf, wies einst war, geblieben,
so wär´t ihr allesamt nicht hier.
Jetzt ist im Glanz und Schmuck gegeben.
Doch wem verdankt´s auch dieser Ort?
Des Volkes geistig regerm Streben,
der Bildung und dem freien Wort.
Wer von Berlin nach Rixdorf reiste,
den gab man einst verloren schon,
und wen der Sand nicht ganz verspeiste,
der hiess Fortunas Lieblingssohn.
So klangs vor mehr denn dreissig Jahren,
drum stand nach Rixdorf nie mein Sinn,
denn nichts als Dünger sah man fahren,
aus Spree-Athen nach Rixdorf hin.
Jetzt gibt´s Palais und prächt´ge Strassen,
dass jedes Augen staunen muss,
nicht eine Kuh sieht man mehr grasen,
auch fährt, und ich mach´ keine Phrasen,
jetzt schon dorthin ein Omnibus.

=Reinhold Steinle=
(unter Zuhilfenahme von Hainer Weißpflugs Artikel „Hans Sachs in Freienwalde“)

Reinhold Steinle ist am 26. Mai wieder in der Gegend rund um die Weisestraße unterwegs. Seine Stadtführung „Vom Schillerkiez zum Roll- bergviertel“ startet um 15 Uhr am Backparadies in der Hermannstr. 221. Anmeldung erwünscht: Tel. 53 21 74 01; die Teilnahme an der mindestens 90-minütigen Tour kostet 10 Euro (erm. 7 Euro).

Die Legende aus der Sanderstraße

jacky spelter, sanderstraße neuköllnManche nannten ihn den „King von Neukölln“, andere „Rock’n’Roll-Opa“ und für wiederum andere war er der „Nachbar mit dem großen Herz“. Auf den Tag genau vor acht Jahren, am 12. Mai 2004, hörte das auf zu schlagen, und Neukölln war um eine Berühmtheit ärmer.

Heute erinnert nur noch eine Gedenktafel an jacky spelter-gedenktafel, sanderstraße neuköllnJacky Spelter. Freun- de haben sie finanziert und am Haus in der Sanderstraße, wo der gebürtige Wiesbade- ner über drei Jahr- zehnte lang gelebt hatte, anbringen lassen. Aus ihrem Plan, das mit vergilbten Plakaten und Erinnerungsfotos zugepflasterte Wohn- büro des Rock’n’Roll-Urgesteins zu einem kleinen Privatmuseum zu machen, wurde leider nichts, weil die Erben des Verstorbenen die Bleibe kurzum in einer Hauruck-Aktion auflösten. Hätte Jacky Spelter ihnen mehr als ideelle Reichtümer hinterlassen, wäre es möglicherweise anders ausgegangen. Seinen 75. Geburtstag hatte der leidenschaftliche Musiker, Hobby-Koch, Schachspieler und Angler noch mit einem großen Konzert seiner Band „Jacky & his Strangers“ gefeiert. Danach wurde es – gesundheitlich bedingt – immer ruhiger um den, der seinen Fans bis dahin vor allem eines gegeben hatte: den Spaß, den sie wollten.

=ensa=