Neuköllns Comenius-Garten geht stiften

Irgendwie ist es bisher immer weitergegangen mit dem Comenius-Garten. Das ändert sich nun, allerdings nicht in der Form, dass der Garten geschlossen wird. comenius-denkmal, comenius-garten neukölln, förderkreis böhmisches dorf in berlin-neukölln e.v.Nein, es ist das Wort „irgendwie“, das bei der Fortschreibung der Geschichte des einzigartigen Neuköllner Kleinods ver- zichtbar sein soll.

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(v. l.: Thomas Blesing (Baustadtrat von Neukölln), Dr. Jiri Benes (Prager Institut für Philosophie), Henning Vierck (Geschäftsführer Comenius-Garten)

„Um den Come- nius-Garten dau- erhaft erhalten zu können, wollen wir eine Stiftung grün- den“, erklärte Geschäftsführer Henning Vierck vorgestern bei einem Pressege- spräch. Insbesondere für den Mittsech- ziger erfüllt sich damit ein Lebenstraum. Denn das Bedürfnis nach einer langfristigen Perspektive für die grüne Oase an der Richardstraße, die heute vor 20 Jahren gegründet wurde, ist kaum jünger als sie selber. „Jetzt“, sagte Vierck, „passt es einfach, den Schritt  zu echter Nachhaltigkeit zu machen.“ Einerseits sei er noch fit genug, um sich des Aufbaus der Stiftung anzunehmen. Andererseits hätten mit dem Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte und dem Institut für Philosophie der Akademie der Wissenschaften der Tschechischen Republik wichtige Kooperationspartner gewonnen werden können.

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(v. l.: Prof. Cornelia Müller (Garten- und Landschaftsarchitektin), SE Dr. Rudolf Jindrak (Botschafter der Tschechischen Republik), Prof. Dr. Jürgen Renn (Direktor Max-Planck-Institut Berlin)

Letzterer symboliert zudem einen Spa- gat von der Vergangenheit über die Gegenwart in die Zukunft. „Früher waren es die Glaubensflüchtlinge, die die Protestanten in ihrer böhmischen Heimat unterstützt haben, indem sie in Böhmen verbotene Bücher hier in Rixdorf druckten“, erinnerte Dr. Jiri Benes vom Institut für Philosophie in Prag. Er sei immer wieder beeindruckt, in welchem Maß in diesem Gebiet Neuköllns die Historie gepflegt werde, ergänzte Dr. Rudolf Jendrak, der  Botschafter der Tschechischen Repub- lik: „Das Böhmische Dorf und der Comenius-Garten sind Teile Böhmens in Berlin. Daher ist es mir wichtig, das Engagement zur Gründung einer Stiftung zu unterstützen.“ Auch das Neuköllner Bezirksamt wird dazu einen Beitrag leisten. „Geld können wir ja nicht beisteuern“, sagte Baustadtrat Thomas Blesing. Stattdessen sei es „ein Filetstück aus der Verfügungsmasse des Liegenschaftsfonds“, die der Bezirk gemeinsam mit dem comenius-denkmal, comenius-garten neukölln, förderkreis böhmisches dorf in berlin-neukölln e.v.Berliner Senat  als Stiftungskapital einbringe, um die Weichen für die Zukunft des Comenius-Gartens zu stellen: ein 7.332 Quadratmeter gro- ßes Areal mit zwei Gebäuden, dem comenius-denkmal, comenius-garten neukölln, förderkreis böhmisches dorf in berlin-neukölln e.v., werkstatt des wissenskleinen Seminar-Haus und der Werk- statt, die nun nach jahrelan- gem Leer- stand als Werkstatt des Wissens reichlich Platz für sehr spezielle Begegnungen bietet.

„Wir sind sehr glücklich, dass wir diesen Raum haben“, schwärmte Prof. Dr. Jürgen Renn. Der amtierende Direktor des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte kennt Henning Vierck bereits seit rund 30 Jahren: „Die Vision eines philosophischen Gartens hatte er schon damals, und es gab wohl niemanden, der sie nicht sehr gewagt fand.“ Dass solche kühnen studentischen Träume wahr werden, sei ja doch eher ungewöhnlich. Nicht minder comenius-denkmal, comenius-garten neukölln, förderkreis böhmisches dorf in berlin-neukölln e.v., werkstatt des wissensatypisch ist auch das, was mit der Werkstatt des Wissens entstand: ein Ort, an dem sich Kinder und Wissenschaftler auf Augenhöhe begegnen. Hat die Welt ein Ende? Wo ist auf der Erde oben und unten? Alle Fragen würden ernst genom- men werden, versicherte Renn. „Für uns ist das gemeinsame Forschen mit den Kindern äußerst wichtig, weil es die Insichgeschlossenheit der Wissenschaft aufbricht“, so der Wissenschaftshistoriker. „Es ist ein gemeinsamer Erkennt- nisprozess, sich der Unschuld des Erkenntnisvorgangs bei Kindern zu stellen.“ comenius-denkmal, comenius-garten neukölln, förderkreis böhmisches dorf in berlin-neukölln e.v., werkstatt des wissens, jan dillingDass die Wissenschaft ein offenes Ohr für diesen Kontext hat, sei langfristig unabdingbar.

Wie das gemeinsame Forschen in der Praxis aussieht, stellten Kinder der Klassen 1 bis 6 der benachbarten Richard-Grundschule bei einem Rundgang durch den maßgeblich durch Prof. Cornelia Müller nach dem Weltbild von Comenius gestalteten Garten vor: „Wie viele Heliumballons braucht man, um eine kleine Holzpuppe zum Abheben zu comenius-denkmal, comenius-garten neukölln, förderkreis böhmisches dorf in berlin-neukölln e.v., wissensworkshop,richard-grundschulebringen?“ lautete die Frage, aus der sich viele weitere ergaben. Was Helium ist. Welchen Einfluss die Größe der Ballons haben. Wie man jemandem, der das Wort Kilo nicht kennt, den Begriff Gewicht erklären kann. Am Ende fehlte der Ballon, der einem comenius-denkmal, comenius-garten neukölln, förderkreis böhmisches dorf in berlin-neukölln e.v.Kind aus der Hand geflutscht war, um das Experi- ment erfolgreich beenden zu können. Einerseits ein Missgeschick, andererseits aber auch dramaturgisch passend – trägt doch das aktuelle Forschungsprojekt von Kindern und Max-Planck-Wissenschaftlern in der Werk- statt des Wissens den Titel  „Zum Himmel“.

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