Die Lage könnte nicht besser sein: Direkt neben einem Ärztehaus an der Karl-Marx-Straße eröffnete Frank Wemme vor 12 Jahren sein Sanitätshaus. Mit zwei großen Schau- fenstern für Bandagen, Stützstrümpfe, Rol- latoren, Inkontinenz-Slips, orthopädische Kis- sen, Angora-Wäsche und anderes aus
dem Sortiment.
Heute öffnet Wemme sein Geschäft zum letzten Mal. Seit einigen Tagen hängt eine Inventarliste an der Ladentür: „Je mehr ich noch verkaufe, desto besser.“ Einerseits kann er die Einnahmen gut gebrauchen, anderer- seits erleichtert jedes Teil weniger die Auflösung des Ladens. Fast 1.500 Euro Miete hat er für den bezahlt. „Erhöht haben sich die Kosten in letzter Zeit nicht, aber leider wollte mir der Vermieter auch nicht ent- gegenkommen und sie senken“, sagt Frank Wem- me. Dann hätte vielleicht noch ein wenig länger durchzuhalten versucht. Aber gebracht hätte das auch nichts, vermutet er. Viele Ärzte würden mit großen Sanitätshäusern kooperieren und immer weniger Leute sich das leisten können oder wollen, was er anbietet. Obwohl es bei gesetzlich Kranken- versicherten oft nur um eine Zuzahlung von wenigen Euro gehe.
Deshalb ist dieser Freitag der 13. vor allem für Frank Wemme ein schwarzer Tag. „Hartz IV“, antwortet er traurig auf die Frage, wie es um seine Zukunft bestellt sei. Die einige hundert Meter weiter nördlich an der Karl-Marx-Straße gelegene Esprit-Filiale im Wo-früher-Hertie-war-Haus hat sich einen weniger symbolträchtigen Tag für ihr Ende ausgesucht: Sie schließt morgen! Schon im nächsten Monat soll die Textilkette Takko dort einziehen. In diesem Wechsel ein Zeichen für den doch eigentlich von Bezirk und Citymanagement angepeilten qualitativen Aufschwung von Neuköllns Haupteinkaufsstraße zu sehen, fällt schwer. Auch in der Schließung eines weiteren inhabergeführten Fachgeschäfts ist der nicht eben zu erkennen, und das Sani- tätshaus Wemme wird nicht das letzte sein.
=ensa=
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