Schatzsuche im Chaos

Es ist wie ein Sog. „70 % auf alles“ steht auf den Schaufenstern des Eckhauses an der Karl-Marx-Straße 95. Ein Lockruf, der seine Wirkung nicht verfehlt. Kaum jemand kommt derzeit an Neuköllns erster C & A-Filiale vorbei. 1953 wurde sie eröffnet, morgen ist ihre Zeit abgelaufen. Darauf, dass der Räumungsverkauf-Rabatt  nicht für Finanzprodukte und Dienstleistungen gilt, wird vorsichtshalber auch hinge- geschäftsaufgabe c&a karl-marx-straße 95 neukölln, räumungsverkaufwiesen. Schließlich soll gar nicht erst jemand auf die Idee kommen, nach einem hauseigenen Dispokredit  zu Dumpingkonditionen zu fragen.

Drei Mütter schieben ihre Kinder- wagen zielstrebig auf die gläsernen Eingangstüren zu. „Nur kurz! ‚Ne Vier- telstunde, dann sind wir wieder drau- ßen!“, verhandelt eine grau melierte Frau mit ihrem Begleiter, der offenbar so gar keine Lust hat, sich ins Ge- tümmel zu stürzen – und stur bleibt. „Dann warte du hier!“, fordert sie ihn auf. Er verabschiedet sie mit den Worten, dass er auf die Uhr gucken werde. Sie sei gestern schon hier gewesen, berichtet eine Mittdreißigerin: „Mit Kind. Das war nur stressig!“ Heute wolle sie noch mal alleine nach Schnäppchen suchen, für sich und ihren Mann. Kinderklamotten gebe es ohnehin nicht mehr: „Alles ausverkauft. Die Etage, wo die sonst waren, haben sie schon geschlossen.“

Abgerissene Preisschilder, zertretene oder noch intakte Kleiderbügel, Pullover, Hosen und  Blusen  pflastern die Pfade durch die drei noch für  Kunden zugänglichen

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Stockwerke. Der anerzogene und normalerweise praktizierte Impuls, im Weg Liegendes aufzuheben, um es vor Verschmutzung oder Zerstörung zu schützen, zieht sich mit jedem Schritt weiter zurück. Er macht dem Platz, die eigenen Füße einfach zu geschäftsaufgabe c&a karl-marx-straße 95 neukölln, räumungsverkaufignorieren und alle Aufmerksamkeit auf das zu lenken, was noch rechts und links der Tram- pelpfade auf Kleiderbügeln hängt oder auf Grab- beltischen liegt. Kinder spielen lachend in den textilen Haufen, die mit steigender Tendenz unter den Kleiderständern wachsen. Frauen und Männer tragen stolz ihre Beute durch die Gänge oder suchen verzweifelt nach dem Gegenstück, das geschäftsaufgabe c&a karl-marx-straße 95 neukölln, räumungsverkaufaus dem Schuh, den sie in der Hand hal- ten, ein Paar machen würden. Ein schier aus- sichtsloses Un- terfangen. In der fast 60 Jahre alten C & A-Filiale ist die Ära des Suchens weitestgehend vorbei. Ent- weder findet man im längst verwüsteten Ordnungs- system zufällig etwas oder man geht leer aus. Es gibt niemanden, der einem die Frage beantworten kann, ob es den Rock auch noch eine Größe kleiner oder das Hemd in 43/44 gibt. Bei der Lösung des Rätsels, was ob des 70 %-Rabatts noch für eine Jacke zu zahlen ist, die einst 89 € kostete, helfen Aufsteller mit geschäftsaufgabe c&a karl-marx-straße 95 neukölln, räumungsverkaufRechenbeispielen weiter: 26, 70 Euro. Wie lange man wohl in der Schlange vor den Ankleidekabinen warten muss, ist unkal- kulierbar.

Außer der dritten Etage ist auch ein Teil der zweiten schon abgesperrt. Für das kaum noch vorhandene Angebot an Herren-Anzügen, -Jacken und -Mänteln wird der Platz nicht mehr gebraucht. Morgen endet der Räumungsverkauf. „Ein paar Sachen werden dann schon noch da sein, die wir verkaufen können“, vermutet eine der Angestellten. Sie verstaut seit Stunden im Akkord die Neuerwerbungen der Kunden in großen Tüten.  Mit nur einer verlässt kaum jemand das Haus. Die Bügel gibt es ungefragt als Geschenk dazu; sie zu entfernen, würde nur den Verkehr aufhalten. Hier wird geklotzt und nicht gekleckert.

Ab Montag hat der Norden Neuköllns nur noch eine C & A-Filiale. Sie liegt schräg gegenüber von der, deren Türen dann geschlossen bleiben – bis ein neuer Mieter gefunden ist.

=ensa=