Was gibt’s Neues? Das werden sich heute viele fragen, die die kompletten Herbst- ferien genutzt haben, um sich fernab Berlins vom Alltag in Neukölln zu erholen. Schülern des Ober- stufenzweigs der Evangelischen Schule Neu- kölln dürfte bereits auf ihrem Weg von der U-Bahnstation Leinestraße zur Schillerprome- nade ein Novum aufgefallen sein: In der Oker- straße gibt es Longs Laden nicht mehr!
Viel Zeit hatten Anwohner und Passanten nicht, sich an das Geschäft zu gewöhnen. Zwei Mona- te, dann war wieder Schluss. Etwas zu kaufen, was nun im Kiez fehlt, gab es dort auch nicht, denn der Laden von Herrn Long war gar kein Geschäft, sondern lediglich Kulisse für den Spielfilm „Longs Laden“. Das er- schloss sich aller- dings nicht jedem auf Anhieb: „Die Nachbarn waren zum allergrößten Teil von unserem Laden sehr ange- tan und wollten wiederholt tatsächlich bei uns ein- kaufen“, erzählt Regisseur Andreas Scheffer, der mit dem 90-minütigen Streifen seinen Diplomfilm für die Hochschule für Film und Fernsehen Konrad Wolf (HFF) abliefert. „Selbst ältere Damen aus der Nachbarschaft haben am Ende ihr Bedauern ausgedrückt, dass wir
jetzt wieder ver- schwinden werden.“ Überhaupt seien die Erfahrungen sehr positiv gewesen, die das Filmteam mit den Leuten im Schillerkiez ge- macht habe. „Es gab eine große Hilfsbe- reitschaft hier und da mal kurz mit anzufassen, ein Auto umzuparken, für uns durchs Bild zu laufen oder Renovierungen für die Dauer einer Szene kurz zu unterbrechen“, schwärmt der Regisseur. „Ich fand’s auch toll, wie umkompliziert viele Dinge möglich waren, ohne dass man darüber lange hätte diskutieren müssen.“ Dass der Bürgersteig vor dem Laden ob des Filmequipments oft zum Hindernisparcours wurde, störte nur wenige.
Nicht mal die Rangiererei mit einem großen Reisebus, die für die Schlussszene in der Okerstraße erforderlich wurde und den Verkehr zum Stocken brachte, erzürnte die Gemüter. Gut möglich, dass auch ein wenig Stolz und Vorfreude darauf im Spiel war, den eigenen Kiez im Fernsehen oder Kino wiedersehen zu können.
Zwar werde die Location nicht inhaltlich oder in Dialoge thematisiert, doch man könne bestimmt erkennen, dass der Film „zum allergrößten Teil in Neukölln ge- dreht“ wurde, ist Andreas Scheffer sicher. Den Löwenanteil werden de facto die Szenen im und vor Longs Laden aus- machen, dazu kamen Außendrehs auf der Schillerpromenade und dem Tempelhofer Feld. Nach 27 Drehtagen in der Oker- straße war die letzte Szene im Kasten, seit dem Ausverkauf der Ladeneinrichtung steht das Geschäft wieder leer. „Leider“, so Andreas Scheffer, „hat sich niemand gefunden, der bei der Möglichkeit zu- greifen wollte, unsere Kulisse als Laden weiterzuführen. Wir wären sogar bereit gewesen, unser Filminventar dafür zur Verfügung zu stellen. Also haben wir die Ladeneinrichtung dann schweren Herzens
wieder abgebaut.“
Während rund um Longs Laden wieder der Alltag ohne Scheinwerfer und Kameras ein- gekehrt ist, geht für Scheffer und sein Team die Arbeit am Film in die nächste Phase: Dem Schnitt werden „zeitaufwändige Etappen wie die Tonnachbearbeitung, Musikkomposition, Ton- mischung und Farbkorrektur“ folgen. „Mit der Fertigstellung des Films ist realistischerweise nicht vor dem Sommer 2012 zu rechnen“, kalkuliert der Regisseur. Die Fortschritte wie auch Rückblicke auf die Dreharbeiten können bis dahin auf der Facebook-Seite von „Longs Laden“ verfolgt werden.
Schon jetzt steht für das Team fest, dass der Film unbedingt im Neuköllner Schiller- kiez vorgeführt werden soll: „Danach sind wir auch immer wieder gefragt worden.“ Die direkt neben dem Drehort gelegene Wohnzimmer-Café-Bar „Frollein Langner“ böte sich dafür an, meint Andreas Scheffer: „Wenn das vom Platz her nicht ausreichen sollte, wäre aber sicherlich auch eine Vorführung in einem lokalen Kino möglich.“
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