Zeitreise statt Durchblick an einem Neuköllner Schaufenster

Sie sind ein sensibles Völkchen: diejenigen, die Neukölln vor den Auswir- kungen ganz normalen Lebens (sprich: Verände- rungen) schützen wollen. Schon wer einen Farb- eimer, mehrere Laminat-Gebinde oder Designer-Armaturen aus dem Koffer- raum wuchtet, um die eigene Wohnung etwas aufzuhübschen, gerät leicht in den Verdacht, die Aufwertung beschleunigen zu wollen.

Noch heikler ist es, wenn plötzlich die Rollläden vor den Fenstern und Türen lange oder noch länger abgeschotteter Gewerbe-Immobilien verschwinden und im Laden Renovierungsarbeiten zu erkennen sind. Dann fährt der Puls der Gentrifizierungs- paranoiker Achterbahn. Dass in diesem Zustand äußerster Erregung nicht mehr darauf  geachtet werden kann, dass – wie im Fall des ehemaligen Nogat Stübchens

nogat stübchen neukölln, bz 31.7.1974

eine BZ-Ausgabe vom 31. Juli 1974 an den Schaufenstern klebt, die Wiederbelebung der Immobilie also ökonomisch wie bausubstanziell mehr als überfällig sein sollte, ist bedauerlich – und doch irgendwie verständlich.

=ensa=