Nicht beschlussfähig: Bürgergremium in Auflösung begriffen

Gut, dass es nichts wirklich Wichtiges zu entscheiden gab. Dazu wäre der Quar- tiersrat des Quartiersmanagements (QM) Schillerpromenade bei seiner Sitzung in der letzten Woche nämlich wieder mal nicht in der Lage gewesen. Eine Beschluss- fähigkeit liegt vor, wenn 2/3 der 29 Mitglieder des Gremiums anwesend sind, besagt die Geschäftsordnung. Doch eine so große Beteiligung an den monatlichen Ter- minen ist eher die Ausnahme als die Regel. Am Anfang sei das noch anders gewesen, da habe es Engagement und Enthusiasmus gegeben – vor allem unter den 21 gewählten Bewohnerver- tretern. Der Anfang war im Mai letzten Jahres.

Seitdem haben sich einige offiziell aus dem Bei- rat verabschiedet, andere fehlen sporadisch oder permanent, wahlweise entschuldigt oder unentschuldigt – bei den Bewohner- wie auch bei den acht Akteursvertretern. „Wir sollten zu den Beiratssitzungen unbedingt auch die Nach- rücker einladen“, schlägt jemand vor. Zu denen habe man bereits Kontaktaufnahme-Versuche gestartet, aber keine Rückmeldungen erhalten, muss Quartiersmanager Gunnar Zerowsky  bekennen. Ein Beiratsmitglied will es ganz genau wissen und hakt nach, ob es überhaupt noch Nachrücker auf der Liste gibt. „Faktisch“, gibt Zerowsky kleinlaut zu, „nur noch einen.“ Ob der Nachrücker auch bereit wäre, das Gremium mit mehr als seinem Namen zu unterstützen, ist im Vorort-Büro des QMs nicht bekannt.

Der Tagesordnungspunkt 5 („Nachwahl eines vierten Sprecherratsmitglieds“), für den bei der Beiratssitzung fünf Minuten veranschlagt waren, kann zum dritten Mal er- satzlos gestrichen werden. Nicht nur ob der fehlenden Beschlussfähigkeit, sondern auch, weil die Kandidatin für diesen Posten erneut durch Abwesenheit glänzt. TOP 4 wird behandelt, selbst wenn am Ende nur ein Meinungsbild erhoben werden kann: Bei ihm geht es laut Tagesordnung um die Planung der Neuwahlen des Quar- tiersrats in 2012. Eigentlich, erinnert Quartiersmanagerin Kerstin Schmiedeknecht, würde die zweijährige Amtszeit des aktuellen Beirats erst im Mai nächsten Jahres enden: „Wir möchten aber die Neuwahl gerne vorverlegen.“ Von permanent mangelnder Anwesenheit ist die Rede, auch von einer schwachen Beschluss- fähigkeit und der Mittelvergabe fürs kommende Jahr. Der Februar oder März schwebe ihr für die Neuwahl vor. Das Meinungsbild ergibt, dass die Mehrheit der Gre- miumsmitglieder, die an diesem Abend den Weg ins Interkulturelle Kinder- und Elternzentrum „Am Tower“ mehr oder weniger pünktlich gefunden haben, den Vorschlag unterstützt. Die eigene Bankrotterklärung sowie das offensichtliche Unvermögen des QMs, ehrenamtliche Bürgerbeteiligung zu initiieren und langfristig zu stabilisieren, sind zwar nicht besiegelt, aber doch abgenickt.

Immer wieder werden bei der Suche nach Gründen für den Zerfall des Beirats  Stichwörter wie „Stimmvieh“, „fehlende Transparenz“ und „Alibifunktion“ genannt. Ein gutes Beispiel für die Kluft zwischen dem Quartiersmanagement und seinem Quartiersrat lieferte auch eine Diskussion über das Kiezfest, das kürzlich in der Schillerpromenade stattgefunden hatte: Außerordentlich angetan zeigte sich das QM von seiner Eigenveranstaltung und verwies auf „viele positive Rückmeldungen der Teilnehmer“ und „zahlreiche Besucher“. Das allerdings sahen diverse Beirats- mitglieder, die das Fest besucht hatten, doch erheblich anders: Die Besucherzahl wurde unisono als mau empfunden, die Musik als viel zu einseitig und laut und das Programm als zäh und langweilig. Fast war es, als sei von zwei verschiedenen Ver- anstaltungen die Rede, doch die kontroversen Resümees betrafen ein und dieselbe.

Der Umgang mit der Diskrepanz dürfte im Vorort-Büro inzwischen allerdings in den Hintergrund gerückt sein. Wichtiger sollte dort nunmehr sein, die Bereitschaft des einzig verbliebenen Nachrückers für die Beteiligung am Quartiersrat zu ermitteln. Denn wie das FACETTEN-Magazin aus zuverlässiger Quelle erfuhr, hat dieser Tage eine weitere Bewohnerin ihren Rücktritt aus dem Gremium erklärt. Die Wahr- scheinlichkeit, dass die vorgezogenen Neuwahlen noch weiter vorgezogen werden müssen, wächst.

=ensa=

8 Antworten

  1. Es könnte so einfach sein mit dem Kiezfest… wenn die OrganisatorInnen im Kiez bzw. im Neuköllner Norden verankert wären, wenn die öffentliche Vorbereitung nicht erst wenige Wochen vor dem Fest stattfindet und wenn das (einzige?) Vorbereitungstreffen nicht auf wochentags/vormittags gelegt würde…
    Wenn dann noch mal der Mut ergriffen würde ein Fest nicht auf zwei Straßenseiten eines breiten Grünboulevards zu veranstalten… mit 100 m NICHTS dazwischen, dann könnte es eigentlich ein leichtes sein.

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  2. Na Herr Hoffmann dann bewerben sie sich doch das nächste mal für die Durchführung des Kiezfestes. Die Veranstaltung desselben wurde nämlich ausgeschrieben wie alle Projekte des QMs.
    Und nur 4 Meter Abstand tragen auch nicht besonders zu einer größeren Fülle bei, wenn ich mir den Schillermarkt samstags und auch beim Kiezfest anschaue(nichts gegen die wirklich netten Händler im ürbigen!).
    Die Promenade selbst wurde auch gut genutzt, durch den Schülerfirmenstand der Carl-Legien-Schule mit Kamelrennen und durch die Tänzer vor der Bühne, sowie die Nutzer der durchgehend vollbesetzten 10 Biertischgarnituren.

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    • warum muss denn auf kritik damit reagiert werden, dass bei anderen veranstaltungen im kiez noch weniger leute da sind? den schillermarkt können sie doch wirklich nicht mit einem kiezfest vergleichen, zumal der schillermarkt kontinuierlich mehr besucher anlockt, der vergleich also mächtig hinkt.

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  3. und als kleiner kontrast das kiezfest körnerpark:

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    • Ja Herr Lachskopf, ein feines Fest im Körnerkiez, tolles und abwechslungsreiches Bühnen Programm (Kalle Kalkowski!!!)… Richtig toll wäre es, wenn es dort ein wenig weniger Einweg geben würde… aber da arbeiten ja die VeranstalterInnen dran, soweit mir bekannt ist.

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  4. Sehr geehrter Herr Zerowsky,
    ich hatte mich noch vor Ihrer Zeit beim dortigen QM auf die Ausrichtung des Kiezfestes beworben… Mein Konzept begeisterte die EntscheiderInnen nicht.
    Da ich an den Konzepten nichts geändert habe, weil sie in anderen Quartieren sehr erfolgreich funktionieren, frage ich mich warum ich nochmals den „Schreibkram“ machen sollte…
    Die letzte Ausschreibung war so dicht vor dem Fest, dass ich mein Konzept gar nicht hätte umsetzen können.

    Im Flughafenquartier haben wir auf dem Kiezfest in der Regel etwa 300-400 Aktive die das Fest gestalten (4×50 Menschen an den Ständen und die Leute auf und vor der Bühne.

    http://www.qm-flughafenstrasse.de/index.php?eID=tx_cms_showpic&file=uploads%2Fpics%2F018.jpg&width=800m&height=600m&bodyTag=%3Cbody%20style%3D%22margin%3A0%3B%20background%3A%23fff%3B%22%3E&wrap=%3Ca%20href%3D%22javascript%3Aclose%28%29%3B%22%3E%20%7C%20%3C%2Fa%3E&md5=af86ba64260d474eca82b6e479c1728e

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  5. Sehr geehrter Herr Zerowsky,
    zum Thema Schillermarkt bzw. dem „Markt der Vielfalt“ am 3. September kann ich eigentlich nur anmerken, dass er einige Stunden vor dem Kiezfest begonnen hat, die ganze Zeit ziemlich voll war, die Bänke besetzt und viele dann nach einem Rundgang über das Kiezfest wieder zurückkamen, weil denen das gastronomische Angebot auf dem Kiezfest gefehlt hat.

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