Schillermarkt, Wochenmarkt am Karl-Marx-Platz, dazu noch der Wutzkyallee-Markt im Süden des Bezirks: Wer samstags in Neukölln gerne unter freiem Himmel Frisches kauft, kann sich über Auswahl nicht beklagen. Nun ist mit Neuköllner Stoff noch ein weiterer Markt dazu gekommen. Ein Wochenmarkt sei das aber nicht, sagt Jeanette Bacha von der Marktverwaltung Perske, die sämtliche Neuköllner Märkte unter ihrer Obhut hat: „Das typische Wochenmarkt-Angebot mit Obst und Gemüse wird es hier nicht geben.“ Wöchentlich wird der neue Markt am Maybachufer dennoch stattfinden. Für ein Jahr, so Bacha, seien die Verträge mit dem Bezirk zunächst gemacht. Die mit den Händlern sind variabler.
Über 130 waren es, die Samstag zwischen Kottbusser Brücke und Hobrechtstraße bei der Neuköllner Stoff-Premie-
re ihre Waren anboten, und auf den ersten Metern machte der neue Markt seinem Namen wahrlich alle Ehre: Ein Stoffparadies tat sich auf. Stände mit Stoffballen unterschiedlichster Qualitäten, Farben und Muster reihten sich aneinander. Andere Händler präsentierten Kurzwaren in einer Vielfalt, die Hobby-Schneiderinnen wie auch Profi-Designer begeisterte. Reißverschlüsse in allen erdenklichen Farben und Längen, dazu Knöpfe, Borten, Bänder und Spitzen. „Phantastisch, diese Auswahl“, fand sogar eine, für die bereits die Ankündigung des Marktes ein Ärgernis gewesen war. Früher, erinnert sich die Anwohnerin, sei nur an Dienstagen und Freitagen wegen des Türkenmarkts alles dicht und das Parken vor der Haustür unmöglich gewesen. Nun müsse man also auch noch sonnabends unter den Unannehmlichkeiten leiden. „Das Ausschlafen“, sagt sie, „werden wir dann wohl auf die Sonntage verschieben müssen.“
Wer das Paradies der laufenden Meter vom Ballen hinter sich gelassen hat, landet im Designer-Abschnitt des Markts. Zwar sind nicht alle aus Neukölln, die Stücke ihrer Kollektio-
nen, Mütze, Hüte und Taschen an die Frau oder den Mann bringen wollen, doch das Motto Stoff ist allgegenwärtig. Unterschiedlich fällt der Zuspruch aus, den die Händler erleben: Am Stand von Thora Wietrek, die gefilzte Mappen, Buchhüllen, Taschen und Etuis verkauft, herrscht dichtes Gedränge. Ein paar Schritte weiter, am Stand einer Berliner Designerin, die originelle Mode für Frauen jenseits des Twen-Alters macht, ist es ruhiger. „Kleine Sachen wie Stulpen, Mützen und Schals gehen ganz gut“, bilanziert sie mittags, „Jacken und Mäntel aber bisher gar nicht.“ Wenn Interessentinnen fragen, ob sie nächsten Samstag wieder da sei, sagt sie „Mal sehen“. Lohnen müsse sich das Rum- stehen schließlich auch.
Bei den Händler, die Stoffe kulinarischer Natur anbieten,
scheint sich das schon früh abzuzeichnen. Oblaten liegen bereit, um die exotischen Senfsorten der Berliner Senf-Manufaktur zu probieren, die gegenüber am Kreuz- berger Ufer des Landwehrkanals hergestellt werden. Wer es süßer mag, kann nebenan Milchcremes und Fruchtaufstriche kosten. Schräg gegenüber am Dhani Masala-Stand darf vor dem Kauf oder auch nur aus purer Neugier an hochwertigen indischen Gewürzen geschnuppert werden, die in dekorativen Dosen stecken. Ein anderes olfaktorisches Erlebnis liefern Par- fümöle, die ein Schmuckhändler in großen Flacons präsentiert.
Einzig die vermut- lich noch vom Türkenmarkt am Vortag stark fre- quentierten und schon bald überquellenden Mülleimer passten so gar nicht zur ansonsten gelungenen Premiere von Neuköllns neuem Markt.
=ensa=
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