Indianer statt Pioniere?

tempelhofer kunstfeld,marterpfähle„Wow, Marterpfähle!“ staunte wohl mancher, der sich in letzter Zeit dem Tempelhofer Feld näherte. Schon von weitem fielen sie ins Auge – mangels Konkurrenz durch sonstige Erhe- bungen. Dass Pioniere das Gelände des ehemaligen Flughafens erobern werden, hat sich ja inzwischen rumgesprochen. Aber Indianer???

Doch in den vergangenen Tagen schwand die Hoffnung immer mehr, dass Rothäute die Baumstämme in den Boden gerammt und das Feld zu ihrem neuen Reservat auserkoren haben schülerkunstaktion tempelhofer kunstflugfeld, tempelhofer feldkönnten.

Zuerst wie- sen nur la- minierte Zettel darauf hin: Die Marterpfähle sind keine Marterpfähle, sie sind Kunst. Inzwischen ist unübersehbar: Sie sind Grundlage für das Exponat einer Schülerkunstaktion, an der auch die Neuköllner Fritz-Karsen-Schule beteiligt war und die „Tempelhofer Kunstflugfeld“ heißt.

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Glückwunsch, altes Haus!

passage neukölln, 100 jahre passage, neuköllnWenn Häuser Geschichten erzählen könnten, kä- me die Neuköllner Passage aus dem Plappern gar nicht mehr raus. Die alte Dame, die genau genommen aus mehreren Häusern besteht, die die Karl-Marx- mit der Richardstraße verbinden, blickt nämlich auf inzwischen 100 bewegte Jahre zurück, und das runde Jubiläum wird an diesem Wochenende groß gefeiert.

passage neukölln, 100 jahre passage, passage-kinoLos ging es ges- tern Abend mit der Eröffnung der Aus- stellung „1oo Jah- re Passage“ im Foyer des Passa- ge-Kinos. Etliche große Schautafeln mit Texten, Fotos und Skizzen laden hier nun bis zum 10. Oktober ein, Stationen der von Tief- und Höhepunkten geprägten Karriere der Passage kennen zu lernen. Sie begann damit, dass der Sohn von Auguste Barta und damalige Fahrradhändler Paul Daedrich das Grundstück 1908 kaufte und  erstmal alles abreißen ließ, was zuvor darauf gestanden hatte. Im Juli 1909 starteten die Neubauarbeiten nach Plänen des Wiener Architekten Paul Eduard Hoppe, neun Monate später war die Passage fertig und zugleich Berlins erster offener Passagenbau und Deutschlands erste Fußgängerzone. Sie war flankiert von einem Häuserensemble mit Läden, einem Kino und riesigen Wohnungen. 1922 verkaufte Daedrich das Grundstück. In den folgenden knapp 70 Jahren wurde es quasi wie ein Wanderpokal von einem Besitzer an den victor kopp, dorothea kolland, 100 jahre passage neuköllnnächsten weitergereicht.

Bis Victor Kopp (l.) kam, der seit Juni 1989 alleiniger Eigentümer der Pas- sage ist. Der aus einer Theater- und Schauspielerfamilie stammende Im- mobilienkaufmann sei, wie Dorothea Kolland (r.) bei ihrer Begrüßungs- ansprache sagte, ein „absoluter Glücksfall“ für die Passage – damals wie heute. Der seit 1981 amtierenden Leiterin des Neuköllner Kulturamts gelang es, Kopp den Gedanken schmackhaft zu machen, kulturellen Einrichtungen eine Heimstatt in den Gebäuden zu schaffen und auf lukrativere Vermietungen zu verzichten. Die Neuköllner Oper war die erste, die von Kopps genetisch bedingter Kulturaffinität profitierte. Die Künstler und ihr Leiter, der Kirchenmusiker Winfried Radeke, hatten das Dasein als Wanderbühne gründlich satt, waren auf der Suche nach einer festen Spielstätte und fanden sie in der Passage. „Ob sich die Kombination mit dem Kino als direktem Nachbarn akustisch verträgt, war bis zuletzt nicht klar“, erinnert sich Kolland.  Die seitdem bestehende 100 jahre passage neuköllnKoexistenz spricht Bände.

Und Victor Kopp wirkt nicht wie jemand, der un- glücklich darüber ist, den für Vermieter nicht gerade konventionellen Weg gewählt zu haben.  Er ist die „Ausnahme von der Regel“, lobt Dorothea Kolland. Einer, der sich kümmert. Nicht nur um das Innenleben der alten Dame Passage, die seit 1985 unter Denkmalschutz steht, sondern auch um ihr Äußeres: Noch einen Tag vor dem Fest waren Handwerker mit kleinen Korrekturen und der Auffrischung ihres Teints beschäftigt.

Das 100 Jahre Passage-Festprogramm im Einzelnen:

14 – 18 Uhr: Familienrallye und Fotostudio / 14, 16 und 18 Uhr: Führungen durch die Passage / 15 und 16.30 Uhr: „Die Capriolas“ treten mit ihrem Songprogramm mit Menschen und Puppen im großen Saal der Neuköllner Oper auf / 15.30 Uhr: Gabriele Fink und Regina Gößwald präsentieren ihr Buch „Kreuz und Quer durch die Passage“ im Foyer des Passage-Kinos / 16, 17 und 18 Uhr: Caféhaus-Musik mit YeDo im Café Hofperle / 17.15 Uhr: Anna Faroqhi und Dorothea Kolland stellen im großen Saal der Neuköllner Oper den Neukölln-Comic „Weltreiche erblühten und fielen“ vor / 18 Uhr: Auslosung der Gewinner der Familienrallye am Infostand im Hof

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