Königliche Spuren im Böhmischen Dorf

Seit vor gut fünf Jahren das Museum im Böhmischen Dorf im ehemaligen Schulhaus in der Kirchgasse eröffnet wurde, lässt sich dort wunderbar auf den Spuren der böhmischen Einwanderer durch die Geschichte Neuköllns wandeln.

luisenverehrung, museum im böhmischen dorf, neukölln, königin luiseluisenverehrung, museum im böhmischen dorf, neukölln, königin luise rixdorfIn den letzten Monaten waren dort auch noch an- dere Spuren zu sehen: die von Königin Luise. „Luisen- verehrung – Wenn Königin Luise im Böhmischen Dorf gewesen wäre …“ hieß ei- ne sehenswerte Sonder- ausstellung, die im Mai er- öffnet wurde und vorgestern endete.

Es waren nur wenige Exponate, die dazu anregten, sich auf eine „heitere Spurensuche“ zu begeben: ein Nadelkissen, eine  Schatulle mit  einer heimlich  abgeschnittenen königlichen Locke,

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ein Stück Luisenkonfekt von 1806, Hut und Schirm, Bilder, eine Tasse aus Luises luisenverehrung, museum im böhmischen dorf, neukölln, königin luise rixdorfMoccatassen-Sammlung.

Nicht minder bemerkenswert waren jedoch die Be- schriftungen der liebevoll zusammengestellten Ge- genstände. Wer beim Lesen den Konjunktiv aus den luisenverehrung, museum im böhmischen dorf, neukölln, königin luise rixdorf, rixdorfer weihnachtsmarktAugen verlor, lief schnell Gefahr aus der heiteren Spur zu gera- ten. Auch ein Stück Rix- dorf-Wissen half weiter, mancher kleinen Schwindelei auf die Schliche zu kommen. Wenn, ja wenn Königin Luise in Rixdorf gewesen wäre … Den Rixdorfer Weihnachtsmarkt hätte sie 1802 kaum besuchen können, denn den gab es damals noch gar nicht.

„Übrigens hatte Luise auch nie eine Moccatassen-Sammlung“, merkt Brigitta Polinna, die Kuratorin der Ausstellung, schmunzelnd an. Und das darf man ihr glauben, denn sie kennt sich mit der Königin aus. Gut möglich, dass sich das Faible für Luise unter den Ureinwohnern Neuköllns von Generation zu Generation weiter vererbt. Zu denen gehört Brigitta Polinna zweifelsohne, und sie weiß: „Die Rixdorfer haben die Hohenzollerner schon immer ziemlich verehrt.“ Grund genug, der beliebten Königin Preußens mit einer Ausstellung zu gedacht zu haben.

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Zur Nachahmung empfohlen:

türgitter als tütenspender, neuköllnFür den Fall, dass Schwarz-Gelb auch noch auf die Idee kommt, die Kosten für Ein- kaufstüten aus dem Hartz IV-Regelsatz zu rupfen, wurde in Neukölln bereits  vorgesorgt.

Türgitter zu Tütenspendern“ heißt hier die Parole! Und das ist nicht nur praktisch, beispielhaft sozial und ökologisch korrekt, sondern es macht den Kiez auch bunter.

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Sicher ist sicher

baumscheibe, neuköllnWeshalb dieser Straßen- baum an der Umrandung seiner Baumscheibe fest- gebunden wurde, darüber lässt sich nur spekulieren.

War es ein übermäßiger Bammel vor der Gentri- fizierung samt der Angst, dass sie nicht nur Men- schen sondern auch Bäu- me verdrängen könnte? Steht dem Norden Neu- köllns womöglich eine Baumflucht bevor? Verdenken könnte man es der Vegetation ja nicht, wenn sie längst beschlossen hätte, es den Zugvögeln gleich zu tun und gen Süden zu verduften. Aber es würde schon was fehlen!

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„Nachbarn“ – Kunst und Protest zugleich

nachbarn-neighbours,galerie im körnerpark,neuköllnWenn sich jüdische und palästinensische Künstler aus Israel mit ihren so nahen und doch so fernen Nachbarn und dem Themenkomplex „Identität und Raum“ auseinandersetzen, dann muss dadurch fast zwangsläufig etwas ganz Besonderes ent- stehen: Die aktuelle Ausstellung „Nachbarn“ in der Galerie im Körnerpark, die Werke von 21 Künstlern zeigt, beweist das.

Für acht von ihnen gingen die Besonderheiten nachbarn-neighbours,galerie im körnerpark,neukölln,jüdische und   palästinensische künstlerschon vor der Ver- nissage los. Sie reisten zur Ausstel- lungseröffnung an – mit ihren Instal- lationen, Videos, klein- und großformatigen Foto- grafien und Gemälden im Handgepäck.

Nun setzen sie hier ihre Mission fort. „Sie wollen für die Zustände in ihrer Heimat sensibilisieren und darauf aufmerksam machen, dass zerstörte Gebäude keine romantischen Ruinen sind, sondern das Menschen dahinter leben“, beschreibt es Reviva Regev, die Kuratorin der Ausstellung. Jedes Werk, weiß sie, habe eine ganz eigene, sehr  persönliche Geschichte. Manche  springt einen förmlich  an, ist laut und

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und drastisch. Andere drängen sich eher schleichend ins Bewusstsein und werfen dort ihre Anker aus. Was sie hinterlassen, berührt, bewegt, bedrückt oder beeindruckt.

nachbarn-neighbours,galerie im körnerpark,neukölln,carmel ilan Doch in ihrer Gesamtheit unterstreichen die so unterschiedlichen Werke künstlerisch, was die Kunsthistorikerin Doreet LeVitte Harten nachbarn-neighbours,galerie im körnerpark,neukölln,carmel ilanbei der Ver- nissage mit Wor- ten ausdrückte: „Auf den ersten Blick gibt es zwi- schen Israelis und Palästinen- sern keine Nach- barschaft, keinen Respekt voreinander und keine Gleichheit. Statt- dessen gibt es viel Korruption, die nicht auf der politischen Ebene bleibt, sondern die alle Bereiche tangiert – nur die Kultur nicht!“ Künstler, sagte sie, „wollen echte Nachbarschaft und protestieren auch ganz offen dafür.“ Weil sie an Nachbarschaft glauben, obwohl ihnen klar sei, dass es noch lange dauern wird, bis die in ihrer Heimat Normalität ist.

Die Ausstellung „Nachbarn“ wird noch bis zum 31. Oktober in der Galerie im Körnerpark gezeigt. Sie ist von dienstags bis sonntags zwischen 10 und 18 Uhr geöffnet; der Eintritt ist frei.

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Neues vom Facelifting des Richardplatzes

Vor knapp zwei Monaten begann es: Neuköllns Baustadtrat Thomas Blesing setzte den ersten Spatenstich zur Umgestaltung des Richardplatzes und Bagger rollten an, um die saftig grüne, von einem Trampelpfad durchzogene Rasenfläche auf dem westlichen Teil des Richardplatzes abzutragen. „Die bislang teilweise ungepflegt wirkende Platzfläche wird mit neuen Wege- und Rasenflächen neu strukturiert bzw. den Bedürfnissen der querenden Passanten angepasst“ , verkündete eine Presse-Information  aus  dem Rathaus. Ebenso  erfuhr man, dass  die Bauarbeiten rund drei

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Monate dauern und etwa 180.000 Euro kosten würden. Knapp zwei Drittel der Zeit sind also geschafft, und der neu gestaltete Richardplatz ist schon jetzt kaum mehr wieder zu erkennen: Die Flächen, die noch frei von Kopfsteinpflaster und für Rasen übrig  sind, beschränken  sich auf ein Minimum. Dafür  finden künftig Horden queren-

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der Passanten ihren Bedürfnissen angepasste Bedingungen vor. Was war das auch immer für ein Gedränge und Gerempel auf dem schmalen Trampelpfad …

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In den Neuköllner Leuchtturm und dann immer geradeaus!

neuköllner leuchtturm, neuköllnDas ist nun die Marschrichtung für die 58 Mentoren und mentorenprojekt der kepler-oberschule,neuköllner leuchtturm,neuköllnMentees, die aktuell an „Fit für den Be- ruf“, dem Mentoren- projekt der Kepler-Schule, teilnehmen. Denn das hat seit letzten Freitag eige- ne Räumlichkeiten im Hinterhof des wohl auffälligsten Hauses im Körnerkiez, im Neuköllner Leuchtturm.

„Vorher“, sagt Projektleiterin Ursula Rettinger, „gab’s oft Platzprobleme.“ Das Mentorenprojekt sei schließlich nicht das einzige, das im Vorderhaus des Leuchtturms die Räume der Bürgerstiftung Neukölln benötige.  Sie hatte 2006 begonnen, Neuntklässlern der Kepler-Schule ehrenamtliche Mentoren an die Hand zu geben, um die  Schülerinnen und Schüler beim Übergang vom Schul- in den Berufsalltag zu begleiten. Der Grundstein für den Erfolg war gelegt. Zwei Jahre später zog sich die Bürgerstiftung Neukölln aus der Organisation des Projekts zurück und übergab es in die Trägerschaft des Fördervereins der Kepler-Schule.

„Mit den eigenen Räumen ist das Vorzeigeprojekt unserer Schule zur Vollendung gereift“, erklärte dessen Vorsitzende Martina Liebchen bei der Eröffnungsfeier. Eine eigene kleine Küchenzeile, zwei Arbeitsplätze und ein Besprechungstisch – so wenig und doch so viel: „Besonders für die Gespräche zwischen Mentoren und Mentees ist es enorm wichtig einen Raum zu haben, in dem sie ungestört zusammen kommen können.“ Dass die Treffen der Schüler mit ihren erwachsenen Pfadfindern außerhalb der Schule und auch nicht in privaten Bereichen stattfinden, gehört zum Programm. „Milieuüberschreitung“ nennt Friedemann Walther, der Vorstandsvorsitzende des Bürgerstiftung Neukölln, diesen wichtigen Baustein zum erfolgreichen Passieren der Grenze zwischen dem ersten und nächsten Ernst des Lebens durch zivil- gesellschaftliche Begleitung.

Durch das Mentorenprojekt träfen Jugendliche auf Menschen, die sie sonst nie kennen gelernt hätten, bestätigt auch Ursula Rettinger. Ihr obliegt die Zu- sammenstellung der Paar-Konstellationen, die mancher Mentee gerne aufgehoben sähe. „Natürlich“, sagt sie, „gibt es immer wieder den Wunsch, den Mentor mit einer Freundin oder einem Freund zu teilen. Aber das kommt nicht infrage.“ Auch wenn es die Warteliste verkürzen würde. Inzwischen müsse sie nicht mal mehr Werbung machen, um neue Mentoren oder weitere Schüler zu finden, erklärt die Projektleiterin. Die Mundpropaganda aktueller Teilnehmer reiche völlig aus. Der Erfolg tut ein Übriges:  Die Quote derer, die an der Kepler-Schule dank der Mentorenbetreuung den Mittleren Schulabschluss schaffen, sei deutlich gestiegen.

Mehr Probleme bereitet dagegen die Kontinuität bei der Finanzierung des Projekts. Bis zum Jahresende sei es durch ESF-Mittel und die Unterstützung des Lions Club Berlin-Wannsee gesichert. Was danach kommt, müsse man sehen. „Immerhin müssen wir uns keine Sorgen wegen der Miete machen“, sagt Ursula Rettinger. Die Bürgerstiftung Neukölln wolle sich um Sponsoren für diesen Kostenfaktor kümmern.

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Viel geredet, wenig gesagt

„Präsentation der Verkehrsanalyse Reuterquartier“ hatte auf der Einladung gestanden, der letzten Mittwoch etwa 50 Leute gefolgt und in die Mensa der Gemeinschaftsschule am Campus Rütli gekommen waren. Mit unterschiedlichsten verkehrsanalyse reuterkiez,neuköllnAmbitionen und vor allem oft hohen Erwartungen, obwohl im Vorfeld lediglich von der Vorstellung erster Ergebnisse die Rede gewesen war.

Der Auftrag zu einer Verkehrsanalyse sei das Machbarste gewesen, was angesichts knap- per finanzieller Mittel getan werden konnte, sagte Daniel Roos, der Sprecher der AG Wohnumfeld Reuterkiez, die vor zwei Jahren den Anschub für die Beschäftigung mit der problematischen Verkehrssituation vor Ort gegeben hatte. Das Büro Spath + Nagel bekam daraufhin den Zuschlag, eine Be- standsaufnahme der Bedingungen für Fußgänger, Radfahrer und motorisierte Verkehrsteilnehmer im Kiez zu erstellen.

„Die lebendigen Quartiersstraßen verfügen über beachtliche Qualitäten und es gibt schöne traditionelle Straßen im Kiez“, hob Christian Spath hervor. Zudem seien durch bisherige Aufwertungsmaßnahmen wie dem Umbau des Maybachufers, der Einrichtung von Mittelinseln als Querungshilfe, neu installierte Fahrradständer und der Umgestaltung des Reuterplatzes als Identifikationskern bereits einige Verbesserungen erreicht worden.  Damit hatte es sich dann aber schon fast mit dem, verkehrsanalyse reuterkiez,neuköllnwas als positiv bezeichnet werden kann.

Schadhafte, unebene Fahrbahnen, lädierte oder gar nicht vorhandene Radwege, fehlende Gehwegabsen- kungen und Unannehmlichkeiten durch verkehrswidrige Kurzzeit- parker – das gehört zum Alltag derer, die sich durch den Reuterkiez be- wegen. Da Leute, die dort wohnen es besonders häufig tun, leiden sie auch in besonderem Maße darunter. Mehr aber noch unter einem Fakt, der in der Verkehrsanalyse nur marginal Berücksichtigung findet: die Lärmbelästigung. Angesprochen von einer Anwohnerin der Reuterstraße, die „lärmtechnisch unzumutbar“ sei, erklärte Spath zur allgemeinen Verwunderung, dass Lärmdaten nicht gemessen worden seien, weil das nicht in den Kompetenzbereich gehört habe.

Die Verwunderung schlug daraufhin erwartungsgemäß in Verärgerung um. Denn dass akustischer Müll eines der Hauptprobleme im Kiez ist, ist wahrlich nichts Neues: Das Kopfsteinpflaster und Ignorieren der Tempo 30-Regelung, die fast für den gesamten Bereich gilt, bringen die Anwohner vieler Straße seit langem um den Schlaf. Die Entwicklung des Reuterquartiers zum Szene-Kiez, die mehr motorisierte Verkehrsteilnehmer zur Folge hat, machte das noch schlimmer. Mit ihrer empörten Bemerkung, dass sie sich verkehrsanalyse reuterkiez,neuköllnüberhaupt nicht ernst genommen fühle, drückte die Anwohnerin der Reuterstraße aus, was viele dachten und erntete dafür reichlich Applaus.

Ein Mann aus der Friedelstraße schloss sich ihr an. „Bei uns herrscht auch ein ungeheurer Verkehrslärm. Was ist dagegen vorgesehen?“, fragte er Christian Spath und die anwesenden Vertreter des Neuköllner Bezirksamts: Baustadtrat Thomas Blesing und Wieland Voskamp, den Leiter des Tiefbauamts. „Kann mir außerdem jemand von Ihnen bitte erklären, weshalb der Bereich vor Aldi und Lidl am Maybachufer verkehrsberuhigt ist, die Wohnbereiche aber nicht?“ Ob man nicht mehr Tempo 30-Schilder aufstellen, Straßen asphaltieren und zumindest für den LKW-Verkehr sperren könne?

Antworten, die Anlass zur Hoffnung gaben, dass die Probleme erkannt und angegangen werden, erhielt er nicht. Und so ging es den meisten genervten Anwohnern. Entweder, weil die Realisierung ihrer Vorschläge das übersteigen würde, was aus dem laufenden Haushalt finanziert werden könne. Oder, weil andere Fakten dagegen sprächen. Das gilt allerdings auch für eine demnächst anlaufende Maßnahme: Die Weserstraße, der die Verkehrsanalyse attestierte, dass sie von erheblich mehr Fahrrad- als Autofahrern benutzt wird, erhält noch in diesem Jahr aus Mitteln des Konjunkturpakets II eine Aufpflasterung zwischen Kottbusser Damm und Reuterstraße. Nichts gemacht werde indes mit den beidseitig desaströsen Radwegen. „Die Radfahrer“, so Spaths Idee, „können dann ja auf die Straße ausweichen, wo sie bessere Verhältnisse vorfinden werden.“

Konstruktive Vorschläge, wie die Wohn- und Schlafqualität der Reuterkiezler künftig verbessert werden könnte, wären willkommener gewesen. Doch die blieben weitgehend aus.

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Überfluss macht erfinderisch

„Der Schillerkiez – Ein Spielplatzparadies“ titelt die neue Ausgabe der Promena- denpost. Neun Spielplätze gebe es zwischen Oder-, Hermann-, Flughafen- und Warthestraße im Quartiersmanagement-Gebiet Schillerpromenade, protzt das Hof- berichterstattungsblatt der Quartiersmanager und kommt zu dem Schluss, dass das Viertel „mit Blick auf die öffentlichen Spielangebote ein Paradies für Kinder“ sei. Ein

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Spielplatz, der den Kids besonders viel Kreativität, Beweglichkeit und sportlichen Ehrgeiz abverlangt, wurde dabei allerdings vergessen: die Fensternischen des Café Selig. An Regentagen wie heute ist der jedoch ob verstärkter Glitschig- und somit Unfallträchtigkeit nicht zu empfehlen; da geht’s ihm wie allen anderen.

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Die Neukölln-Capri-Connection

„Wenn bei Capri die rote Sonne im Meer versinkt …“ Würde man Leute, die die 40er- und 50er-Jahre bereits bewusst miterlebt haben, bitten, das Lied von den Capri-Fischern anzusingen oder -summen, gäbe es sicher nur wenige, die das sonnenuntergang am meernicht könnten. Wahrscheinlich wüssten die meisten auch noch, dass Rudi Schuricke durch diesen Schlager be- rühmt wurde und dafür als einer der ersten deutschen Interpreten eine Goldene Schallplatte bekam.

Würde man sie jedoch fra- gen, wer das Lied kompo- niert hat und wo derjenige geboren wurde, müssten vermutlich viele passen: Es war Gerhard Winkler, der 1906 in Neukölln, das damals noch Rixdorf hieß, zur Welt kam. Heute vor 33 Jahren starb er in Kempten im Allgäu.

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marXity

ehemaliges hertie-haus neukölln,karl-marx-straßeDas soll – wie gestern bekannt wurde – der offizielle Name des ehemaligen Hertie-Hauses in der Karl- Marx-Straße werden, wenn es nach dem Willen der Jury geht.

209 Vorschläge waren auf den Aufruf zum Namens- wettbewerb hin eingegangen, darunter beispiels- weise „MarxKlops“, „Kar.ma“ oder „Haus der 7 Türen“. Mehr als eine Empfehlung ist der für am besten befundene Name „marXity“ jedoch auch nicht, denn wie das Haus heißen soll, das entscheiden letzten Endes die Eigentümer.

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Mitten in Neukölln: Sie sind unter uns!

intergalaktisches bürgerhaus, neuköllnAber offenbar sind sie auch ziemlich schüch- tern (oder feige?) und verbarrikadieren sich gerne hinter den verschlossenen Rollläden des Hauses in der Emser Straße 102.

Ob man zu den Neuköllner Maya-Esoterikern oder wenigstens zu den Verhuschten ge- hören muss, damit sie vorsichtig den Sichtschutz zum  Intergalaktischen Bürger- haus lupfen? Die Aura Neugieriger reicht offenbar nicht aus – oder verschreckt sie nur. Schade eigentlich.

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Haufenweise

Es ist schon eine extreme Vorliebe zur Haufenbildung, die derzeit den Körnerkiez prägt. Und daran beteiligen sich ganz offensichtlich nicht nur die Hunde des Viertels.

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fontäne, körnerpark, neuköllnSogar das Wasser im idyllischen Körnerpark macht, wie man sieht, diesen Trend mit. Vor allem zur Freude derer, die die Spätsommersonnenstrahlen auf einer der Bänke entlang der sprudelnden Wasserhaufen genießen können.

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Achtung! Hier eröffnet ein Recyclinghöfchen!

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Vor etlichen Berliner und natürlich auch Neuköllner Haustüren ist das momentan der Fall.  Das besagen zumindest die orangefarbenen Hinweiszettel. Welch glorreiche Idee der Berliner Stadtreinigung (BSR), die so die Einführung ihrer Orange Box propagiert. Da muss dann morgens auch nicht erst geklingelt werden, um den Müll abzuholen.

Dass es auf den Bürgersteigen und in den Hauseingängen etwas eng werden könnte, wenn pro Türanhänger eine Box aufgestellt wird, nimmt man da doch wirklich gern in Kauf.

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Szenenapplaus für Hassan Akkouch

Schon für seine Breakdance-Einlage vor dem Altar der Genezareth-Kirche hatte Hassan Akkouch jede Menge Applaus bekommen. Als der 23-Jährige auf dem Podium Platz genommen hatte, um mit Jugendlichen und Erwachsenen über das Thema „Jugend in Neukölln – Chance oder Urteil?“ zu diskutieren, ging es mit dem Beifall für ihn fast nahtlos weiter.

Zu verdanken hatte er das seinem bestechend klaren Blick auf die Generation, der er inzwischen entwachsen ist, und Missstände, die Ältere zu verantworten haben. Dieser führte zu Statements, die hassan akkouch,podiumsdiskussion genezareth-kirche,neuköllnFutter für alle in sich bargen. Schwer verdauliche Kost für U18er wie Mona, Sandra (l.) und Moritz und für Ü30er wie den Sozialpä- dagogen Paul A. Kleinert  (r.) und Neuköllns Bildungsstadt- rätin Franziska Giffey, die am anderen Ende der Tischreihe saß, gleichermaßen.

Neuköllner Jugendliche hätten alle Möglichkeiten, sagte Has- san Akkouch, einer der Protagonisten aus „Neukölln Unlimited“, aber „nur wenige ergreifen die Chance, etwas aus ihrem Leben zu machen.“ Es sei seiner Meinung nach nicht die Disziplin, die ihnen fehlen, sondern die Motivation zur Disziplin, und das würde sowohl in Sachen Schule  und Ausbildung als auch für die Freizeit gelten. podiumsdiskussion jugend in neukölln,genezareth-kirche,neuköllnSoziale Kompetenzen, Pünktlichkeit, Kontinuität und Verbindlichkeit seien für viele ein Auslaufmodell. Die Jugendlichen leben nach, was sie zuhause vorgelebt bekommen: „Und da ist dann oft dass Problem, dass Eltern falsche Vorbilder geben.“

Aber bei weitem nicht nur die. „Es kann doch wohl nicht sein“, brachte es Hassan Akkouch auf den Punkt, „dass in Einrichtungen für Jugendli- che 1 €-Jobber ohne jede sozialpädagogische Ausbildung eingesetzt werden, die dann Bier trinkend und rauchend zusammen stehen.“ Die die Kette falscher Vorbilder fortsetzen und die Gefahr verstärken, dass Jugendliche den Berufsalltag als MAE-Kraft als cool empfinden.

Auch bei einem anderen Ärgernis nahm Akkouch kein Blatt vor den Mund: „Dass es ständig darum geht, woher man kommt, nervt!“ Seine Herkunft interessiere ihn nicht. Er war zwei Jahre alt, als seine Familie vor dem Bürgerkrieg im Libanon nach Deutschland flüchtete. 2003 wurden sie dorthin abgeschoben, wo für ihn alles fremd ist. Einige Wochen später waren seine Mutter, er und die vier Geschwister wieder in Berlin. Der deutsche Pass interessiere ihn als solches auch nicht, wohl aber eine gewisse Planungssicherheit samt anderer Vorteile, die der mit sich brächte. „Ich komme aus Berlin“ sagt er, wenn er gefragt wird. So einfach ist das!

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Wohin soll das nur führen?

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Wenn auf dem Tempelhofer Feld jetzt schon güldene Zäune stehen, was kommt dann, wenn mit der IGA 2017 richtig Reibach gemacht wird? Zu wissen, es ist Platin? Funkelnde Brillis und Diamanten?

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Die letzten Mohikaner geben auf

Noch ein Jahr, dann hätte das 50-jährige Bestehen des Ladens gefeiert werden können. Doch dazu wird es nicht mehr kommen: Ende September schließt Schmidt’s Büro- und Schulmarkt in der Hermannstraße 89.

„Wo kann ich denn dann meinen Elvis-Kalender bestellen?“, fragt eine Mittfünfzigerin. schmidts büro- und schulmarkt hermannstraße, neuköllnEin alter Mann, Typ Herr, will wissen, ob in der Nähe überhaupt ein anderes Geschäft sei, in dem man richtiges Tesa-Film kaufen kann. Von diesem ganzen billigen Kram, sagt er, halte er nichts. Deshalb besorge er sich jeden Kugelschreiber, Briefumschlag, Klebstoff oder eben die Tesa-Film-Rollen bei Schmidt’s. Eine Erzieherin aus einer Kita in der Nachbarschaft guckt in den immer leerer werdenden Regalen nach Dingen, die zum Basteln verwendet werden könnten. Mit Tonpapier-Bögen in verschiedenen Farben, einigen Pinseln und einer Rolle Seidenpapier verlässt sie den Laden.

Seit ein paar Wochen hat das Einkaufen hier etwas von Leichenfledderei. Leuchtende Zettel mit der Aufschrift 30 % hängen über Schulheften, Tuschkästen, Ringbucheinlagen und den meisten anderen Dingen, bei manchen Artikeln darf man sogar 50 % vom Preis auf dem Etikett abziehen. Was weg ist, ist weg. Lieber die Marge reduzieren als auf Unmengen von Waren sitzen zu blei- ben. Im Gegensatz zu manch ande- rem Räumungsverkauf in Neukölln, bei dem schon kurz nach der Schließung ein neuer Inhaber mit identischem Sortiment weitermacht, ist dieses ein richtiger. Eine echte Geschäftsaufgabe nach der Devise „Besser jetzt als gleich“. Hoffnungen, schmidts büro- und schulmarkt hermannstraße, neuköllndass es in absehbarer Zeit mit den Umsätzen wieder bergauf gehen könnte, haben Inhaber Helmut Horn und seine Frau nicht.

Als sie den Laden übernahmen, habe es noch 10 Schreibwarenhandlun- gen in Neukölln gegeben. „Jetzt sind wir die letzte“, sagt Horns Frau. Eine gegenläufige Entwicklung legten Bil- ligmärkte hin, in denen viele Artikel, die auch „Schmidt’s Büro- und Schulmarkt“ anbot, in minderwertigerer Qualität zu bedeutend niedrigen Preisen zu haben sind. Einer ist schräg gegenüber seit ein Lebensmittel-Discounter diese Filiale aufgab. „Und dann noch die ganzen Shopping- center, die genehmigt werden und uns kleinen Einzelhändlern das Genick brechen.“

Von der 1B-Lage sei die Hermannstraße zur 2C-Kategorie abgesackt. An der Miete habe sich das jedoch leider nicht bemerkbar gemacht: „Immerhin ist sie nicht gestiegen, aber bei sinkenden Umsätzen war sie eben auch nicht länger tragbar.“ Dass die Gewerbefläche schnell neu vermietet wird, bezweifeln die Noch-Mieter. Insgesamt 14 Wohnungen stünden im Haus leer, da käme es auf die zusätzlichen Quadratmeter sicher auch nicht mehr an: „Was der Hauseigentümer vorhat, ist uns wirklich ein Rätsel.“

Unklar ist ebenso die Zukunft der Horns. Um einem Rentner-Dasein zu frönen sind sie noch viel zu jung. Da werde sich schon etwas finden, sind sie überzeugt. „In den letzten 30 Jahren haben wir nur für den Laden funktioniert“, so der Rückblick auf die Zeit in der Hermannstraße, „jetzt bringen wir erstmal unsere Gesundheit wieder auf Trab.“ Sollte es wirklich jemals zu einer Gentrifizierung des Schillerkiezes, zu dem auch die Hermannstraße gehört, kommen – für das letzte Schreibwarengeschäft Neuköllns kämen Kaufkräftige mit der Ambition, die lokale Wirtschaft zu unterstützen zu spät. „Übernächsten Donnerstag noch, dann ist Schluss“, sagt die Frau hinter der Ladentheke und klingt dabei eher erleichtert als wehmütig.

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Durch Wände und Dächer gucken – das Wimmelbuch über die Neuköllner Passage macht’s möglich

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Gabriele Fink im Gespräch mit Winfried Radeke

Was ein Wimmelbuch ist, erfuhren „Genial da- neben“-Zuschauer am vorletzten Samstag. Schon einen Tag später konnten die Geburtstagsgäste der Neuköllner Passage selber in einem blättern. Denn die Illustratorin Gabriele Fink und ihre Freundin Regina Gößwald, die die Texte beisteuerte, haben dem Bauwerk zum 100. Bestehen ein Wimmelbuch geschenkt, das sie beim Passage-Fest vorstellten.

Es heißt „Kreuz und quer durch die Passage“ und kommt mit gleich neun faszinierenden Wimmelbildern daher, auf denen sich schier unzählige Details ent- wimmelbuch, kreuz und quer durch die passage,passage  neukölln,gabriele fink,regina gößwalddecken lassen. Schon beim Cover- bild wird deutlich: Hier war jemand am Werk, der jeden Winkel der Neuköllner Passage kennt, sich intensiv mit deren Geschichte be- schäftigt hat und zudem über eine beneidenswerte Gabe zum räum- lichen Denken und akkuraten per- spektivischen Zeichnen verfügt. Bei Gabriele Fink liegt das in der Natur der Sache: sie ist Architektin.

Für die Aquarelle in dem großfor- matigen, 36-seitigen Buch hat sie Mauern, Fußböden und Dächer der Passage gedanklich eingerissen und durch Glas ersetzt. Das bedeutet für den Betrachter, dass er unge- wöhnliche Einblicke in die Räume sämtlicher Etagen bekommt und anschaulich erfährt, was sich im Laufe der vergangenen Jahrzehnte in ihnen zutrug. „Ich hab die Ergebnisse meiner Recherchen einfach in Bilder umgesetzt“ , beschreibt Gabriele Fink das unprätentiös.

Ergänzt wurden ihre Wimmelbilder durch alte Fotos, abgelichtete Zeitungsartikel und Dokumente. In den Texten des Buches, das für Kinder und Erwachsene gleichermaßen spannend ist, führt Regina Gößwald durch die Geschichte der Passage und lässt auch Zeitzeugen zu Wort kommen: Kirsten Kuwatsch, die in den 70er-Jahren mit ihrem Mann das Gesellschaftshaus im Keller der Passage betrieb. Erika Cohn, die direkt gegenüber wohnte und nach dem 2. Weltkrieg ihren Mann in der Passage kennen lernte.  Victor Kopp, den jetzigen Besitzer des historischen Bauwerks. Und Winfried Radeke, der bis 2007 künstlerischer Leiter der Neuköllner Oper war, die in den 80er-Jahren in die Passage zog.

„Kreuz und quer durch die Passage“ ist im Selbstverlag erschienen und kann direkt bei den Herausgeberinnen bestellt werden (12,50 € + 0,85 € Versandkosten). Außerdem ist das Buch im Museum Neukölln und bei der Neuköllner Oper erhältlich.

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Neue Wege gegen Bildungsdefizite bei Neuköllner Schülern

„Früher war alles besser“, das hört man oft. Dass mit „alles“ nicht wirklich alles gemeint ist, offenbart sich meist erst beim Nachhaken. Im QM-Gebiet Flughafen- straße soll nun, wie die Homepage des Quartiersmanagements verrät, mit einem mutigen Spagat zwischen dem, was früher usus war, und progressiveren Mitteln versucht werden, die Bildungsmisere zu bekämpfen. Derzeit wird ein Träger gesucht, dessen Personal im Bereich der Hilfe bei Hauaufgaben ebenso kompetent ist wie bei der medienpädagogischen Betreuung Jugendlicher in der Stadtbibliothek Neukölln.

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Wer für diese Grätsche die Beine nicht weit genug auseinander kriegt und es ohnehin heimeliger mag, kann sich wahlweise auch für die Ausrichtung der Adventsaktionen im Kiez berwerben. Fiel Erfolk!

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17 Suppen bei der 1. Neuköllner Suppenfete

1. neuköllner suppenfete,akademie berlin-schmöckwitz,alte kindl-brauerei,neuköllnDas Wetter hätte eigentlich gestern nicht besser sein können. Die Temperaturen waren herbstlich, der Him- mel grau, dazu fegte ein strammer Westwind durch die Straßen – Eintopf-Wetter par excellence, wie gemacht für die 1. Neuköllner Suppenfete.

Trotzdem war keiner so richtig glücklich über die me- teorologisch geschaffenen Fakten. Auch die 1. neuköllner suppenfete,akademie berlin-schmöckwitz,alte kindl-brauerei,neuköllnAkademie Berlin-Schmöckwitz als Veranstalter nicht, die für das Fest nur eine Open Air-Planung hatte. 17 Neuköllner Initiativen und Hobby-Köche waren zum Gelände der alten Kindl-Brauerei gekommen, um ihre Süppchen  den kritischen Geschmacksnerven und Augen der Jury zu stellen. Die bestand einerseits aus den Besuchern der Fete und andererseits aus Lokal“prominenz“: Falko Liecke, Bezirksstadtrat für Bürgerdienste und Gesundheit, Jutta Weißbecker, Mitglied der Neuköllner SPD und ehemaliges Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses, und Hüseyin Yilmaz, Gründer und Vorsitzender des Vereins Türkischer Unternehmer und Handwerker (TUH). Ebenso wie die Publikumsjury mussten sie Zettel ausfüllen, bei denen es galt, die geschmackliche Raffinesse, Konsistenz und 1. neuköllner suppenfete,akademie berlin-schmöckwitz,alte kindl-brauerei,neuköllndas Aussehen der Suppen zu bewerten.

Die Bandbreite der kulinarischen Kreationen aus aller Welt ließ kaum Wünsche offen. Sie reichte von Linsensuppe über paprika-/ingwerlastige Mitternachtssuppe, Sauerkohl-Rahmsuppe mit Choriza-Schaum, vegetarische Spätsommer-Minestrone bis hin zur Bunten Suppe. Letztere gehörte zu den ersten, die nicht mehr zu haben waren. Einzig an ihrer Beliebtheit lag das aber nicht. „Uns wäre fast der Marktstand um die Ohren geflogen und durchgefroren genug waren wir auch“, erklärt Michaela Hartmann aus der Koch-Crew vom Gemeinschaftshaus Morus 14 e. V., die das farbenfrohe Rezept ausgetüftelt hatte.

gewinner der 1. neuköllner suppenfete,akademie berlin-schmöckwitz,alte kindl-brauerei,neuköllnEinen Platz unter den drei belieb- testen Suppen schaffte sie nicht. Die- se Ehre wurde der Rote Bete-Apfel- und der Kürbis-Kokos-Suppe zuteil; sie landeten auf dem Bronze- und Silberrang. Den ersten Preis gewann die Linsensuppe des Integrations- vereins ImPULS e. V. aus der Gro- piusstadt. Außer einer Urkunde gab es als Belohnung 10 Gutscheine für ein Essen im Neuköllner Ausbildungsrestaurant des Suppenfete-Veranstalters.

Der ist mit der Premiere des Events, das auf das mit 10.000 Euro geförderte  Stärken vor Ort-Projekt „StadtTeilKüche“ aufmerksam machen sollte, durch und durch zu- frieden. „300 Besucher haben teilnehmer der 1. neuköllner suppenfete,akademie berlin-schmöckwitz,alte kindl-brauerei,neuköllnwir bisher gezählt“, sagte Akademie Schmöckwitz- Geschäftsführerin Birgit Domröse rund zwei Stunden vor dem Ende des Festes. „Wir würden’s gerne wieder machen“, kündigte sie an. Ob mit oder ohne finan- zielle Unterstützung sei unerheblich, da die Organisation und Ausrichtung der Suppenfete samt ihres kleinen kulturellen Rahmenprogramms ja nicht viel koste. Viele werden’s aber auch nicht gewesen sein, die – abgesehen von den Teilnehmern – durch den Kochwettbewerb von der „StadtTeilKüche“ erfahren haben.

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Mit 2 PS durch Neubritz

Hufgetrappel, Kutschen, Pferdeäpfel auf der Straße, schnaufende Gäule – was im Richardkiez zum Alltag gehört, führt im einige Minuten entfernten Neubritz zu jeder Menge Aufsehen. sanierungsgebiet wederstraße, neukölln,kutschenfahrtHunde bellen die Verursacher der ungewohn- ten Geräusche irritiert an. Passanten bleiben stehen, win- ken, fotografieren. Kleine Mäd- chen bestaunen mit großen Augen, was sie sonst nur in Büchern oder im Fernsehen zu sehen kriegen. Autofahrer mit Streetfighter-Attitüde reagieren genervt auf die lebendigen Ver- kehrsentschleuniger, verzichten dann aber doch lieber aufs Hupen und versuchen sie zu überholen.

An eine neue optische, akustische und olfaktorische Facette muss in Neubritz nun sanierungsgebiet wederstraße, neukölln,thomas blesing,wolf schulgenaber niemand gewöhnen: Die beiden Kutschen mit den Kaltblütern aus der Schorfheide rumpelten nur gestern durch das Gebiet. Sie waren Ab- schiedstouren für das Sanierungs- gebiet Wederstraße, das nun durch rechtskräftigen Beschluss keines mehr ist. Rund 39 Mio. Euro wurden aus verschiedenen Fördertöpfen in den letzten 15 Jahren in zahlreiche große und kleine Projekte auf dem etwa 24 Hektar großen Areal gepumpt.

„Einschließlich der Vorbereitungszeit waren es sogar 17 Jahre“, sagt Bertil Wewer, der Vorsitzende der Betroffenenvertretung, die sich aus Anwohnern und Ge- werbetreibenden formierte und den gesamten Prozess aktiv begleitete. Ende 2009 wurde er mit der Neuköllner Ehrennadel  für seinen unermüdlichen Einsatz ausgezeichnet, den er sich in einem Impuls aufgehalst hatte: „Als für die Betrof- fenenvertretung ein Kassenwart gesucht wurde, sagte ich spontan, dass ich das schon mal gemacht habe.“ Beim Posten des Kassenwarts blieb es nicht, aber Bedauern darüber lässt der omnipräsente Macher nicht erkennen.

sanierungsgebiet wederstraße, neukölln,thomas blesing,wolf schulgenEine „tolle Entwicklung“ sei es, die das Gebiet rund um den Deckel der Autobahn gemacht habe, findet Neu- köllns Baustadtrat Thomas Blesing (2. v. l.).  Insbesondere für Familien habe die Gegend durch neue Ein- richtungen für Kinder und Jugendliche deutlich an Attraktivität gewonnen, der Bau von Townhouses solle die weiter steigern. „Doch schon jetzt lässt sich sagen, dass es hier alles für ein angenehmes urbanes Leben gibt“, sagte Blesing gestern Mittag bei der Abschiedsrede vor der Abschiedstour im Carl-Weder-Park. Und er muss es als jemand, der „in fußläufiger Entfernung“ wohnt, wissen. Was er auch weiß – dass es durch den A 100-Bau, der die Grundlage für die Ernennung zum Sanierungsgebiet lieferte, „viele Opfer“ gab: Anwohner hätten umgesiedelt und Gewerbetrieben der Wegzug auch durch finanzielle Bonbons schmackhaft gemacht sanierungsgebiet wederstraße, neukölln,autobahndeckel,wederparkwerden müssen. 75 Gebäude ent- lang der Wederstraße wurden daraufhin abgerissen.

Auch um die ging es, im Vordergrund stand jedoch das Entwicklungs- potenzial, das in Neubritz erkannt und beackert wurde. Von „großen Fortschritten, die erreicht wurden“ spricht dann auch Wolf Schulgen (l.), der Projektverantwortliche des Senats für Stadtentwicklung. Grün- und Freiflächen habe man angelegt, Spielplätze entstanden und das neue Gewerbegebiet Juliushof erfreue sich so großer Beliebtheit, dass innerhalb weniger Monate alle Parzellen verkauft waren. Straßen wurden frisch asphaltiert und verkehrsberuhigt, Kitas, Freizeit- und Kulturorte geschaffen. Noch gearbeitet werde indes am Erweiterungsbau der Zürich-Schule; am 3. November werde dieser eingeweiht und die rundum erneuerte Grundschule dann fit  für den Ganztagsbetrieb.  Darüber hinaus  würden  nur noch einige Folgemaßnah-

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men im Gebiet ausgeführt werden: Schulwegsicherungen, Straßen- und Gehweg- erneuerungen und andere Kleinigkeiten. Der Berliner Senat habe mit denen nichts mehr zu tun. „Die Verwaltungshoheit und Verantwortung für das ehemalige Sanierungsgebiet“, so Schulgen, „liegt jetzt komplett beim Bezirk Neukölln.“

Montag wird Baustadtrat Blesing bereits wieder in Neubritz sein. Dann eröffnet er zusammen mit Jugendstadträtin Gabriele Vonnekold die Spiel- und Bewegungs- fläche für Hortkinder am Jugendberatungshaus Neubritz sowie dessen Kellerge- schoss, das für die Jugendarbeit hergerichtet wurde. Und auch Bertil Wewer wird es sich vermutlich nicht nehmen lassen, dieses Ereignis mitzuerleben – obwohl das Ende der Sanierungsgebiet-Ära auch das der Betroffenenvertretung bedeutete.

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